Oele, fette

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Oele, fet­te; schmie­ri­ge (Olea ungu­i­no­sa, unc­tuo­sa, pin­guia) wer­den auch aus­ge­preß­te Oele (Ol. ex-pres­sa) genannt, wie­wohl die fet­ten Oele nicht alle durchs Aus­pres­sen gewon­nen wer­den, und es auch eini­ge aus­ge­preß­te gie­bt, die nicht unter die Zahl der fet­ten, son­dern der äthe­ri­schen gehö­ren, z.B. das aus den fri­schen, gel­ben Scha­len der Zitro­nen, Pome­ran­zen und Ber­ga­mot­ten ausgedrückte.

In ihrem rei­nen Zustan­de sind die fet­ten Oele, ge-ruch- und geschmack­lo­se, dick­flüs­si­ge Fet­tig­kei­ten, wel­che sämmt­lich auf dem Was­ser schwim­men, einen durch­sich­ti­gen Fleck auf dem Papie­re hin­ter­las­sen, Blei, Braun­stein, Arse­nik, Schwe­fel, Phos­phor und Kam­pher auf­lö­sen, selbst aber von Naph­then und äthe­ri­schen Oelen, nicht aber von Was­ser und Wein­geist auf­ge­lö­set wer­den, und bei gro­ßer Hit­ze, wenn sie sie­den, mit Flam­me bren­nen. In die­sen hohen Hitz­gra­den erlei­den sie die Ver­än­de­rung, die man Bränz­lich­keit nennt, bei lau­er Wär­me aber gehen sie in eine Art von Gäh­rung, wodurch sie scharf und ran-zicht wer­den. Mit kaus­ti­schen Lau­gen­sal­zen ver­ei­ni­gen sie sich zur Sei­fe, einem in Was­ser und Wein­geist auf­lös­li­chen Mit­tel­kör­per. Bränz­licht, ran­zicht oder aus der Sei­fe geschie­den sind sie nun in Wein­geist auflösbar.

Jene in ihrem fri­schen Zustan­de geruch- und geschmack­vol­len fet­ten Oele sind nicht ein­fach oder rein, son­dern ent­we­der mit einem äthe­ri­schen Oele, wie die Mus­ka­ten­but­ter (Ole­um nucistae expres-sum, Mus­kat­macis­baum) und das Loo­r­öl (Ole­um lau­rinum, Loor­lor­beer), oder mit einem kräf­ti­gen oder reit­zen­den Har­ze ver­ei­nigt, wie das Rizi­nus­öl (Ol. Rici­ni, Rizi­nus­wun­der­baum), das Hol­lun­der-kern­öl (Ol. Sam­bu­ci ex aril­lis), und das Höl­len­öl (Ol. cicinum, Schwarz­brech­nuß); das aus den fri­schen gel­ben Scha­len der Zitro­ne und Pome­ran­ze gepreß­te ist ein äthe­ri­sches, mit etwas Schleim verbunden.

Die fet­ten Oele des Gewächs­reichs unter­schei­den sich von den sehr ähn­li­chen Sub­stan­zen, den Thier­fet-ten, dadurch, daß letz­te­re über Feu­er zer­las­sen, oder über­haupt der Hit­ze des kochen­den Was­sers aus­ge­setzt und wie­der erkal­tet, eine kör­ni­ge Tex­tur in der Käl­te anneh­men, und (statt daß jene, wenn nicht die Kakao­but­ter eine Aus­nah­me macht, eine Gewächs­säu­re in ihrer Mischung haben) eine eig­ne aus der Phos­phor­säu­re abstam­men­de Säu­re, die Fett­säu­re, enthalten.

Eine Haupt­ver­schie­den­heit der fet­ten Pflan­zen­öle von den Thier­fet­ten besteht dar­in, daß ers­te­re in Vitriol­äther sich hell und durch­sich­tig auf­lö­sen, letz­te­re aber ein milch­ar­ti­ges, weiß­trü­bes Gemisch bil­den, wel­ches ein Kenn­zei­chen abgie­bt, ob ers­te­re mit letz­tern ver­fälscht sind. Wall­rath aber ist eine eigen­ar­ti­ge Thier­sub­stanz, so wie Wachs eine eigen­ar­ti­ge Pflan­zen­sub­stanz ist; ers­te­res wird im Aether zur durch­sich­ti­gen Auf­lö­sung, und schei­det sich bei län­germ Ste­hen krystal­li­nisch wie­der her­aus, letz­te­res hin­ge­gen wird blos im Aether zert­heilt und bil­det ein trü­bes Gemisch von wei­ßer oder gilb­li­cher Far­be, je nach­dem das Wachs die­se oder jene Far­be hatte.

