Pluralismus in der Medizin

So unver­söhn­lich und von ego­is­ti­schen Inter­es­sen gesteu­ert die poli­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung der­zeit oft ist, so unver­söhn­lich und hass­erfüllt ist auch die gesell­schaft­li­che Dis­kus­si­on um die „Rich­tig­keit“ von Medi­zin­schu­len: „Schul­me­di­zin“ gegen „Homöo­pa­thie“ ist ein aktu­el­les Beispiel.

Dass die „Behaup­tung der Unwirk­sam­keit der Homöo­pa­thie im Hin­blick auf die publi­zier­te wis­sen­schaft­li­che Evi­denz nicht zutrifft und inso­fern als Aus­druck von Igno­ranz oder vor­sätz­li­cher Falsch­aus­sa­gen gedeu­tet wer­den muss“, wur­de im ver­gan­ge­nen Jahr vom Dia­log­fo­rum Plu­ra­lis­mus in der Medi­zin (DPM) und eini­gen ärzt­li­chen Fach­ge­sell­schaf­ten erneut festgestellt.

Das, im Herbst 2000 unter Mit­wir­kung des dama­li­gen Prä­si­den­ten der Bun­des­ärz­te­kam­mer, Jörg-Diet­rich Hop­pe (1940–2011), ins Leben geru­fe­ne „Dia­log­fo­rum Plu­ra­lis­mus in der Medi­zin“ setzt sich für einen frucht­ba­ren Aus­tausch zwi­schen Schul- und Kom­ple­men­tär­me­di­zin ein. Die­ses hohe Ide­al eines brei­ten Plu­ra­lis­mus muss deut­schen Medi­zi­ne­rIn­nen inten­siv in Erin­ne­rung geru­fen werden.

Nicht zuletzt da sich vie­le deut­sche Ärz­tIn­nen immer mehr von der welt­wei­ten Inno­va­tions-Dyna­mik der moder­nen Medi­zin abkop­peln. Und einen ähn­li­chen Abstieg wie die Apo­the­ker­schaft hin­le­gen: Anstatt frei­heit­lich und selbst­be­stimmt im Inter­es­se der Pati­en­tIn­nen zu arbei­ten, wer­den auf dem Hoch­preis­markt Deutsch­land nur noch qua­si indus­tri­ell erbrach­te Dienst­leis­tun­gen und Pro­duk­te ver­kauft, hoch­au­to­ma­ti­siert, com­pu­ter­ge­steu­ert, nutz­los, überteuert.

In ande­ren Län­dern der Welt, zum Bei­spiel in den USA, ist Plu­ra­lis­mus in der Medi­zin geleb­ter All­tag. Dort sind Schul­me­di­zin und wesent­li­che Tei­le der Kom­ple­men­tär­me­di­zin bereits eng zusam­men­ge­wach­sen (Bei­spiel Inte­gra­ti­ve Onko­lo­gie, die an allen füh­ren­den US-Krebs­kli­ni­ken zum Ver­sor­gungs­all­tag gehört, Bei­spiel).

Wenn man die oft medi­en­wirk­sa­me Bei­trä­ge von Skep­ti­kern der Kom­ple­men­tär- und Alter­na­tiv­me­di­zin betrach­tet, schließt sich der Kreis: Ange­sichts der rea­len Pro­ble­me unse­rer Gesund­heits­ver­sor­gung sind die­se Bei­trä­ge kaum mehr als eine bil­li­ge Recht­fer­ti­gung der schul­me­di­zi­nisch ent­gleis­ten Kom­mer­zia­li­sie­rung unse­rer Gesund­heits­in­dus­trie. Not­falls sind eben immer die ande­ren schuld.

In der Berg­pre­digt heißt es übri­gens schon vor 2000 Jahren:

„Du Heuch­ler! Zieh zuerst den Bal­ken aus dei­nem Auge, dann kannst du zuse­hen, den Split­ter aus dem Auge dei­nes Bru­ders herauszuziehen!“

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Gesund­heits­be­ra­ter, Ber­lin, 20. Janu­ar 2019.
Bild­nach­weis
• empics (fotolia.com, 51204563).
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