Spießglanz

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Spieß­glanz (Anti­mo­ni­um). Der rohe Spieß­glanz für die Apo­the­ke ist das von sei­ner Berg­art durch eine Art Sei­ge­rung abge­son­der­te rei­ne­re Spieß­glanz­erz. Flüs­sig rinnt es aus den damit ange­füll­ten und umge­kehr­ten, oben­her erhitz­ten Kru­ken in dar­un­ter gestell­te kegel­för­mi­ge Gefä­ße, wor­in der leich­te­re und schwam­mi­ge Theil auf der Ober­flä­che bleibt, das schwe­re­re und rei­ne­re aber sich in die Spit­ze senkt. Man wählt daher zu phar­ma­zev­ti­schen Prä­pa­ra­ten immer den spit­zi­gen Theil der kegel­för­mi­gen Bro­de, wel­cher blei­grau von Far­be, aus metal­lisch glän­zen­den, etwas brei­ten Strah­len zusam­men­ge­setzt, von 4, 700 bis 5, 000 eigent­hüm­li­chem Gewich­te, brü­chig und leicht­schmelz­lich ist. Er besteht aus etwa 74 Thei­len Spieß­glanz­me­tall und 26 Thei­len Schwe­fel. Man schätzt den aus Ungarn seit den ältes­ten Zei­ten am meisten.

Um die jezu­wei­li­ge Ver­un­rei­ni­gung des rohen Spieß­glan­zes mit Eisen oder Braun­stein zu erfah­ren, läßt man eine Pro­be davon, innig mit drei Thei­len Sal­pe­ter ver­mischt, im glü­hen­den Tie­gel ver­puf­fen. Weiß ist die ent­stan­de­ne Mas­se, wenn der Spieß­glanz rein; gelb, wenn er mit Eisen, und grün, wenn er mit Braun­stein ver­mischt war.

Nur in die feins­ten Thei­le getrennt, scheint der rohe Spieß­glanz im mensch­li­chen Kör­per arz­nei­li­che Kräf­te zu äus­sern; hie­zu scheint aber kaum die bes­te Zer­rei­bung in der Rei­be­scha­le hin­zu­rei­chen, son­dern er muß nach vor­gän­gi­ger Por­phy­ri­sa­ti­on geschlem­met wer­den, so daß man nur die feins­ten, im Was­ser lang­sam nie­der­sin­ken­den Thei­le davon nimmt (Anti­mo­ni­um cru­dum prae­pa­ra­tum) Prä­pa­ri­ren. And­re hal­ten den durch fei­ne Lein­wand durch­ge­beu­tel­ten Spieß­glanz (anti­mo­ni­um cru­dum alco­ho­li­sa-tum) für arz­nei­kräf­tig genug.

Der prä­pa­rir­te rohe Spieß­glanz erregt nicht sel­ten Uebel­keit, Erbre­chen und Schweiß. In wie­fern er ein auf­lö­sen­des, und soge­nann­tes Blut rei­ni­gen­des Mit­tel abge­ben, und in Skro­pheln, und andern Drü­sen­ge-schwuls­ten, in eini­gen Wech­sel­fie­bern, Rheu­ma­tism und Gicht, alten Katar­rhen und man­cher­lei Haut­aus­schlä­gen hülf­reich seyn kön­ne, dieß zu beurt­hei­len, rei­chen die bis­he­ri­gen Beob­ach­tun­gen noch nicht hin. Den drü­sich­ten Schwei­nen und Pfer­den gie­bt man rohen Spieß­glanz unter das Fut­ter, oft mit Erfolg. Die Gabe für Men­schen ist 5 bis 10 Gran. Doch trift den rohen Spieß­glanz der Vor­wurf, der sich jedem unsalz-haf­tem Anti­mo­ni­al­mit­tel machen läßt, ohne vor-hand­ne Säu­re im Magen unauf­gelößt und unkräf­tig zu blei­ben, bei vor­hand­ner Säu­re aber zum Brech­mit­tel zu werden.

Die­se ein­fa­che Form hat man jedoch sel­ten genug gewählt, und den Spieß­glanz viel­mehr auf unzäh­li­ge Wei­se zuzu­brei­ten gesucht.

Die ein­fachs­te Zube­rei­tung ist der grau­lich wei­ße, vor sich ent­schwe­fel­te, unvoll­kom­me­ne Spieß­glanz­kalk, die Spieß­glanz­a­sche (Cinis, s. Calx Anti­mo­nii, Anti­mo­ni­um ustum). Die­se müh­sa­me Ver­rich­tung wird dadurch erleich­tert, daß man auf den Aus­schnitt des Auf­sat­zes Ddes ein­fa­chen Ofens A(s. Taf. I. Oefen) eine ganz plat­te irde­ne, ungla­sur­te Scha­le der­ge­stalt setzt, daß die Oef­nung der Ofen­plat­te völ­lig ver­deckt wer­de (unter Ver­strei­chung der noch übri­gen Fuge mit Lehm) dann fein gepül­ver­ten Spieß­glanz einen vier­tel Zoll in die Scha­le eben auf­streut, und die Hit­ze des Ofens Adurch Eröf­nung weni­ger oder meh­re­rer Zug­lö­cher (a, a,) des Aschen­her­des der­ge­stalt genau regiert, daß der Spieß­glanz nur so eben Schwe­fel­dunst von sich las­se, ohne so heiß zu wer­den, daß er zusam­men­ba­cken kön­ne. Das Umrüh­ren mit einem Pfei­fen­stie­le erleich­tert die Ver­damp­fung des Schwe­fels merk­lich. So wie mehr und mehr Schwe­fel ver­dampft, erträgt der Spieß­glanz auch mehr Hit­ze, bis zulezt ein gelin­des dunk­les Glü­hen erfor­der­lich ist, daß der Spieß­glanz­kalk eine grau­lich wei­ße Far­be bekom­me. Hat man die Hit­ze über­trie­ben, oder das Rüh­ren unter­las­sen, vor­züg­lich zu Anfan­ge der Ope­ra­ti­on, und ist das Spieß­glanz­pul­ver zu Klum­pen zusam­men­ge­ba­cken, so muß er her­aus­ge­nom­men, und noch­mahls gepül­vert wer­den, ehe man die Ent­schwe­fe­lung wie­der fort­set­zen kann. Von sechs­zehn Unzen pflegt man zehn Unzen sol­cher Spieß­glanz­a­sche zu erhal­ten, die aus unvoll­kom­me­nem Spieß­glanz­kal­ke und etwas Schwe­fel besteht. Man bedient sich ihrer zur Berei­tung des Spieß­glanz­gla­ses, und des ein­fa­chen Spieß­glanz­kö­nigs und sie kann auch recht füg­lich zur Ver­fer­ti­gung des Brech­wein­steins ange­wandt werden.

Die­se etwas lang­wei­li­ge (wohl 20 Stun­den erfor­dern­de) Ent­schwe­fe­lung kann merk­lich beschleu­nigt wer­den, wenn man den Kalk blos zur Ver­fer­ti­gung des Spieß­glanz­kö­nigs brau­chen will. In die­sem Fal­le mischt man das Pul­ver des rohen Spieß­glan­zes mit der Hälf­te sei­nes Gewich­tes Holz­koh­len­pul­ver, wodurch das Zusam­men­ba­cken gehin­dert wird, eine weit schnel­le­re Erhö­hung des Feu­ers ange­bracht und die Ent­schwe­fe­lung in wenig Stun­den been­dingt wer­den kann.

Wird der gepül­ver­te rohe Spieß­glanz mit glei­chen Thei­len Kno­chen- oder Horn­späh­nen gemischt in einer glü­hen­den eiser­nen Pfan­ne, unter bestän­di­gem Umrüh­ren, so lan­ge ent­schwe­felt und kal­zi­nirt, bis die Mischung eine graue Far­be ent­hält, und glü­het man die­sel­be noch zwei Stun­den lang in einem Schmelz­tie­gel, auf wel­chem ein and­rer Schmelz­tie­gel, mit einem Loche im Boden, umge­kehrt auf­ge­kit­tet ist, so gie­bt die erkal­te­te, fein gepül­ver­te Mas­se das in Eng­land so berühm­te Jamespul­ver (Pul­vis Jaco­bi febri­fu­gus, s. anti­mo­nia­lis, Anti­mo­ni­um cal­careo phos­phora­tum), wel­ches sein Erfin­der sehr empi­risch gegen alle Fie­ber gab, zu 5 bis 7 Gran, und viel Scha­den hie und da mit dem­sel­ben anrich­te­te. Der­sel­be Nacht­heil, den and­re unsalz­haf­te Anti­mo­ni­al­prä­pa­ra­te haben, daß sie auch in gro­ßer Dosis unkräf­tig sind, wenn der Magen kei­ne Säu­re ent­hält, bei Magen­säu­re aber oft das unbän­digs­te Erbre­chen, selbst in klei­ne­rer Gabe her­vor­brin­gen trifft auch das Jamespulver.

