Seife (Sapo) nennt man die Verbindung eines sauern oder alkalischen Salzes mit Fettigkeiten zu einem in Wasser und Weingeist auflöslichen Mittelkörper.
Um die gemeine saure Seife (Sapo acidus s. vitri-olatus, ex oleo olivarum) zu bereiten, setzt man zu zwei Unzen des reinsten, in einen gläsernen Mörsel geschütteten Baumöls, nur tropfenweise, unter stetem Reiben, eine Unze reiner, concentrirter Vitriolsäure und läßt die entstandene gelbe Masse einige Tage offen in der Kälte stehen, bis sich der überschüssige Theil der Säure abgesondert hat, die man dann abgießt; die Masse arbeitet man nochmahls durch und trägt sie auf vielfaches Fließpapier, auf dem sie ihre saure Feuchtigkeit größtentheils verliert und erhärtet. Die nun in so wenig als möglich kochendem Wasser aufgelößte Masse scheidet sich dann beim völligen Erkalten obenauf in weißen Flocken ab, welche man abnimmt, trocknet und in verschlossenen Gläsern aufbewahrt, wenn sie keinen sauren, sondern rein seifenhaften Geschmack besitzt; im entgegengesetzten Falle müßte sie durch Wiederauflösen in kochendem Wasser und Erkalten nochmahls abgeschieden und so von aller vorstechender Säure befreyet werden.
Eine ähnliche saure Seife, und auf gleiche Weise verfertigt man mit Mandelöl oder Kakaobutter (Sapo acidus ex oleo amygdalarum, ex butyro cacao) nur daß zu lezterer der Mörsel bis zum Zergehen der Kakaobutter vorher erwärmt seyn muß.
Alle diese sauern Seifen scheinen ziemlich einerley Arzneikräfte zu haben, von welcher Art diese aber genau sind, weiß man noch nicht gewiß; denn die vielen Lobsprüche derselben im Nieren- und Blasenstein, in Skirrhen der Brüste, in den hartnäckigsten Wechselfiebern, in Verstopfungen der Eingeweide, in Wassersucht, Gelbsucht und unterdrückter Monatreinigung sind mehr geeignet, Mistrauen, als Glauben zu erregen. Eine harntreibende Kraft bei inflammatori-scher Wassersucht möchte noch das wahrscheinlichste seyn. In einigen Fußgeschwülsten will man sie mit Nutzen äusserlich eingerieben haben.
Man giebt sie zu vier, zehn und mehr Gran in destillirtem Wasser aufgelößt, ohne den mindesten weitern Zusatz, da sie von einer Menge Substanzen sogleich zersetzt und unkräftig wird.
Aeltern Ursprungs und häufigern Gebrauchs ist die Verbindung ätzender Laugensalze mit Fettigkeiten, eine Verbindung, die man vorzugsweise Seife (Sapo) nennt. Die medizinische Seife (Sapo medicatus) zum innern Gebrauche bereitet man am besten dergestalt, daß man vier Theile (auf eben die Weise, wie unter Aetzstein vom Potaschlaugensalze gelehrt, von Minerallaugensalz verfertigtes) trocknes ätzendes Sodalaugensalz in sechs Theilen heißem Wasser auflöst, zehn Theile Provenceröl in einem steinzeugnen Gefäße darunter mischt, die Mischung auf einen warmen Stuben-Ofen stellt, und so lange mit einem hölzernen Stabe von Zeit zu Zeit umrührt, bis sie etwa in 5 bis 6 Tagen ganz weiß wird, und von der Konsistenz der Seife.
Eine ähnliche Seife kann man mit Mandelöl (Sapo amygdalinus) bereiten, und mit Kakaobutter (Sapo e butyro Cacao, Sapo Gravenhorstianus).
Man sollte sich keiner andern als einer von diesen dreien zum innern Gebrauche bedienen, da die andern bekannten Seifen theils unreinlich und aus schmutzigen Substanzen fabrikmäßig zu äusserm Gebrauche verfertigt, theils in kupfernen Kesseln und im Sieden bereitet, auch wohl mit fremdartigen Dingen, des bunten Ansehns willen, vermischt werden – die gemeine Hausseife (Sapo mollis, vulgaris, communis) aus potaschlaugensalziger Seifensiederlauge (Lauge der Seifensieder) und Talg, mit einem Zusatze von Kochsalz zu Ende des Siedens, die grüne oder schwarze Seife (Sapo niger, s. viridis) aus eben dieser Lauge und Hanf- Lein- Rüböl oder Heringsthran; die ver-schiednen italienischen und französischen aus Baumöl und Soda; und obgleich die sogenannten harten Seifen (sapones duri), die alikantische oder spanische Seife (Sapo alicantinus, aloniensis, hispanicus) so wie die venedische, zwar ebenfalls aus leztern Stoffen zusammengesetzt, aber nicht in kupfernen, sondern von Steinen zusammengesetzten Kesseln gekocht worden, so ist es doch unausgemacht, ob die marmor-irten Flecken der letztern von dem Kupfervitriol, dem Indig oder unschädlichern Beimischungen ihren Ursprung herleiten, und zugleich einleuchtend, daß man bei Bereitung aller derselben nur fabrikmäßig zu Werke geht, das ist, nicht die unverdorbensten Oele und nicht die größte Reinlichkeit zu Hülfe nimmt, weshalb man sie alle, wie billig, vom innern Gebrauche ausschließt.
