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Österreich-Fans könnten sich für die “Wildnisapotheke” interessieren. Das Buch hat vom Sprach- wie Hausmittel-Gebrauch eindeutig einen österreichischen Bezug. Die Hausmittel und ‑Rezepte wurden der Autorin Eunike Grahofer von Menschen zusammengestellt, die seit Generationen handgeschriebene Rezepte bewahrten, diese weitertrugen und damit auch das Wildkräuter-Wissen aus dem attraktiven, alpinen Land.
Die Wildnisapotheke enthält Hausmittel aus 400 Jahren, die nach Monaten sortiert und dargestellt sind. Die monatliche Auswahl bezieht Rezepte ein, die dann die jeweils verfügbaren und in der Natur (außer im Januar) wachsenden Wildkräuter aufführen. Ab Februar sind Rezepte beispielsweise dem Frühjahr entsprechend zur Entschlackung abgedruckt: Ein Kräuterreste-Bad oder verschiedene Rezepturen bei denen die Birke als Hauptlieferantin von Saft, Knospen oder Rinde vorgestellt wird. Die Birke ist traditionell der Baum, der die Entwässerung des menschlichen Körpers vornimmt. Bei der Vorstellung der Verwendung des Birkensaftes habe ich jedoch Probleme: Der Birkensaft wird als Frühlingstonikum bezeichnet, von dem ein Liter pro Tag getrunken werden sollte, um z.B. die notwendige Entschlackungen bei z.B. Rheuma oder Gicht vorzunehmen. Grahofer beschreibt, wie der wertvolle Birkensaft durch Anzapfen von Birkenbäumen gewonnen wird: Anbohren der Birkenrinde und den Birkensaft durch einen Strohhalm in eine Flasche laufen lassen – so zumindest erscheint es auf einem Foto dargestellt, ganz einfach zu sein. Angenommen, es würde eine 14tägigen Kur durchgeführt, dann müssten 14 Birkenbäume angezapft, werden. Das heißt, es würden wahrscheinlich Unkundige ein unsachgemäßes Anbohren der Birken vornehmen, wodurch diese verletzt und – nicht aus bösem Willen, sondern aus Unerfahrenheit und Unkenntnis – wahrscheinlich wieder unsachgemäß verschlossen werden. Der Hinweis, dass dann der Birkenbaum mindestens drei Jahre in Ruhe gelassen werden sollte zeigt, welch’ eine Belastung dieses Anbohren für die Birke bedeutet. Frage an die geneigte Leserschaft: Was passiert, wenn sich zahllose Menschen entschließen, sich eigenen Birkensaft zu beschaffen, wenn es doch so einfach ist? Förster bitten schon seit einigen Jahren (Link) von dieser Praxis Abstand zu nehmen, schließlich können an den Birkenbäumen irreparable Baumschäden entstehen und ihr Absterben vorprogrammiert sein.
Keine geschützten Wildpflanzen benutzen
Dasselbe gilt für Farne, die als nützlich und verarbeitbar im Buch dargestellt werden. Nur: Manche Farne sind gefährdet und stehen auf der Roten Liste. Ein Hinweis wäre schön gewesen, um seltene und zu schützende Farne davor zu bewahren, entweder im Bett zu landen, um Rückenschmerzen zu beheben oder als Warzen-Tinktur angesetzt zu werden.
Ansonsten hat die Autorin weitgehend gängige Wildkräuter für ihre Rezepte ausgesucht, die zudem noch in größeren Mengen in der Natur wachsen. Beim Sammeln oder Nachmachen der Grahoferschen Rezepte könnte sich also ein Blick in die Roten Listen der jeweiligen (Bundes) Länder durchaus lohnen, denn es bestehen zum Teil regionale Unterschiede bei den geschützten Pflanzen.
Vielfältige Auswahl an Rezepten
Neben der monatlichen Auflistung der Rezepte hat die Autorin Vielfältiges zusammengetragen: Es gibt Salben zum Nachmachen, Rezepturen für Bäder, Tees, Tinkturen, Säfte, Wickel oder Dampfbäder. Auch spannende Rezepte für die Küche wie herzustellende Weine, Öle oder Gesundheits-Trunke sind nachzulesen. Das Buch umfasst 264 Seiten, welche schön und übersichtlich gestaltet sind. Das Angebot wird komplettiert durch eine App. Grahofer stellt darüber Videos oder Zusatzinhalte zur Verfügung.
Grahofer, Eunike: Wildnisapotheke. Freya Verlag GmbH, 2018. Euro 24,95 (direkte Bestellung bei Amazon)
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2019).
weitere Infos
• Die Kräuter in meinem Garten
• Enzyklopädie essbarer Wildpflanzen
• Wildkräuterpflanzen für die Küche