In ältern Zei­ten ver­band man auch den rohen Spieß­glanz mit Queck­sil­ber, um einen soge­nann­ten Spieß­glanz­mohr (Aethiops anti­mo­nia­lis) zu berei­ten. Nach der gewöhn­lichs­ten Metho­de wer­den zwei Thei-le roher Spieß­glanz mit Einem Thei­le lau­fen­den Queck­sil­ber so lan­ge mit ein­an­der gerie­ben, bis ein gleich­ar­ti­ges schwar­zes Pul­ver dar­aus ent­steht. Es gehö­ren aber wenigs­tens drei Stun­den unun­ter­bro­che­nes Rei­ben dazu, wobei das Queck­sil­ber erst zum unvoll­kom­me­nen Kal­ke wird, ehe es sich mit einem Thei­le des Schwe­fels im rohen Spieß­glan­ze ver­ei­ni­gen kann. Es ist daher weit kür­zer, sogleich den Halb­kalk des Queck­sil­bers statt des lau­fen­den Queck­sil­bers zu neh­men, und einen Theil Mer­cu­ri­us solu­bi­lis Hah­ne-man­nimit zwei Thei­len rohem Spieß­glan­ze eine hal­be Stun­de lang zusam­men zu rei­ben. Man emp­fiehlt den Spieß­glanz­mohr in soge­nann­ten Drü­sen­ver­stop­fun­gen, hart­nä­cki­gen Haut­krank­hei­ten, rheu­ma­ti­schen Beschwer­den, u.s.w. zu einem oder ein Paar Gran. Es läßt sich aber ein­sehn, daß sei­ne Wirk­sam­keit je nach dem ver­schied­nen Gra­de des Rei­bens sehr ver­schie­den aus­fal­len, das Mit­tel selbst daher unzu­ver­läs­sig und unbrauch­bar seyn müsse.

Ein nicht weni­ger unstatt­haf­tes Mit­tel war der ehe­dem gewöhn­li­che Spieß­glanz­zino­ber (Cin­ab­a­ris anti-monii) den man erhielt, wenn man zwölf Thei­le ätzen­den Queck­sil­ber­sub­li­mat mit fünf Thei­len rohem Spieß­glan­ze zusam­men­rieb, die Mischung eini­ge Tage ste­hen ließ, bis sie aus der Luft Feuch­tig­keit ange­zo­gen hat­te, und sie dann in einer, tief in die Sub­li-mir­ka­pel­le ein­ge­leg­ten, glä­ser­nen Retor­te mit kur­zem wei­ten Hal­se, in die fest ange­kit­te­te Vor­la­ge über­trieb, zuerst mit mäsi­gem Feu­er, wobei eine zähe Mate­rie (Spieß­glanz­but­ter) über­geht, deren Her­ab­flie­ßen zuwei­len mit einer dar­an gehal­te­nen glü­hen­den Koh­le beför­dert wer­den muß, end­lich aber, wenn lez­te­re gänz­lich über­ge­gan­gen ist, mit­telst des aufs höchs­te erhö­he­ten Feu­ers, wobei ein wirk­li­cher Queck­sil­ber­zi­no­ber auf­steigt, den man aus Unkun­de der Che­mie Spieß­glanz­zino­ber genennt hat. Die­ser Zino-ber ist aber wegen des Ueber­ma­ses an Schwe­fel etwas schwärz­lich; kein ver­nünf­ti­ger Arzt bedient sich des­sel­ben noch zu inne­rer Arznei.

Ent­zieht man dem rohen Spieß­glanz einen Theil sei­nes Schwe­fels, indem man fünf Thei­le des­sel­ben, mit einem Thei­le Pota­schlau­gen­salz gemischt, in einem bedeck­ten Tie­gel schmelzt, so fin­det man nach der Erkal­tung unter der dar­über ste­hen­den schla­cken­ar­ti­gen Spieß­glanz­schwe­fel­le­ber­krus­te, die man durch einen Schlag mit dem Ham­mer abson­dert, eine dun­kel­schwärz­lich glän­zen­de geruch- und geschmack­lo­se Mas­se, die sich im Was­ser nicht auf­lößt, und fein gerie­ben ein dun­kel­ro­thes Pul­ver lie­fert, wel­ches man mit kochen­dem Was­ser aus­zu­sü­ßen pflegt. Die­se Mas­se nennt man unrich­tig medi­zi­ni­schen Spieß­glanz­kö­nig (Regu­lus anti­mo­nii medi­cina­lis, anti­mo-nium dia­pho­re­ti­cum rubrum, Rubi­nus Anti­mo­nii, Magne­sia opa­li­na, Febri­fu­gum Craa­nii) da sie nur ein unvoll­kom­me­ner Spieß­glanz­kalk ist, mit weni­ger Schwe­fel als der rohe Spieß­glanz und mehr Schwe­fel, als der Mine­r­al­ker­mes ent­hält, ver­bun­den. Man hat ihn in allen den Fäl­len ehe­dem zu eini­gen Gra­nen auf die Gabe gerühmt; wor­in man ande­re unvoll­kom­me­ne, mit etwas Schwe­fel ver­ei­nig­te Spieß­glanz­kal­ke, z.B. den Mine­r­al­ker­mes gebraucht hat, aber mit gleich unge­wis­sem Erfol­ge, jen­a­ch dem mehr oder weni­ger Säu­re im Magen des Kran­ken vor­han­den war, oder nicht. Man hat eine unglaub­li­che Men­ge ver-schied­ner Berei­tungs­ar­ten des­sel­ben, die sei­ne Natur sehr ver­än­dern, und sei­nen innern Gebrauch noch unsich­rer machen.

Von der Spieß­glanz­le­ber (Hepar anti­mo­nii) hat man zwei höchst ver­schied­ne Berei­tungs­ar­ten. Zuerst, wenn man glei­che Thei­le rohen Spieß­glanz und gerei­nig­ten Sal­pe­ter zusam­men­ge­mischt, in einem Schmelz­tie­gel all­mäh­lich erhitzt, end­lich in glü­hen­den Fluß bringt und die erkal­te­te Mas­se in der Mit­te von ein­an­der trennt, d.i. die oben­ste­hen­de salz­ar­ti­ge Schla­cke (aus Vitri­ol wein­stein und etwas Spieß­glanz­schwe­fel­le­ber zusam­men­ge­setzt) von der drun­ter ste­hen­den undurch­sich­ti­gen, roth­brau­nen, schwe­ren, brü­chi­gen Mas­se, Spieß­glanz­le­ber genannt. Die­se unei­gent­lich soge­nann­te Spieß­glanz­le­ber, wovon man 63/​4 Unzen aus 16 Unzen rohem Spieß­glan­ze erhält, kömmt dem vor­ge­nann­ten medi­zi­ni­schen Spieß­glanz­kö­nig oder einem gro­ben Mine­r­al­ker­mes ihrer Natur nach sehr nahe, oder steht viel­mehr zwi­schen bei­den inne. Sie feuch­tet nicht an der Luft, hat weder Geruch, noch Geschmack, und läßt fein gepül­vert, mit Was­ser aus­ge­süßt, eine unbe­deu­tend klei­ne Men­ge Sal­ze, vor­züg­lich Lau­gen­salz ausziehen.

Die­ses aus­ge­süß­te Pul­ver führt den Nah­men Metall­sa­fran (Cro­cus anti­mo­nii, Cro­cus anti­mo­nii lotus, Cro­cus metall­orum, Hepar anti­no­mii lotum), ein bräun­lich­gel­bes geschmack­lo­ses Pul­ver, von jener un-aus­ge­süß­ten Spieß­glanz­le­ber wenig oder nicht verschieden.

Jene soge­nann­te Spieß­glanz­le­ber wird nur noch von Roß­ärz­ten gebraucht, zu einer hal­ben Unze auf die Gabe, um die Haut­aus­düns­tung und die Freß­lust der Pfer­de zu bes­sern, die aus­ge­süß­te aber, oder den Metall­sa­fran braucht man unschick­lich, wie­wohl sel­ten bei Men­schen zu etli­chen Gra­nen, als hef­ti­ges Brech­mit­tel, häu­fi­ger noch, wie­wohl eben­falls nicht schick­lich, zur Ver­fer­ti­gung des Brech­weins und des Brechweinsteins.

Die Fabri­kan­ten ver­fer­ti­gen ihre Spieß­glanz­le­ber zum Behu­fe der Vieh­ärz­te aus dun­kel­grau­er Spieß­glanz­a­sche, bei jäh­lin­gem Feu­er im Tie­gel geschmol­zen, und erspa­ren dadurch den Sal­pe­ter, ohne den Kräf­ten des Mit­tels Ein­trag zu thun.

Die and­re, aber zur unmit­tel­ba­ren, arz­nei­li­chen Anwen­dung unge­bräuch­li­che Spieß­glanz­schwe­fel­le­ber ent­steht durch Schmel­zung glei­cher Thei­le rohen Spieß­glan­zes und Pota­schlau­gen­sal­zes. Es ist eine wah­re, hepa­tisch stin­ken­de, an der Luft feuch­ten­de, gänz­lich in Was­ser auf­lös­li­che spieß­glanz­me­tall­hal­ti-ge Schwe­fel­le­ber. Sie ist von jener erstern durch­aus verschieden.