Unter sich selbst sind die fet­ten Gewächs­öle eben­falls unter­schie­den. Eini­ge gerin­nen kaum in der größ­ten Frost­käl­te und blei­ben immer flüs­sig, das Hanf­öl, das Lein­öl, das Mohn­öl, das Nuß­öl; das Man­del­öl bei einer Käl­te von 10° Reaum. unter dem Gefrier­punk­te; das Rüb­öl unge­fähr in glei­cher Käl­te; das Baum­öl, oder viel­mehr der eine schwe­re­re Theil des­sel­ben, bei einer eini­ge Tage fort­ge­setz­ten Tem­pe­ra­tur von 10° Reaum.; das Been­öl schon bei einer Wär­me von 12° bis 15° Reaum. und das Kakao­öl (Kakao­but­ter) behält die Fes­tig­keit des Ham­mel­talgs bei der gewöhn­li­chen Wär­me uns­rer Atmosphäre.

So wei­chen sie auch in Absicht der Nei­gung ran­zig zu wer­den, von ein­an­der ab. Zwar setzt man hier als Regel fest, daß die­je­ni­gen am wenigs­ten ran­zicht wür­den, wel­che bei einer gerin­gern Käl­te schon gelie­fer­ten. Hie­n­ach wer­den das Lein­öl, das Nuß­öl, und das Hanf­öl leich­ter ran­zig als das Baum­öl, das Man­del­öl und das Rüb­öl; und die­se wie­der­um leich­ter, als das Sesam­öl und das Palm­öl, und die­se wie­der leich­ter als das Been­öl und die Kakao­but­ter. Indeß ist die­se Regel nicht all­ge­mein; das zuletzt bei der Aus­pres­sung der Been­man­deln her­vor­drin­gen­de Oel ist nicht gerinn­bar, und bleibt doch eben so lan­ge von Ran­zig­keit frei als das but­ter­ar­ti­ge Been­öl, wes­halb es auch die Uhr­ma­cher zum Ein­schmie­ren der Räder­zap­fen allen andern Oelen vor­zie­hen. Das weit weni­ger als das Baum­öl dem Gerin­nen unter­wor­fe­ne Buch­kern­öl braucht weit mehr Zeit zum Ran­zig wer­den, als jenes. In der Käl­te und in glä­ser­nen Gefä­ßen soll es zehn Jah­re frisch blei­ben. Die fes­te­re Kakao­but­ter wird noch eher ran­zigals das wei­che­re Been­öl, wel­ches meh­re­re Jah­re frisch bleibt. Die ers­te­re wird durch die Ran­zig­keit weiß, ver­liert aber nichts an ihrer Fes­tig­keit, wäh­rend das Been­öl durch die Ran­zig­keit alle Gerinn­bar­keit verliert.

Ueber­haupt wer­den die Oele um des­to weni­ger ran­zig, je bei gerin­ge­rer Hit­ze sie aus­ge­preßt wor­den, je mehr sie von den schlei­mi­gen Hefen gesäu­bert sind, und je käl­ter der Ort ist, wo sie auf­be­wah­ret wer­den. Die durch Kochen mit Was­ser gewon­ne­nen Pflan­zen­but­tern wer­den sehr bald ranzig.

So wei­chen auch eini­ge Oele in Absicht der Eigen­schaft ab, leich­ter tro­cken an der Luft zu wer­den, als and­re. Die am schnel­les­ten trock­nen, sind das Lein­öl, das Nuß­öl, das Hanf­öl, das Mohn­öl. So ver­trock­net, erlan­gen sie die merk­wür­di­ge Eigen­schaft, in Aether oder den flüch­tigs­ten wesent­li­chen Oelen (Ros­ma­rin-Kaje­put- Laven­del- und destil­lir­tem Zitron­öl) auf­ge­löst, mit Wein­geist misch­bar, oder mit andern Wor­ten, zu einer Art Kopal zu wer­den, wel­cher selbst kein Harz, son­dern ein ver­dick­tes, fet­tes Pflan­zen­öl ist.