Eine gute medizinische Seife muß keinen übeln Geruch, keinen ätzenden, kralligen Geschmack besitzen, sich in destillirtem Wasser und Weingeist völlig auflösen, ohne Oeltropfen obenauf schwimmen zu lassen und an der Luft trocken bleiben.
Man bedient sich der medizinischen Seife innerlich in verschiednen Gaben, theils aufgelöst in Wasser oder Milch gegen verschluckten Arsenik und Sublimat, theils (wie ehedem vor Erfindung des zweckmäßigern sodalaugensalzigen Sauerluftwassers geschah) in Kalkwasser aufgelöst gegen die Zufälle vom Blasensteine, theils aber auch in Zusammensetzung mit andern Substanzen, vorzüglich bittern Extrakten und Gummiharzen, um damit, unglaublicher Weise, die zähen Säfte zu verdünnen, die (ungesehnen) Verstopfungen der Eingeweide zu zertheilen, und alle die Gefäße zu reinigen, wodurch sie gehn. Sie mag allerdings außer ihrer Säure tilgenden (aber zugleich Magen schwächenden) Eigenschaft, zugleich noch andre eigenthümliche arzneiliche Tugenden besitzen, die von denen der reinen Alkalien und reinen Fettigkeiten abweichen; sie liegen aber noch ganz im Dunkeln.
Der gemeine Mann nimmt große Portionen schwarze Seife in Auflösung ein, um die Gelbsucht zu vertreiben; ein gewagtes Verfahren.
Durch alle Säuren, selbst die Luftsäure, werden die Seifen zersetzt, so wie durch alle erdige und metallische Salze; daher wird auch die Seife durch gemeine Brunnenwasser zerstört, welche luftsaure erdige Salze enthalten. Mit dergleichen Substanzen darf sie also nicht zugleich in den Körper gebracht werden.
Aeußerlich ist die Seife als Klystier in 32 Theilen Wasser aufgelöst ein sehr wirksames Leib eröfnendes Mittel. Man legt sie in mancherlei Form auf ver-schiedne Geschwülste auf, mit abweichendem Erfolge, und ebenfalls gegen Geschwülste wendet man äußerlich zur Zertheilung die Auflösung eines Theils der spanischen oder venedischen Seife in drei Theilen Weingeist (allenfalls noch mit Zusatz eines halben Theiles Potaschlaugensalz), den Seifenspiritus (Spiritus Saponis) in gewissen Fällen mit Nutzen an.
Die Alten bedienten sich auch zum innerlichen Gebrauche einer mit destillirten Oelen zusammengesetzten Seifenart, deren Verbindung aber nicht vollkommen ist. Der Erfinder Starkey bereitete sie auf einem langweiligen und fast ungewöhnlichen Wege aus geschmolzenem Weinsteinlaugensalze und Terbenthinöl durch kalte Digestion im Keller. Leichter bereitet man die Starkeyische Seife (Sapo chemicus, tartareus, te-rebinthinatus, Corrector Starkey, Matthaei), wenn man einen Theil geschmolzenes, ätzendes gepülvertes Gewächslaugensalz (Aetzstein) mit fünf Theilen Terbenthinöl übergossen, in einem Kolben destillirt, und das übergegangene Oel so oft wieder zurückgießt, bis der Rückstand seifenartig ist; oder wenn man eine Unze geschmolzenen Aetzstein noch ganz warm mit etwas dickem Terbenthine im Mörsel zusammenreibt, und etwa drei Unzen Terbenthinöl halb Quentchenweise unter stetem Reiben dazu setzt, bis die Vereinigung geschehen, und die Masse zu einer wahren Seife geworden ist, wozu einige Stunden nöthig sind.
Starkey gab dies Präparat für ein Verbesserungsmittel aller drastisch wirkenden und narkotischen Arzneien aus, zu einigen Granen auf die Gabe; aber, wie man leicht einsieht, vergeblich. Jetzt wird es nicht geachtet. Eine Vermischung des gewünschten ätherischen Oels mit medizinischer Seife wird ihre Stelle sehr gut ersetzen, wo nöthig.
Die Vereinigung des ätzenden Ammoniaklaugensalzes mit ätherischen Oelen und Weingeist, das flüchtige Oelsalz des Sylvius (unter Salmiak) und das Luciuswasser sind wahre Seifen alkalischer Art, (wohin man auch das flüchtige Liniment rechnen könnte), so wie der Zucker eine natürliche saure Seife ist.
Die sogenannten Kämpfischen Harzseifen, die Guajakseife, die Gummiammoniakseife, u.s.w. sind keine wahren Seifen, sondern Verbindungen dieser Gummiharze mit Spießglanziger Schwefelleber; unter Spießglanz.