In ältern Zei­ten berei­te­te man aus die­ser lez­tern Schwe­fel­le­ber des Spieß­glan­zes (durch Nie­der­schla­gung ihrer wäs­se­ri­gen Auf­lö­sung mit­telst einer Säu­re), den Spieß­glanz­schwe­fel (Sulp­hur anti­mo­ni). Bei die­ser Prä­zi­pi­ta­ti­on fällt auf den anfäng­li­chen Zusatz der Säu­re ein weit dun­kel­far­bi­ge­res, brau­nes, (an Spieß­glanz­me­tall reich­hal­ti­ge­res, dras­ti­sche­res) Pul­ver zu Boden als bei fer­nerm Nie­der­schla­ge, man nenn­te es Spieß­glanz­schwe­fel vom ers­ten Nie­der­schla­ge (Sulp­hur anti­mo­nii pri­mae prae­ci­pi­ta­tio­nis). Man fuhr fort, Säu­re zuzu­gie­ßen, so lan­ge ein hell­brau­nes (mil­der wir­ken­des) Sedi­ment nie­der­fiel, wel­ches man wie­der­um abson­der­te und Spieß­glanz­schwe­fel vom zwei­ten Nie­der­schla­ge (Sulp­hur anti­mo­nii secun­dae prae­ci­pi­ta­tio­nis) nann­te. Was sich nun noch voll­ends durch Sät­ti­gung mit Säu­re fäl­len ließ, gewöhn­lich ein pome­ran­zen­far­bi­ges, noch mil­de­res Prä­zi­pi­tat, nann­te man (nach gehö­ri­gem Aus­sü­ßen, Trock­nen, und Fein­rei­ben) gold­farb­nen Spieß­glanz­schwe­fel, oder Spieß­glanz­schwe­fel vom drit­ten Nie­der­schla­ge (Sulp­hur aura­tum anti­mo­nii, Sulp­hur anti­mo­nii ter­tiae prae­ci­pi­ta­tio­nis).

Da aber die­se drei Nie­der­schla­gun­gen durch kein fest­stän­di­ges Maas oder Gewicht hin­zu­zu­gie­ßen­der Säu­re in drei bestimm­te Grän­zen gebracht wer­den konn­ten, und größ­tent­heils nur auf der trüg­li­chen Be-urt­hei­lung der ver­schied­nen Far­ben, oft von unge­üb­ten Augen, beru­he­te, so hat man (zuerst Gött­ling) in neu­ern Zei­ten mit Recht an die Stel­le die­ser theu­ern und schwan­ken­den Berei­tung eines geschätz­ten Heil­mit­tels Pro­zes­se gesetzt, wel­che ein wohl­fei­le­res, wenigs­tens sich mehr glei­ches Pro­dukt geben.

Es gie­bt die­ser neu­ern Wege zwei, einen trock­nen und einen nassen.

Nach ersterm läßt man einen Theil rohen Spieß­glanz mit zwei Thei­len Schwe­fel und drei bis vier Thei­len Pota­schlau­gen­salz im ver­deck­ten Tie­gel schmel­zen, löset die Mas­se in Was­ser auf, fil­trirt die Auf­lö­sung, ver­dün­net sie so weit die Grö­ße des Gefä­ßes reicht und schlägt sie mit einer Säu­re völ­lig nie­der, unter den eben anzu­füh­ren­den Bedingungen.

Nach dem zwei­ten löse man durch Kochen in so wenig als mög­lich star­ker kaus­ti­scher Pota­schlau­ge (Sei­fen­sie­der­lau­ge) einen Theil fein­ge­pül­ver­ten rohen Spieß­glanz, und zwei Thei­le fei­nes Schwe­fel­pul­ver in einem eiser­nen Kes­sel völ­lig auf, sei­he die Lau­ge durch und ver­dün­ne sie mög­lichst. All­mäh­lich gießt man nun eine ver­dünn­te Säu­re (am räth­lichs­ten den hell abge­gos­se­nen Rück­stand von der Destil­la­ti­on des schmerz­stil­len­den Hoff­man­ni­schen Liqu­ors) so lan­ge unter Umrüh­ren hin­zu, bis zulezt eine her­aus­ge­schöpf­te Pro­be der obern hel­len Flüs­sig­keit von hin­zu­ge­tröp­fel­ter Säu­re fast gar nicht mehr getrübt wird. All­zu viel hin­zu­ge­gos­se­ne Säu­re soll den Glanz der Far­be des Prä­zi­pi­tats merk­lich ver­min­dern, wovor man sich zu hüten hat. Der Nie­der­schlag wird mit kal­tem Was­ser aus­ge­süßt, so lan­ge an frei­er Luft getrock­net, bis aller hepa­ti­scher Geruch ver­gan­gen ist, und fein gerieben.

Die ers­te­re Berei­tung hat den Nacht­heil, daß ein unbe­stimm­ba­rer Theil Schwe­fel ver­brennt, ehe die Ver­ei­ni­gung vor sich gegan­gen, und alles in Fluß ge-rathen ist, daher kein Spieß­glanz­gold­schwe­fel nach die­ser Metho­de dem andern ganz gleich ist; die zwei­te oder nas­se Berei­tung hat die Zeit rau­ben­de Ver­fer­ti­gung der Aetz­lau­ge und das lang­wie­ri­ge und müh­sa­me Kochen der Ingre­di­en­zen gegen sich. Bei­de Berei­tun­gen aber haben den gro­ßen Nacht­heil, daß man gewöhn­li­chen Schwe­fel (in gro­ßer Men­ge) dazu braucht, wel­cher (Schwe­fel) fast nie ohne Arse­nik ist. Man schreibt zwar vor, die Schwe­fel­le­ber­lau­ge 18 Stun­den ste­hen zu las­sen, ehe man sie nie­der­schlägt, damit sie die soge­nann­ten Unrei­nig­kei­ten abset­ze; aber theils schlägt sich indeß viel Spieß­glanz (Mine-ral­ker­mes) nie­der, theils hilft dieß nicht son­der­lich zur Abschei­dung des Arse­niks (unter Schwe­fel­milch). Allen die­sen Nacht­hei­len weicht man aus, und ver­fer­tigt ein nicht theu­res, rei­nes, und sich immer glei­ches Prä­pa­rat auf kur­zem Wege, wenn man einen Theil Koh­len­pul­ver mit vier Thei­len Vitriol­wein­stein im weiß­glü­hen­den Tie­gel bis zur ruhig flie­ßen­den Schwe­fel­le­ber zusam­men­schmelzt, dann einen Theil rohen Spieß­glanz mit einem Thei­le Pota­schlau­gen­sal-ze, zum fei­nen Pul­ver gemischt, hin­zu­trägt, alles zusam­men (unter Umrüh­ren mit einem thö­ner­nen Sta­be) in dün­nen Fluß kom­men läßt, die Mas­se aus­gießt, sie in Was­ser auf­lößt, die Auf­lö­sung durch Lein­wand sei­het, wor­über wei­ßes Druck­pa­pier gelegt ist, sie ver­dün­net und sogleich mit Säu­re nie­der­schlägt, nur so eben bis zur Sät­ti­gung, das Prä­zi­pi­tat aber, wie vor­hin gesagt, aus­süßt, trock­net und pül­vert. Die­ser Spieß­glanz­gold­schwe­fel wird sich immer gleich seyn, von allem Arse­nik­ge­hal­te frei.

Der mit auf­gelöß­ten Wein­stein­krystal­len, statt Vitri­ol­säu­re, nie­der­ge­schla­ge­ne (Panacea Con­er­din­gia-naoder Glau­be­ria­na) ist der­sel­be Spieß­glanz­schwe­fel und hat nichts vorzügliches.

Nimmt man Essig zum Nie­der­schla­gen, und düns­tet das Aus­sü­ßungs­was­ser des Prä­zi­pi­tats ein, so ent­steht eine Art Potasch­essig­s­alz, dem man unnö­thi­ger-wei­se den Nah­men ter­ra foli­a­ta tar­ta­ri anti­mo­nia­tagege­ben hat, weil man Spieß­glanz­schwe­fel dar­in ver-muthete.

Stellt man hin­ge­gen den Nie­der­schlag, statt mit Säu­re, mit auf­ge­lö­se­tem rei­nem Eisen­vi­trio­le an, so führt der schwärz­lich­te Nie­der­schlag den Nah­men Sulp­hur anti­mo­nii mar­tia­le, wobei nicht nur geschwe­fel­ter Spieß­glanz, son­dern auch geschwe­fel­tes Eisen zu Boden fällt; eine zweck­lo­se Künstelei.

Der gold­farb­ne Spieß­glanz­schwe­fel ist an Spieß­glanz­kal­ke ärmer als der Mine­r­al­ker­mes und ent­hält etwa im Hun­dert 75 Thei­len Schwe­fel und 25 Spieß­glanz­kalk. Ehe­dem berei­te­te man ihn zu 70 Thei­len des erstern und 30 Thei­len des leztern.

Er löset sich spar­sa­mer in Wein­stein­säu­re und in der krank­haf­ten Säu­re des Magens als Mine­r­al­ker­mes auf, und bringt daher weni­ger Erbre­chen her­vor, mehr Uebel­keit. Man gie­bt ihn mehr als ein ablei­ten­des Erschüt­te­rungs­mit­tel in einer gro­ßen Men­ge von Krank­hei­ten (oft sehr empi­risch, in dem Wahne, er sei ein all­ge­mei­nes Auf­lö­sungs­mit­tel) in Wech­sel­fie­bern, Skro­pheln, zäh­schlei­mi­ger Eng­brüs­tig­keit, Keich­hu-sten, Haut­aus­schlä­gen, Rheu­ma­tis­men, u.s.w. zu etli­chen Gra­nen auf die Gabe. Aber auch er ist dem Nacht­hei­le der hef­ti­gern Wir­kung bei Magen­säu­re und der Kraft­lo­sig­keit bei feh­len­der Säu­re im Magen unter­wor­fen, wie alle unsa­li­ni­sche Spießglanzpräparate.