Man gewinnt die fet­ten Oele gewöhn­lich aus sol­chen ölich­ten Samen, (wel­che mit Was­ser gerie­ben Emul­sio­nen geben) vor­züg­lich durch trock­nes Aus­pres­sen, eine Ver­rich­tung, die man unter die­sem Arti­kel beschrie­ben findet.

Doch bedient man sich auch des Kochens zur Aus­schei­dung eini­ger but­ter­ar­ti­gen oder har­ten Pflan­zen­öle, beson­ders der Kakao­but­ter, wozu die Kakao­ker­ne, am bes­ten die Mar­ti­nik­schen, eben­falls gelind bis zur Abson­de­rung der Scha­le gerös­tet, von Scha­len gerei­nigt, im hei­ßen Mör­sel zum fei­nen Tei­ge gesto­ßen, auch wohl noch, wie zur Scho­ko­la­te, auf einem Mar­mor mit einem eiser­nen Zylin­der fein gequetscht wer­den. Dann kocht man den Teig etwa eine hal­be Stun­de mit vie­lem Was­ser, läßt es erkal­ten, nimmt die But­ter mit einem durch­lö­cher­ten Löf­fel ab, kocht das übri­ge von neu­em, läßt es erkal­ten, nimmt die But­ter ab und so auch zum drit­ten Male.

Die gesam­mel­te, von ein­ge­misch­tem Kakao­pul­ver brau­ne But­ter wird ent­we­der eini­ge Stun­den mit Was­ser gekocht, oder im Digesto­ri­um (m. Oefen) meh­re­re Stun­den in einem hohen, engen Gefä­ße flie­ßend erhal­ten, wo die brau­nen Thei­le sich zu Boden set­zen und die erkal­te­te wei­ße But­ter aus dem zer­bro­che­nen Gefä­ße genom­men wird, oder man läßt sie in einem war­men Ofen in einem Fil­t­rum von Lösch­pa­pier durch­sei­hen, wodurch sie eben­falls ziem­lich farbelos wird.

Indes­sen steht das Aus­ko­chen dem Aus­pres­sen nach, weil ers­te­res weni­ger Kakao­but­ter, und von wei­che­rer Kon­sis­tenz gie­bt, wel­che auch leich­ter ran­zig wird.

Unge­ach­tet die Ame­ri­ka­ner das Rizi­nus­öl eben­falls durchs Aus­ko­chen erhal­ten, so ist es doch bei uns noch nicht gelun­gen. So gewinnt man auch im Ori­ent das dick­li­che Oel aus den Sesam­sa­men, und aus den Ker­nen der Palmen.

Die frisch­ge­preß­ten Oele sind immer trü­be, und ob dieß gleich kei­ne Emp­feh­lung für sie ist, so dient doch z.B. beim Man­del­öle die Trüb­heit zum Zei­chen sei­ner fri­schen Berei­tung. Die zu andern Behu­fen gebräuch­li­chen fet­ten Oele schätzt man, wenn sie ihre schlei­mi­ge Trüb­heit in der Käl­te abge­setzt und hell gewor­den sind, ohne ran­zig gewor­den zu seyn.

Ueber­haupt ist die Auf­be­wah­rung an kal­ten Orten und in neu­en, oder doch noch nicht mit ran­zi­gen Oelen durch­zo­ge­nen Geschir­ren (in Glas­fla­schen im Kel­ler) das bes­te Ver­hü­tungs­mit­tel der Ranzigkeit.

Die ran­zi­gen Oele zu arz­nei­li­chem innerm Gebrau­che durch Schüt­teln mit Wein­geist, oder durch Ver­mi­schung mit gäh­ren­den Obst­brei­en wie­der­her­stel­len wol­len, ist ein unzu­rei­chen­des, und des­halb für die Arz­nei ver­werf­li­ches Ver­fah­ren. Nicht ein­mal zur äußer­li­chen Auf­le­gung, nicht zum Ein­rei­ben, nicht zu Sal­ben dür­fen sie genom­men wer­den, weil sie reit­zen und ent­zün­den, statt zu schmei­di­gen, und zu lin­dern; auch nicht zur medi­zi­ni­schen Seife.

Man nimmt sie, sobald sie nur eini­ger­ma­ßen ran­zig gewor­den sind, ent­we­der zur Berei­tung des Zie­gel­öls, oder zum Bren­nen in Lam­pen, oder zur Schmei­di­gung des Leders, u.s.w.