Schön sanft“ und „nebenwirkungsarm“ sei die Behandlung mit naturmedizinischen Arzneien wie Schüssler-Salzen, Heilpflanzen, homöopathischen Mittel oder DHU-Bicomplexen, so betonen ihre heutigen Anwenderinnen und Anwender gerne. Das anschließende „Aber“ mahnt dann jedoch, dass diese Mittel „eigentlich“ kaum etwas für „richtige“ Krankheiten seien, sondern eher nur bei „banalen“ Störungen der Gesundheit in Frage kommen. Damit bezeichnen Ärzte kleinere medizinische Probleme, die meist zügig und von alleine wieder verschwinden (Erkältung, Reizmagen, Sonnenbrand).
Das sahen und praktizierten Ärzte in vergangenen Jahrhunderten ganz anders: Mit Homöopathie wurden epidemische Seuchen behandelt, Geisteskrankheiten oder chronische Stoffwechselleiden therapiert. Heilpflanzen wurden bei Herzkrankheiten verwendet oder bei schweren Geschwüren von Speiseröhre, Magen oder Darm eingesetzt. Heute muss man etwas suchen, um Ärzte zu finden, die mit komplementärmedizinischen „Alternativ“-Methoden versuchen, die Grenzen der Schulmedizin zu überschreiten.
Ein aktuelles Beispiel sind griechische Forscher, die die Aktivität von homöopathischen Komplexpräparaten gegenüber Abwehrzellen von Krebspatienten geprüft haben. Solche Arzneien werden aus mehreren homöopathisch aufbereiteten Wirkstoffen zusammengesetzt (kombiniert). Ein wichtiges Ziel jeder Krebstherapie ist auch die Stärkung der körpereigenen Abwehr, also die Verbesserung von Immunfunktionen. Denn: Wird das krankmachende Tumorgewebe durch Chirurgenmesser, Röntgenstrahl oder Krebsmittel stark verkleinert oder entfernt, steigt die Chance unserer Abwehr deutlich, den Krebs langfristig zu kontrollieren und in Schach zu halten. Eine therapeutische Anregung der Abwehrkraft soll die onkologischen Heilungsergebnisse verbessern.
Und tatsächlich, die Arbeitsgruppe aus Thessaloniki und der Universität Ioannina in Griechenland konnte zeigen, daß die 5 untersuchten Präparate die zytotoxische Aktivität von natural killer-Zellen bei 12 gesunden Studienteilnehmern signifikant erhöhte. Diese Zellen, auch NK-Zellen genannt, gehören zu den weißen Blutkörperchen, also zu unseren Abwehrzellen. Eine ihrer angeborenen Fähigkeiten ist die Erkennung und Abtötung von Krebszellen und virusinfizierten Körperzellen. Die Steigerung der NK-Zell-Aktivität im Reagenzglas heißt jedoch nicht, dass dies auch im Körper von Krebspatienten passiert.
Eine dreimonatige Behandlung von 15 Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen mit jeweils einem der Komplexpräparate zeigte, dass die krebszellzerstörerische Fähigkeit auch bei den NK-Zellen der Krebspatienten signifikant erhöht war. Die Forscher resümieren, dass die Behandlung mit geeigneten homöopathischen Komplexmitteln als therapieunterstützende Immuntherapie bei Krebspatienten mit fortgeschrittenen Tumorleiden infrage kommt.
Diese dreimonatige Pilotstudie kann natürlich nicht nachweisen, ob die ergänzende Immuntherapie bei einer großen Gruppe von Krebspatienten zu einer deutlichen Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung und/oder einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führen kann. Dies jedoch wäre eine Voraussetzung, damit solche Präparate eben für solche Anwendungen zugelassen und durch die Kostenträger finanziert werden. Wer weiß – wenn genügend Patienten und ihre Ärzte Druck machen –, fließen vielleicht mehr Forschungsgelder in die Untersuchung der Komplementärmedizin!?
Autor
• Rainer H. Bubenzer, Gesundheitsberater, Berlin, August 2013.
Quelle
• Toliopoulos IK, Simos Y, Bougiouklis D, Oikonomidis S: Stimulation of natural killer cells by homoeopathic complexes: An in vitro and in vivo pilot study in advanced cancer patients. Cell Biochem Funct. 2013 Feb 13 (DOI, hier sind auch die Präparatenamen erwähnt | PMID).