Die Stär­ke des gold­farb­nen Spieß­glanz­schwe­fels beurt­heilt man nach dem Gewich­te Schwe­fel, wel­ches nach zwölf­stün­di­ger Diges­ti­on (etwa bei 120° Fahr.) von hun­dert Gra­nen Spieß­glanz in gemei­ner Salz­säu­re zurückbleibt.

Ein ähn­li­ches, nur stär­ke­res Spieß­glanz­prä­pa­rat ist das von sei­nem anfäng­li­chen Ver­fer­ti­ger, dem Kar­t­heu­ser Simon, soge­nann­te Kar­t­heu­ser­pul­ver, oder der Mine­r­al­ker­mes (Cher­mes, s. Ker­mes mine­ra­le, Sulp­hur anti­mo­nii rubrum, Pul­vis Car­thu­sia­n­o­rum, Panacea Glau­be­ria­na, Poud­re des Chartreux) ein braun­ro­ther oder roth­po­me­ran­zen­far­bi­ger, äus­serst fei­ner Nie­der­schlag, der aus auf­ge­lö­se­ten Spieß­glanz­le­bern sich bei der Erkal­tung von selbst abson­dert. Die nach­ah­mungs­wür­digs­te Berei­tung besteht dar­in, daß man 9 Unzen Pul­ver von rohem Spieß­glanz mit 16 Unzen ätzen­dem Pota­schlau­gen­salz so lan­ge im Was­ser kocht, bis 21 Pfund Was­ser bis zu 6 Pfun­den ver­kocht sind, die Lau­ge sied­end­heiß und mög­lichst schnell in 6 Pfund kochend­hei­ßem Was­ser durch Lein­wand fil­trirt und die umge­rühr­te Lau­ge an frei­er Luft erkal­ten läßt. Sie zieht indeß Koh­len­säu­re aus der Luft und läßt den spieß­glanz­reichs­ten Theil, Spieß­glanz­schwe­fel von roth­brau­ner Far­be, den Mi-ner­al­ker­mes, fal­len. Ein neu­es Sie­den der Lau­ge mit dem Rück­stan­de, oder rohem Spieß­glan­ze lie­fert je-des­mahl von neu­em bei der Erkal­tung an frei­er Luft wie­der­um etwas Mine­r­al­ker­mes durch frei­wil­li­ge Abson­de­rung. Das Prä­zi­pi­tat wird mit kal­tem Was­ser aus­ge­süßt, an frei­er Luft bis zur Ver­schwin­dung des hepa­ti­schen Geruchs getrock­net, und fein gerie­ben verwahrt.

Der Mine­r­al­ker­mes soll glei­che Thei­le Schwe­fel und Spieß­glanz­kalk Gehalt haben, bis höchs­tens im Hun­dert 52 Thei­le Spieß­glanz­kalk und 48 Thei­le Schwe­fel. Man erfährt sei­nen Gehalt an Schwe­fel durch die beim Spieß­glanz­gold­schwe­fel erwähn­te Diges­ti­on in Salz­säu­re. Er ist weit auf­lös­li­cher in Wein­stein­säu­re und in der krank­haf­ten Säu­re des Magens als der Spieß­glanz­gold­schwe­fel, und wird gegen die­sel­ben Krank­hei­ten, als letz­te­rer, nur in kaum halb so gro­ßer Gabe gebraucht, ist aber glei­cher Ungleich­heit in der Wir­kung als der Spieß­glanz­gold­schwe­fel unter­wor­fen, je nach­dem er Säu­re im Magen antrifft oder nicht.

Die soge­nann­ten Spieß­glanz­sei­fen aus Spieß­glanz­schwe­fel­le­ber mit so viel über­schüs­si­gem Aetz­lau­gen­sal­ze, daß noch Oel oder Harz damit zur Sei­fe ver­bun­den wer­den kann, gehö­ren eben so wenig als die dar­aus mit Wein­geist aus­ge­zo­ge­nen Tink­tu­ren, oder Sei­fen­spi­ri­tus­se mit spieß­glan­zi­ger Schwe­fel­le­ber ver­bun­den (die Jaco­bi­sche sei­fen­ar­ti­ge Spieß­glanz­tink­tur, die Hermb­städ­ti­sche, Kla­prothi­sche und Schul­zi­sche) in die­ses Buch, wel­ches nur rohen Mit­teln und ein­fa­chen Zube­rei­tun­gen gewid­met ist.

Füg­li­cher gehört hie­her Hoff­manns kal­k­er­di­ge Spieß­glanz­le­ber (hepar anti­mo­nii cal­care­um, Calx anti­mo­nii cum Sulp­hu­re) die man am bes­ten dadurch berei­tet, daß man drei Thei­le gebrann­te Aus­ter­scha­len mit Einem Thei­le Spieß­glanz­gold­schwe­fel eine Vier­tel­stun­de lang glü­hen läßt. Zwei Quent­chen hie­von in fünf Pfund Was­ser bis zu Einem Pfun­de ein­ge­kocht, durch­ge­seiht und in wohl­ver­stopf­ten Fla­schen auf­be­wahrt, gie­bt die soge­nann­te Hoff­man­ni­sche Auf­lö­sung der kal­k­er­di­gen Spieß­glanz­le­ber (solu­tio cal­cis anti­mo­nii cum sulp­hu­re), des­sen gerühm­ten Kräf­te in Flech­ten, Skro­pheln, Eng­brüs­tig­keit, zurück­ge­trieb­ner Krät­ze, Kit­zel­hus­ten, ver­schied­nen Kache­rien, ver­stopf­tem Gold­ad­er­flus­se, und Erb­gicht wohl mehr den Heil­kräf­ten der rei­nen Schwe­fel­le­ber als einer Bei­hül­fe des Spieß­glan­zes zuzu­schrei­ben seyn möch­ten, wenn sie anders so völ­lig gegrün­det sind.

Der, wie oben gemel­det, vor sich ent­schwe­fel­te rohe Spieß­glanz, oder die Spieß­glanz­a­sche ent­hält immer noch, wenn er bis zur grau­li­chen Wei­ße kal­zi-nirt wor­den, aus­ser unvoll­kom­me­nem Spieß­glanz­kal­ke noch etwas Schwe­fel. Bringt man die­sen grau­lich wei­ßen Kalk (gewöhn­lich hat er dann 33 von Hun­dert des dazu ange­wen­de­ten rohen Spieß­glan­zes ver­lo­ren) in einem nicht braun- oder gel­bade­ri­gen, ver­deck­ten Schmelz­tie­gel bei sehr jäh­ling ver­deck­ter Glüh­hit­ze in dün­nen Fluß und erhält die Mas­se im Flus­se etwa eine Stun­de lang, unter Umrüh­ren mit einem thö­ner-nen Sta­be, bis lez­te­rer an der Spit­ze einen zäh­flüs­si­gen Faden durch­sich­ti­gen rothen Gla­ses zeigt, so gießt man die Mas­se lang hin auf eine polir­te, heiß­ge­mach­te Mar­mor­plat­te aus, wel­che zu Spieß­glanz­gla­se (Vitrum anti­mo­nii) ver­här­tet, beim Erkal­ten zer­knakt, und in dün­nen Schei­ben ziem­lich durch­sich­tig und dun­kel­roth oder hya­zinth­far­ben ist. Beim nur anfäng­li­chen dün­nen Flus­se aus­ge­gos­sen, gie­bt die Mas­se bei der Erkal­tung nur eine Art grau­en Steins; der Fluß muß bis zur erwähn­ten anfan­gen­den Zäh­flussig­keit und Durch­sich­tig­keit des Fadens bei star­kem Glü­hen fort­ge­setzt wer­den. Läßt sich dage­gen die Mas­se auf kei­ne Wei­se in gleich­ar­ti­gen Fluß brin­gen, so war die Spieß­glanz­a­sche all­zu sehr kal­zi­nirt, und dann muß der Mas­se 1/​16 bis 1/​8 roher Spieß­glanz zuge­setzt wer­den, der ihr den man­geln­den Schwe­fel wie­der-gie­bt, und sie zum Flus­se fähig macht. Zuge­setz­ter Borax beför­dert zwar die Ver­glas­bar­keit, macht aber das Glas all­zu hell­far­big, und bringt ihm eine fremd­ar­ti­ge Sub­stanz bei.

Das Spieß­glanz­glas ist sei­ner, dras­ti­sches Erbre­chen und Ent­zün­dung der Ein­ge­wei­de erre­gen­den Eigen­schaft wegen nie Men­schen in Sub­stanz, auch in der kleins­ten Gabe nicht zu geben, selbst nicht auf das feins­te durch­ge­beu­telt oder auch prä­pa­rirt (Vitrum anti­mo­nii prae­pa­ra­tum).

Auch das lez­te­re feins­te Pul­ver mit einem Ach­tel Wachs unter ste­tem Umrüh­ren über gelin­dem Feu­er gehal­ten, bis Spieß­glanz­glas und Wachs Eine Mas­se zu bil­den schei­nen, das Hux­ha­mi­sche gewichs­te Spieß­glanz­glas (Vitrum anti­mo­nii cera­tum), pflegt kein ver­nünf­ti­ger Arzt mehr in Ruhren zu geben, wozu es sein dreis­ter Erfin­der bestimmte.

