Purgirkroton

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Pur­gir­kro­ton, Cro­ton Tig­li­um, L. [Rumpf, Ambo­in. 4. tab. 42.] mit eiför­mi­gen, glat­ten, zuge­spitz­ten, säge­ar­tig gezahn­ten Blät­tern, ein baum­ar­ti­ger Strauch auf den Molu­cki­schen Inseln, auf Mala­bar und Zey­lon einheimisch.

In jedem der drei Fächer der Samen­kap­seln liegt ein läng­licht run­der, etwas ecki­ger, auf der einen Sei­te bau­chi­ger Samen (Pur­gir­kör­ner, gra­na tig­lii, tig­lia, til­li), wel­cher, etwas grö­ßer als ein Rizi­nus­sa­men, unter einer glat­ten, dün­nen, dun­kel­grau­en Scha­le einen ölich­ten, in zwei Thei­le sich tren­nen­den Kern ent­hält, wel­cher weit mehr als sei­ne Scha­le, einen anfangs blos wid­ri­gen, all­mäh­lich aber äußerst anhal­tend bren­nen­den Geschmack von sich gie­bt, wovon, wenn man etwas zuviel gekau­et hat, der Schlund ent­zün­det zu wer­den scheint. Sei­ne unge­mei­ne, wie man meint, selbst die Kolo­quin­te über­tref­fen­de Pur­gir­kraft hat ihn mehr berüch­tigt als berühmt gemacht. Die Alten haben zuwei­len nicht nur einen gan­zen Samen (abge­schält und ganz) auf die Gabe ein­neh­men las­sen, son­dern sogar bis zu drei Stü­cken, da doch star­ke Män­ner auf den Molu­cken schon von vier Kör­nern get­ödet wor­den sind.

Das aus den Samen gepreß­te Oel (ol. expr. Gran, til.) hat schon zu einem Trop­fen inner­lich genom­men den stärks­ten Mann pur­girt, am bes­ten unter einen Eßlöf­fel Man­del­öl gemischt, und bei Wür­mern ließ man es bis zu zwölf Trop­fen (unter eine Sal­be gemischt) in die Gegend des Nabels ein­rei­ben, mit star­kem Erfol­ge. Damals hat man in Erfah­rung gebracht, daß das blo­ße Anrie­chen des Oeles schon pur­girt, und weich­te des­halb Zitro­nen oder Pome­ran­zen dar­in einen Monat ein, und gab sie (mit San­del­holz bestreut) zum Rie­chen dem Kran­ken, da dann so oft Stuhl­gang erfolgt sei, als man dar­an habe rie­chen lassen.

Wenn die Wir­kung sehr stark ist, so pflegt auch Erbre­chen zu erfol­gen, ein Bren­nen bis zum After, und Anwand­lun­gen von Ohnmacht.

Die­se hef­ti­gen, jetzt wenig gebräuch­li­chen Mit­tel, wür­den auf­hö­ren bedenk­lich zu seyn, wenn man sie in gehö­rig gemä­sig­ter Gabe zu ver­ord­nen ver­stan­den hät­te. Ein Gran war bei den Alten das kleins­te medi­zi­ni­sche Gewicht; sie ver­ord­ne­ten lie­ber zu Skru­peln und Quent­chen. Jetzt erst fängt man an, ein­zu­se­hen, daß sich ein Gran eben so gut thei­len läßt, als eine Unze. Wie genau lie­ße sich nicht die­ser Samen, als Emul­si­on zur Auf­lö­sung gebracht, der­ge­stalt ein­neh­men, daß der Arzt bestim­men könn­te, ob der Kran­ke den zehn­ten oder den hun­derts­ten Theil eines Gra­nes bekom­men soll­te, bis zu einer so her­ab­ge­stimm­ten Gabe, daß man sie all­zu schwach zur Absicht fin­den wür­de. Lie­ße sich nicht das theu­re oft ver­fälsch­te, oft ver­dorb­ne Rizi­nus­öl gegen fri­sches Man­del­öl ver­tau­schen, wenn eine gewis­se Men­ge des obge­dach­ten Oeles genau damit ver­mischt wor­den? Lie­ßen sich dann die nöthi­gen Gra­de der Stär­ke des Pur­gi­r­öls nicht durch die­sen Zusatz nach Will­kühr erhö­hen und min­dern? Doch dieß bleibt künf­ti­gen Zei­ten auf­be­wahrt, aus den kräf­tigs­ten Sub­stan­zen die mil­des­ten Wir­kun­gen zu ziehen.

Im Band­wur­me hat man die­sen Samen mit Erfolg gegeben.

Das Holz die­ses Baums, oder sei­ner Wur­zel (Pur-gir­holz Lig­num Moluc­cen­se, Lig­num Pana­va, Pava-na) ist mit einer asch­grau­en Rin­de bedeckt, von schwam­mi­ger locke­rer Tex­tur, leicht, von blas­ser Far­be, von bei­ßend bren­nen­dem Geschma­cke, und ekel­haf­tem (bei dem noch hie und da anzu­tref­fen­den aber, unmerk­li­chem) Geru­che. Man gab das schon eini­ge Zeit auf­be­wahr­te vor­mals zum Pur­gi­ren bis zum Quent­chen; in der Absicht, Schweiß zu erre­gen, aber zu zehn und zwan­zig Gran, ver­muth­lich noch um das Drei­fa­che zu gro­ße Gaben. Vor­züg­lich in der Was­ser­sucht schätz­te man ehe­dem sei­ne abfüh­ren­de und schweiß­trei­ben­de Wir­kung. Etwas kal­tes Was­ser nach­ge­trun­ken, soll schnell sei­ne Wir­kun­gen hem­men und auf­he­ben; And­re sagen Haber­grütz- oder Reisbrühe.

Holz und Samen schei­nen außer der pur­gi­ren­den, noch and­re Wir­kun­gen in die Ner­ven zu ver­ra­then, da man Fische und Vögel fast augen­blick­lich damit töden kann.