Dage­gen macht die Leicht­auf­lös­lich­keit des Spieß­glanz­gla­ses in Säu­ren es zur Ver­fer­ti­gung ver­schied-ner Prä­pa­ra­te nütz­lich. Ich rede nicht von den in alten Zei­ten aus Spieß­glanz­gla­se berei­te­ten Kelch­glä­sern (Brech­be­cher), wor­in man Wein eine Nacht über ste­hen ließ, um sich die­ser Flüs­sig­keit früh als eines (un-sichern) Brech­mit­tels zu bedie­nen; auch rede ich nicht von der Auf­lö­sung des Pul­vers von Spieß­glanz­gla­se in Wei­ne, dem Brech­wei­ne (Aqua bene­dic­ta Rulandi) aus zwei Unzen wei­ßem Wei­ne mit einem Quent­chen gepül­ver­tem Spieß­glanz­gla­se, eine Nacht hin­durch zusam­men diger­irt und durch Druck­pa­pier fil­trirt, noch auch von der Hux­ha­mi­schen Spieß­glanz­tink­tur oder Spieß­glan­z­es­senz (Vinum, s. essen­tia anti­mo­nii Hux­ha­mi) durch zwölf­stün­di­ge Diges­ti­on des Spieß­glanz­glas­pul­vers in 24 Thei­len Made­ra­wein berei­tet und sorg­fäl­tig durch­ge­sei­het. Alle die­se Mit­tel sind einer Unsi­cher­heit in der Wir­kung nur all­zu­sehr unter­wor­fen, theils weil die ver­schied­ne Säu­re oft einer und der­sel­ben Wein­sor­te mehr oder weni­ger vom Gla­se auf­lößt, theils weil die nicht bestimm­te Wär­me der Diges­ti­on einen gro­ßen Ein­fluß auf die stär­ke­re oder schwä­che­re Auf­lö­sung hat. Zudem set­zen die Brech­wei­ne bei der Auf­be­wah­rung einen Theil ihres Spieß­glanz­ge­halts an den Wän­den und dem Boden des Gla­ses ab, wodurch sie unbe­stimm­bar schwä­cher wer­den. Im all­ge­mei­nen fand Fau­ken von 30 Gran Spieß­glanz­gla­se in einer Unze Wein nach vier und zwan-zig­stün­di­ger Diges­ti­on auf­gelößt: in östrei­cher Wei­ne 4 Gran, in Cham­pa­gner 33/​4 Gran, in Rhein­wein 31/​2, in Mose­ler 3 Gran, in Bur­gun­der 11/​2 Gran, in Spa­ni­schen IV2 Gran – bei acht­tä­gi­ger Diges­ti­on aber in einer Unze östrei­cher 211/​2 Gran, in Cham­pa­gner 21 Gran, in Rhein­wein 20 Gran, in Mose­ler 19 Gran, in spa­ni­schem 4. Räth­li­cher und sich­rer ist es, wenn Spieß­glanz­wein erfor­der­lich ist, daß der Arzt in einer Unze spa­ni­schem Wei­ne drei Gran Brech­wein­stein ste­hen­den Fußes auf­lö­sen läßt, und sei­ne Ver­ord­nung dar­nach einrichtet.

Aus­ser­dem haben nicht unbe­trächt­li­che Phar­maz-evti­ker das Spieß­glas zur Berei­tung des Brech­wein­steins genom­men, wie­wohl der zur grau­li­chen Wei­ße vor sich gebrann­te Spieß­glanz als das Mate­ri­al des Spieß­glanz­gla­ses in die­ser Rück­sicht vor­zu­zie­hen ist. M. Brech­wein­stein.

Nicht weni­ger pflegt man dar­aus den koch­salz­sau-ern Spieß­glanz, die Spieß­glanz­but­ter (butyrum anti-monii, ole­um anti­mo­nii, ole­um anti­mo­nii gla­cia­le, cau­st­i­cum anti­mo­nia­le, Sti­bi­um sali­tum) zu ver­fer­ti­gen, und zwar jezt weni­ger gefahr­voll, als da man sie noch durch Zer­set­zung des Queck­sil­ber­sub­li­mats mit rohem Spieß­glan­ze (m. oben unter Spieß­glanz­zino­ber) berei­te­te. Man nimmt jezt 12 Unzen fein­ge­pül­ver­tes Spieß­glanz­glas (oder, ein­fa­cher, sein Mate­ri­al, den bis zur grau­li­chen Wei­ße kal­zi­nir­ten Spieß­glanz in glei­cher Men­ge), ver­mischt es mit 48 Unzen abge­knis­ter­tem Koch­sal­ze, über­gießt die Mischung in der glä­ser­nen Retor­te mit einem Gemisch aus 36 Unzen star­ker Vitri­ol­säu­re und 24 Unzen Was­ser, kit­tet die Vor­la­ge mit ihrer Hülfs­röh­re (unter Sal­mi­ak­geist, ätzen­der) mit­telst einer Strie­fe Papier, mit Gyps­brei bestri­chen, an, und destil­lirt aus dem Sand­ba­de zuerst mit gelin­dem und dann all­mäh­lich erhö­he­tem Feu­er, bis bei star­kem Feu­er zulezt alles Flüs­si­ge über­ge­gan­gen ist, eine dick­flüs­si­ge, rau­chen­de Spieß­glanz­but­ter, die man in glä­ser­nen Fla­schen auf­hebt, deren ein­ge­rie­be­ner glä­ser­ner Stöp-fel mit Oel oder Kakao­but­ter bestri­chen ist, das Ein­drin­gen der Luft zu ver­hü­ten. Der Rück­stand wird weggeworfen.

Man bedient sich der Spieß­glanz­but­ter (wel­che im kon­zen­trir­ten Zustan­de, und in ver­schlos­se­nen Gefä­ßen krystal­li­nisch erscheint, aber sogleich an der Luft zer­fließt, und dann eine brau­ne Far­be annimmt) als eines Aetz­mit­tels nicht gar häu­fig, etwa z.B. wenn man die dar­in getauch­te äus­sers­te Spit­ze eines fei­nen Pin­sels einen Augen­blick an das Sta­phy­lom oder die dun­keln Horn­haut­fle­cke hält und mit lau­er Milch die betupf­te Stel­le sogleich aus­wäscht, oder zur Weg­bei-zung eini­ger Poly­pen, zur Til­gung der Fleisch­schwäm­me in Geschwü­ren der Pfer­de, u.s.w.

Wenn die­se Spieß­glanz­but­ter mit 16 Thei­len Was­ser oder Wein­geist ver­mischt wird, so fällt der größ­te Theil des unvoll­kom­me­nen Spieß­glanz­kal­kes, als ein wei­ßes Pul­ver (Mer­cu­ri­us vitae, pul­vis Alga­rot­tiAlga­rot­ti­pul­ver) nie­der, ist aber die Spieß­glanz­but­ter noch­mahls über­ge­trie­ben wor­den, so fällt bei einer sol­chen Ver­dün­nung nichts nie­der. Ist das Alga­rot­ti-pul­ver mit Wein­geist nie­der­ge­schla­gen wor­den, so läßt sich aus der hel­len Nie­der­schlags­flüs­sig­keit ver­süß­ter Salz­geist durch Destil­la­ti­on übertreiben.

Da das Alga­rot­ti­pul­ver, sei­ner unge­heu­ern Brech­kraft wegen, nicht vor sich zu Arz­nei gebraucht wird, auf der andern Sei­te aber (sei­ner vor­züg­li­chen Auf­lös­bar­keit in Säu­ren wegen) das bes­te Mate­ri­al zur Berei­tung des Brech­wein­steins ist, wenn sein gewöhn­lich hoher Preis uns hie­von nicht abhält, so kann man es, ohne über­ge­trieb­ne Spieß­glanz­but­ter dazu zu brau­chen, ziem­lich wohl­feil und leicht berei­ten, wenn man den oben erwähn­ten Satz von 12 Unzen bis zur grau­li­chen Wei­se kal­zi­nir­tem Spieß­glan­ze, 48 Unzen ver­knis­ter­tem Koch­sal­ze und 36 Unzen Vitriol­öl, mit 24 Unzen Was­ser ver­dün­net, zwölf Stun­den lang unter jezu­wei­li­gem Umrüh­ren diger­irt, die Auf­lö­sung dann kalt durch Druck­pa­pier, über Lein­wand gebrei­tet, fil­trirt, das Fil­trat aber unter 64 Civil­pfund kochend­hei­ßes Was­ser rührt, und das Sedi­ment noch­mahls mit Was­ser aus­süßt, ehe man es trock­net. In Rück­sicht der Berei­tung des Brech­wein­steins (Brech­wein­stein) ist noch zu erin­nern, daß nicht der am stärks­ten wir­ken­de vor­zu­zie­hen ist (der Metall­sa­fran müß­te sonst zum innern Gebrau­che dem Mine­ral-ker­mes vor­zu­zie­hen seyn) son­dern der am gleich­för­migs­ten wir­ken­de, und daß folg­lich blos von den wei­ßen Brech­wein­stein­krystal­len sich die­se Gleich­för­mig­keit erwar­ten läßt. Es ist zu erin­nern, daß die gewöhn­li­chen thö­ner­nen Geschir­re zum Kochen viel Brech­salz ein­sau­gen, daß aber die zin­ner­nen Koch­ge­schir­re dazu ganz unzu­läs­sig sind, da die­ses Metall im Kochen den Spieß­glanz­wein­stein zer­setzt, und ein Zinn­salz dar­un­ter bringt. Die bes­ten Koch­ge­schir­re dazu sind stein­zeug­ne, äus­ser­lich (mit Lehm­teig, mit Rin­der­blut und Ham­mer­schlag gemischt) beschla­ge­ne Töp­fe, wenn man nicht glä­ser­ne Kol­ben ins Sand­bad gestellt dazu neh­men will.

Das Alga­rot­ti­pul­ver mit einer San­del­holz­tink­tur roth zu fär­ben, und es dann Rosa anti­mo­nii mine­ra­liszu nen­nen, war eine phar­ma­zev­ti­sche Spie­lerey der Alten.

Uns­re Vor­fah­ren ver­misch­ten mit der Spieß­glanz­but­ter ein glei­ches Gewicht star­ke Sal­pe­ter­säu­re (wobei unter Auf­brau­sen, Abson­de­rung von Sal­pe­ter­gas, Hit­ze, und beschwer­li­chem Geru­che die Flüs­sig­keit hell bleibt, und nur etwas röth­lich wird), dampf­ten die Flüs­sig­keit ein, gos­sen noch zu zwei­en Mah­len eine glei­che Men­ge Sal­pe­ter­säu­re, wie anfäng­lich, zu der wei­ßen Mas­se, und lie­ßen sie jedes­mahl in der Hit­ze wie­der ver­rau­chen, bis kein sal­pe­ter­sau­rer Dunst mehr auf­stieg und nann­ten dieß dem schweiß­trei­ben­den Spieß­glanz nicht unähn­li­che, nur etwas sau­re Pul­ver, mine­ra­li­schen Bezoar (Bezo­ar­ti­cum mi-nera­le) dem sie zu 6 bis 20 Gran auf die Gabe Aus­düns­tung beför­dern­de Kräf­te (nach Muth­ma­sung?) bei­leg­ten. Schweiß­trei­ben­der Spieß­glanz (über wel­chem man allen­falls noch ein­mahl vier Thei­le Sal­pe­ter­säu­re über­ge­trie­ben hät­te) wür­de, wenn das Mit­tel noch ver­langt wür­de, glei­che Absicht erreichen.

Die ein­zi­ge Spieß­glanz­be­rei­tung mit Vitri­ol­säu­re, ist der nicht sehr gebräuch­li­che Pur­gir­spieß­glanz (Anti­mo­ni­um cathar­ti­cum Wil­fo­ri). Man gießt auf 4 Unzen fein gepül­ver­tes Spieß­glanz­glas (oder, bes­ser und ein­fa­cher, sein Mate­ri­al, die grau­licht­wei­ße Spieß­glanz­a­sche zu glei­chem Gewich­te) 12 Unzen star­ke Vitri­ol­säu­re in einer glä­ser­nen Retor­te, destil­lirt alles Flüs­si­ge her­über, süßt das am Boden der Retor­te geblie­be­ne Pul­ver mit vie­lem Was­ser sorg­fäl­tig aus, trock­net es, reibt es mit einem glei­chen Gewich­te Glau­ber­salz und dop­pelt so viel Vitriol­wein­stein zusam­men, läßt dieß Gemisch in einem Schmelz­tie­gel bei schnell erhö­he­tem Feu­er eine Vier­tel­stun­de lang in gelin­dem Flus­se ste­hen, pül­vert dann die erkal­te­te Mas­se, süßt sie wohl aus, und trock­net das Pul­ver zum Gebrau­che. Man rühmt es als eine zuver­läs­si­ge Pur­ganz, wel­che kei­ne Uebel­keit erre­ge, zu 2 bis 10 Gran auf die Gabe.

Wenn man, wie oben gelehrt, den rohen Spieß­glanz mit der Hälf­te sei­nes Gewichts Koh­len­pul­ver vor sich bei all­mäh­lich ver­stärk­tem Feu­er gerös­tet hat, bis er eine asch­graue Far­be annimmt, die­se Spieß­glanz­a­sche dann mit glei­chen Thei­len schwar­zer Sei­fe oder einem Vier­tel sei­nes Gewichts gerei­nig­tem Pota­schlau­gen­sal­ze und eben so viel Koh­len­pul­ver gemischt, bei etwas schnell erhö­he­tem Feu­er im ver­deck­ten Tie­gel in Fluß bringt, die Mas­se dann in einen heiß­ge­mach­ten, und mit Talg aus­ge­stri­che­nen, erhitz­ten Gießpu­ckel aus­gießt und zugleich gelind dar­an klopft, damit die Schla­cken oben­auf ihren Stand ein­neh­men, so fin­det man unter lez­tern (die man abschlägt) das Metall des Spieß­glan­zes, d.i. den ein­fa­chen Spieß­glanz­kö­nig (Regu­lus anti­mo­nii sim­plex).

Der Spieß­glanz­kö­nig ist ein zinn­wei­ßes, blät­te­rig strah­li­ges, etwa bei 800° Fahr. nach dem Glü­hen schmelz­ba­res, im Feu­er leicht ver­kalk­ba­res Metall von 6, 700 bis 6, 860 spe­zi­fi­schem Gewich­te, wel­ches so sprö­de ist, daß es sich leicht zu Pul­ver rei­ben läßt. Bei lang­sa­mer Erkal­tung nach dem Flus­se zieht sich sei­ne Ober­flä­che in strah­len­för­mig aus dem Mit­tel­punk­te lau­fen­de Strie­fen zusam­men, wor­auf die Al-che­mis­ten eine unnö­thi­ge Bedeu­tung leg­ten und ihn ges­tern­ten Spieß­glanz­kö­nig (Regu­lus anti­mo­nii stel-latus) nann­ten.

Die Alten gos­sen aus dem Metal­le Becher (Brech­be­cher), wor­in man Wein eini­ge Zeit ste­hen ließ, um ihn dann als ein (unsich­res) Brech­mit­tel zu sich zu neh­men; auch gos­sen sie klei­ne Kügel­chen, die man Kran­ke zu pur­gi­ren ein­neh­men, und sie immer wie­der rei­ni­gen ließ, wenn sie von unten abge­gan­gen waren, um sie zu glei­chem Behu­fe wie­der ein­neh­men zu las­sen; zuwei­len zu funfzig ver­schied­nen Mah­len. Man nann­te sie immer­wäh­ren­de Pil­len (Pilulae per­pe­tu-ae). Man nahm nur eine auf einmahl.

Nach einer alt­mo­di­gen und kost­spie­li­gen Art ließ man den Spieß­glanz­kö­nig auch so ver­fer­ti­gen, daß man ein Gemisch von 8 Unzen rohem Spieß­glanz, 6 Unzen rohem Wein­stei­ne und 3 Unzen gerei­nig­tem Sal­pe­ter all­mäh­lich in einen glü­hen­den Schmelz­tie­gel trug. Nach­dem alles ver­puf­fet ist, läßt man die Mas­se im bedeck­ten Tie­gel weiß glü­hen und voll­kom­men flie­ßen und gießt sie dann in den erhitz­ten, mit Fett aus­ge­stri­che­nen Gießpu­ckel. Der unten ste­hen­de König beträgt etwas mehr als 3 Unzen, die aus spieß-glan­zi­ger Schwe­fel­le­ber bestehen­den Schla­cken aber (Scoriae regu­li anti­mo­nii) betra­gen 7 Unzen; sie feuch­ten an der Luft und müs­sen in ver­schlos­se­nen Gefä­ßen auf­ge­ho­ben wer­den. Man berei­tet die Spieß­glanz­sei­fen daraus.

Wenn man acht Thei­le rei­ne Eisen­fei­le in einem geräu­mi­gen Schmelz­tie­gel glü­hend macht, 17 Thei­le rohen Spieß­glanz dazu schüt­tet und im bedeck­ten Tie­gel in dün­nen Fluß kom­men läßt, dann aber zwei Thei­le Sal­pe­ter in klei­nen Por­tio­nen auf die flie­ßen­de Mas­se trägt, und sie nach der Ver­puf­fung in einen hei­ßen, mit Fett bestri­che­nen Gießpu­ckel aus­gießt, an den man gelin­de klopft, so fin­det sich oben eine bräun­li­che eisen­hal­ti­ge Schla­cke (scoriae regu­li anti-monii mar­tia­ti) aus wel­cher sich beim Aus­sü­ßen mit Was­ser ein Eisen­kalk, Stahls eröf­nen­der Eisen­sa­fran (Cro­cus mar­tis ape­ri­ti­vus Stahlii) abschei­det – unten aber ein mit etwas Eisen ver­bun­de­ner Spieß­glanz­kö­nig (regu­lus anti­mo­nii mar­tia­tus, sti­bi­um mar­tia-tum), ein uner­heb­li­ches Prä­pa­rat zu fin­den ist. Die Ver­puf­fung des lez­tern mit glei­chen Thei­len Sal­pe­ter gie­bt den mar­tia­li­schen Spieß­glanz­kalk (Bezo­ar­ti­cum mar­tia­le, Anti­mo­ni­um dia­pho­re­ti­cum mar­tia­le, Pul-vis cach­ec­ti­cus Ludo­vici).

Noch zwei­deu­ti­ger waren in alten Zei­ten die Zusam­men­schmel­zun­gen des eisen­hal­ti­gen Spieß­glanz­kö­nigs mit glei­chen Thei­len Zinn (regu­lus anti­mo­nii stan­neus, s. jovia­lis, Elec­trum minus), wel­cher zu Poter’s Schwind­suchts­pul­ver (Anti­hec­ti­cum Pote­rii, Bezo­ar­ti­cum jovia­le) ward, wenn man ihn mit 4 Thei­len Sal­pe­ter hat­te ver­puf­fen las­sen – oder wenn man wohl gar noch Kup­fer dar­un­ter schmolz (Metall­kö­nig, regu­lus metall­orum).

Wenn man gröb­lich gepül­ver­ten Spieß­glanz­kö­nig auf den Boden eines sehr geräu­mi­gen Schmelz­tie­gels oder eines irde­nen ungla­sur­ten Topfs schüt­tet, einen wohl­pas­sen­den irde­nen Deckel mit einem Loche in der Mit­te dicht über das Pul­ver legt, so daß noch ein ansehn­li­cher Raum dar­über im Schmelz­tie­gel bleibt, über den man oben­über noch einen Deckel klebt, und den Schmelz­tie­gel nur so weit in einen Wind­ofen setzt, daß bloß der unte­re Theil, der den schmel­zen­den Spieß­glanz­kö­nig ent­hält, im Glü­hen blei­be, so zer­setzt sich bei fort­ge­setz­tem star­kem Feu­er all­mäh­lich aller Spieß­glanz­kö­nig zu glän­zen­den wei­ßen Nadeln, sil­ber­far­be­ne Spieß­glanz­blu­men (Flo­res regu­li anti­mo­nii argen­tei, Nix anti­mo­nii), die sich sub­li­mi­ren und in dem ledi­gen Rau­me des Tie­gels oder Topfs anle­gen. Sie sol­len in Was­ser auf­lös­lich seyn und selbst zu einem Skru­pel auf die Gabe kaum Uebel­keit oder Erbre­chen erre­gen. Die Alten hiel­ten sie für ein Aus­düns­tung beför­dern­des Mit­tel und für dien­lich in Wech­sel­fie­bern, in Skro­pheln und Hautau­schlä­gen. Neue­re Ver­su­che feh­len. Indes­sen schei­nen sie vom schweiß­trei­ben­den Spieß­glanz­kal­ke nicht sehr ver­schie­den zu seyn, aus­ser daß sie sich weit leich­ter in Salz­säu­re und Königs­was­ser auf­lö­sen als die­ser. Aehn­li­che Blu­men geben die weiß­graue Spieß­glanz­a­sche, das Alga­rot­ti­pul­ver, das Spießglanzglas.

Wenn man den gepül­ver­ten Spieß­glanz­kö­nig mit glei­chen Thei­len gerei­nig­tem Sal­pe­ter im glü­hen­den Schmelz­tie­gel ver­puf­fen läßt, und den ent­stan­de­nen wei­ßen Kalk wohl mit Was­ser aus­süßt, so führt er den Nah­men Spieß­glanz­weiß (Cerus­sa anti­mo­nii), ein voll­kom­me­ner Spieß­glanz­kalk, von dem soge­nann­ten schweiß­trei­ben­den nicht verschieden.

Nimmt man zu 2 Unzen eisen­hal­ti­gem Spieß­glanz­kö­nig 10 Unzen gerei­nig­ten Sal­pe­ter, trägt die inni­ge Mischung löf­fel­wei­se in einen glü­hen­den Tie­gel, wo man sie ver­puf­fen und dann noch zwei Stun­den schmel­zen läßt, (bis ein glim­men­der, über die flie­ßen­de Mas­se gehal­te­ner Holz­span sich nicht wie­der von selbst ent­zün­det), und gießt sie nun in einen erwärm­ten eiser­nen Mör­sel, pül­vert die Mas­se dar­in und trägt sie noch ganz heiß in eine glä­ser­ne Fla­sche zu 24 Unzen erwärm­tem, mög­lichst Was­ser­frei­em Wein­geis­te, so ent­steht aus dem von Zeit zu Zeit umge­schüt­tel­ten und in der wohl­ver­stopf­ten Fla­sche bei etwa 100° Fahr. vier Tage lang diger­ir­ten Gemi­sche eine dun­kel­ro­the, fast undurch­sich­ti­ge Tink­tur, die schar­fe Spieß­glanz­tink­tur (Tinc­tu­ra anti­mo­nii acris s. regu-lina) eine wah­re, rei­ne und von allen Spieß­glanzt­hei-len freie Auf­lö­sung des ätzen­den Lau­gen­sal­zes im Wein­geis­te, die man in Fla­schen mit Glas­stöp­seln auf­be­wahrt, da Kork von dem Duns­te zer­fres­sen wird. Den Rück­stand kann man noch ein­mahl mit 12 Unzen und wenn die­se abge­gos­sen sind, noch mit 6 Unzen Wein­geist diger­i­ren, die durch­ge­sei­he­ten drei Aus­zü­ge aber zuletzt zusam­men­mi­schen. Eine ähn­li­che Tink­tur berei­tet man mit Hül­fe des ober­wähn­ten Metall­kö­nigs und nennt sie dann Tinc­tu­ra metall­orum, und Lili­um Para­cel­si.

Das Lau­gen­salz des Sal­pe­ters erlangt durch die­ses Schmel­zen mit dem Metal­le eine weit grö­ße­re, obwohl ähn­li­che Schär­fe, als das gemei­ne Aetz­lau­gen­salz besitzt, wor­aus die soge­nann­te Wein­stein­tink­tur gezo­gen wird, die ähn­li­che, nur nicht so kon­zen­trir­te Kräf­te, als die schar­fe Spieß­glanz­tink­tur, besitzt. Die neu­ern Leug­ner einer eigen­ar­ti­gen Säu­re an der Stel­le der Luft­säu­re in dem ätzen­den Lau­gen­sal­ze mögen aus der Arz­nei­kun­de die Zurecht­wei­sung anneh­men, daß die hef­ti­gen Wir­kun­gen eini­ger (oft nur 2 bis 10) Trop­fen einer die­ser bei­den Tink­tu­ren unmög­lich von dem ein­zel­nen Gra­ne etwa dar­in vor­han­de­nen Lau­gen­sal­zes her­rüh­ren kön­nen, dem blos die Luft­säu­re feh­le, son­dern daß ein ganz and­rer Stoff dar­in herr­sche, weil die­se weni­gen Trop­fen nicht nur mit vie­lem Geträn­ke ver­dünnt, son­dern auch mit zwan­zig­mahl mehr Säu­re, als das weni­ge Lau­gen­salz etwa zur Sät­ti­gung braucht, ver­mischt, und, was mehr als alles sagen will, selbst in luft­sauerm Was­ser ein­ge­nom­men, ihre hef­ti­gen Wir­kun­gen zu äußern nicht unterlassen.

Die schar­fe Spieß­glanz­tink­tur erregt in mehr als mäsi­ger Gabe (zuwei­len schon zu 4 und 5 Trop­fen bei emp­find­li­chen Per­so­nen) Fie­ber mit Käl­te, Kopf­weh und Schweiß, eine Emp­fin­dung von Gelähmt­heit in allen Glie­dern, Schwin­del, Zit­tern, Haut­aus­schlä­ge, rei­ßen­de Schmer­zen in meh­rern Thei­len des Kör­pers, u.s.w. und ist geeig­net, eini­ge Glie­der­schmer­zen hin­weg­zu­neh­men. Die gewöhn­li­che Gabe ist 2 bis 15 Tropfen.

Mit die­ser ist nicht zu ver­wech­seln die soge­nann­te tar­ta­ri­sir­te Spieß­glanz­tink­tur (Tinc­tu­ra anti­mo­nii tar­ta­ri­sa­ta), wel­che ent­steht, wenn man Einen Theil rohen Spieß­glanz mit zwei Thei­len gerei­nig­tem Pota-schlau­gen­sal­ze, wohl gepül­vert und gemischt, in einem bedeck­ten Schmelz­tie­gel zwei Stun­den lang, die lez­te hal­be Stun­de in Weiß­glüh­hit­ze, schmelzt, bis die Mas­se hell­gelb gewor­den, sie dann, im hei­ßen eiser­nen Mör­sel gepül­vert, noch heiß in eine Fla­sche, zu 8 Thei­len Wein­geist trägt, und das Gemisch so lan­ge unter Umschüt­teln diger­irt, bis der Wein­geist eine dun­kel­brau­ne Far­be ange­nom­men hat. Mit dem Rück­stan­de diger­irt man noch­mahls vier Thei­le Wein­geist, fil­trirt die bei­den Tink­tu­ren, mischt sie zusam­men und hebt sie in ver­stopf­ten Fla­schen auf. Es ist die geis­ti­ge Auf­lö­sung einer Spieß­glanz­le­ber, und ihre Kräf­te sind noch so unbe­stimmt, als ihre Halt­bar­keit von gerin­ger Dau­er ist. Ihr ähn­lich, das ist, eben­falls mit Spieß­glanz­schwe­fel­le­ber geschwän­gert, gie­bt es meh­re nahm­haf­te Tink­tu­ren, aber von mehr zusam­men­ge­setz­ter Berei­tungs­art, als der Plan die­ses Werks vor­zu­tra­gen erlaubt, z.B. die Gme­lin­sche, Man­gol­di­sche, Buchholzische.

Der in der Arz­nei gebräuch­lichs­te, voll­kom­me­ne Spieß­glanz­kalk ist der schweiß­trei­ben­de Spieß­glanz (Anti­mo­ni­um dia­pho­re­ti­cum, Calx anti­mo­nii alba, Dia­pho­re­ti­cum mine­ra­le). Zu einem Thei­le rohem gepül­ver­tem Spieß­glan­ze nahm man zu die­ser Absicht ehe­dem drei Thei­le, jezt nimmt man mit vol­lem Rech­te, nur 21/​2 Thei­le gerei­nig­ten Sal­pe­ter, trägt das fein­ge­pül­ver­te Gemisch löf­fel­wei­se in einen glü­hen­den Schmelz­tie­gel, stößt, wenn das Ver­puf­fen jeder Por­ti­on vor­über ist, jedes­mahl die an die Sei­ten des Tie­gels ange­flo­ge­nen Spieß­glanz­blu­men hin­un­ter, um auch sie durch das sal­pe­ter­hal­ti­ge Gemisch zer­stö­ren zu las­sen, pül­vert die ver­puff­te Mas­se in einem war­men, eiser­nen Mör­sel und schüt­tet sie noch heiß in hei­ßes Was­ser, rührt sie wohl um, läßt, wenn der Kalk sich abge­setzt hat, das kla­re Was­ser durch die Sei­ten­öf­nun­gen des Absü­ßungs­topfs abflie­ßen, und erneu­ert das Umrüh­ren mit neu­em sie­den­dem Was­ser, bis zulezt ein durch Essig­dampf gerö­the­tes Lack­mus­pa­pier von dem Aus­sü­ßungs­was­ser nicht mehr blau wird. In die­sem Was­ser rührt man den Boden­satz schnell um, läßt alles Weiß­trü­be, was sich bin­nen etli­chen Sekun­den nicht nie­der­ge­senkt hat, durch die Sei­ten­öf­nung des Topfs in ein Zucker­glas aus­lau­fen, rührt das Zurück­ge­blie­be­ne wie­der mit fri­schem Was­ser um, und fährt so fort, das im Was­ser fein­ver­brei­te­te Trü­be her­aus in das Zucker­glas abzu­zap­fen und dar­in sich all­mäh­lich zu Boden sen­ken zu las­sen, bis aller schweiß­trei­ben­der Spieß­glanz­kalk auf die­se Art von den grö­bern, schwe­ren, regu­li­ni­schen Thei­len abge­schlemmt und zur größ­ten Zart­heit gedie­hen ist. Die­ser Satz wird auf Druck­pa­pier, über aus­ge­spann­te Lein­wand gebrei­tet, abge­tröp­felt, und, getrock­net, in einer ver­stopf­ten Fla­sche verwahrt.

Bei jet­zi­gen theu­ern Prei­sen des gerei­nig­ten Sal­pe­ters wird man jedoch weit räth­li­cher zum Zwe­cke gelan­gen, wenn man statt jenes Sat­zes glei­che Thei­le zur grau­li­chen Wei­ße kal­zi­nir­te Spieß­glanz­a­sche und völ­lig gerei­nig­ten Sal­pe­ter zusam­men zur Ver­puf­fung ein­trägt, mit dem Aus­sü­ßen und Schlem­men aber übri­gens ver­fährt, wie schon gedacht worden.

Wird aber in bei­den Fäl­len die ver­puff­te gelb­lich­wei­ße Mas­se nicht aus­ge­laugt, son­dern so, wie sie ist, in ver­stopf­ten Glä­sern gepül­vert auf­be­wahrt, so führt sie den Nah­men anti­mo­ni­um dia­pho­re­ti­cum non ab-lutum, Calx anti­mo­nii non elo­ta.

Wenn das ers­te Aus­sü­ßungs­was­ser des schweiß­trei­ben­den Spieß­glanz­kal­kes bis zur Tro­cken­heit abge­duns­tet wird, so ent­steht eine aus Vitriol­wein­stein, Sal­pe­ter mit unvoll­kom­me­ner Sal­pe­ter­säu­re (die sich dar­aus durch Zusatz selbst durch jede Pflan­zen­säu­re in Dunst­ge­stalt unter Schei­de­was­ser­ge­ruch ent­bin­det) und in Lau­gen­salz auf­ge­lö­se­tem Spieß­glanz­kal­ke zusam­men­ge­setz­te Salz­mas­se, ein­ge­dick­ter Spieß­glanz­sal­pe­ter (Nitrum anti­mo­nia­tum ins­pis­sa­tum) genannt, die man in ver­schlos­se­nen Gefä­ßen auf­hebt, und wel­che von Aerz­ten, die die unge­wis­sen, zusam­men­ge­setz­ten Mit­tel lie­ben, für ein auf­lö­sen­des und schweiß­trei­ben­des Mit­tel aus­ge­ge­ben wor­den ist.

Schei­det man aber die krystal­li­sir­ba­ren Sal­ze durch Krystal­li­sa­ti­on aus die­ser Salz­mas­se ab, so füh­ren sie blos den Nah­men Spieß­glanz­sal­pe­ter (Nitrum anti­mo­nia­tum), wovon die unan­schieß­ba­re Lau­ge auf Zusatz irgend einer Säu­le einen fei­nen Spieß­glanz­kalk fal­len läßt, wel­cher abge­wa­schen und getrock­net, den Nah­men Per­len­ma­te­rie (Mate­ria per­la­ta, Magis­te-rium anti­mo­nii dia­pho­re­ti­ci) bekom­men hat, wie­wohl sie vor den Kräf­ten des schweiß­trei­ben­den Spieß­glan­zes nichts vor­aus hat.

Sobald man bei Berei­tung des schweiß­trei­ben­den Spieß­glan­zes nicht zugleich die Gewin­nung des empi­ri­schen und ver­werf­li­chen Spieß­glanz­sal­pe­ters beab­sich­ti­get, da sol­len, wie Hermb­städt und Spiel­mann ver­si­chert, auf einen Theil rohen Spieß­glanz schon zwei Thei­le gerei­nig­ter Sal­pe­ter zur Ver­kal­kung hin­rei­chend seyn, doch hat Boer­have und Leme­ry den aus­ge­süß­ten gelb­lich­ten Kalk etwas bre­chen erre­gend und abfüh­rend gefunden.

Der voll­kom­me­ne schweiß­trei­ben­de Spieß­glanz­kalk ist weiß, und ohne Geschmack und Geruch. Er löset sich nicht in erwärm­ter Koch­salz­säu­re auf, wohl aber durch Kochen in weni­ger als 400 Thei­len Was­ser und zeigt in die­ser Auf­lö­sung die Eigen­schaf­ten einer Metall­säu­re; das auf­ge­lö­se­te Ammo­ni­ak­kup­fer wird von ihr bläu­licht­grün­lich nie­der­ge­schla­gen. Die Aerz­te geben es in Pul­ver, in gro­ßen und klei­nen Gaben, ohne daß sie sich noch bis jezt ver­ei­ni­gen kön­nen, ob die­ser Kalk im mensch­li­chen Kör­per ganz unkräf­tig sey, oder ob er eini­ge Kräf­te und wel­che er habe. Man hat ihm auf gut Glück eine Aus­düns­tung beför­dern­de Eigen­schaft zuge­schrie­ben. Wür­de man ihn in destil­lir­tem Was­ser auf­gelößt geben, so wür­de man siche­rer entscheiden.

Man behaup­tet daß er, lan­ge auf­be­wahrt, eine er-meti­sche Kraft erlan­ge; eine unwahr­schein­li­che Mei­nung, die auch Lemery’s Erfah­run­gen gegen sich hat. Ein sol­cher erme­ti­scher Spieß­glanz­kalk ward wahr­schein­lich unrich­tig zube­rei­tet, oder man hat­te nicht gerei­nig­ten Sal­pe­ter zur Ver­puf­fung genommen.

Der schweiß­trei­ben­de Spieß­glanz, noch sie­ben­mahl mit fri­schem Sal­pe­ter geschmol­zen, und jedes­mahl mit Was­ser aus­ge­süßt, gie­bt ein alt­mo­di­ges Prä­pa­rat das Poud­re de la Che­val­ler­ay, wel­ches von ersterm nicht ver­schie­den ist.

Es läßt sich von einem recht­schaff­nen Apo­the­ker nicht den­ken, daß er ein ver­fälsch­tes Anti­mo­ni­um dia-pho­re­ti­kum hegen soll­te, da er es nicht kau­fen, son­dern stets selbst berei­ten muß. Der Dro­gu­ist aber über­zeugt sich von der Ver­fäl­schung mit Krei­de oder Blei­weiß durch das Auf­brau­sen mit Essig, da dann die ein­ge­dick­te Auf­lö­sung mit etwas Oel ver­mischt und im eiser­nen Löf­fel geglüht ein Blei­korn zei­gen wird, wenn dieß bös­ar­ti­ge Metall dar­in vor­han­den war.