Purgirkreutzdorn

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Pur­gir­kreutz­dorn, Rham­nus cathar­ti­cus, L. [Zorn, pl. med. tab. 203.] mit Dor­nen an den Spit­zen der Zwei­ge, viert­hei­li­gen Blu­men mit halb und ganz getrenn­ten Geschlech­tern, eiför­mi­gen Blät­tern, und auf­rech­tem Sten­gel, ein ziem­lich star­ker Strauch in Hecken und Zäu­nen auf nicht all­zu feuch­ten Boden, wel­cher im Mai büschel­wei­se gelb­lich grün blüht.

Die erb­sen­gro­ßen, an der Spit­ze mit einem erhab­nen Punk­te bezeich­ne­ten, im Rei­fen sich schwär­zen­den Bee­ren (Bac­cae spinae cer­vin­ae), wel­che ein schwarz­grü­nes saf­ti­ges Mark von etwas wid­ri­gem Geru­che und bit­ter­lich schärf­li­chem, ekel­haf­tem Ge-schma­cke, und vier läng­lich­te, fast drei­kan­ti­ge Samen ent­hal­ten, sind seit lan­gen Zei­ten ihrer Pur­gir­kraft wegen bekannt. Gewöhn­lich braucht man sie als aus­ge­preß­ten Saft mit Zucker und meh­rern (hin­der­li­chen) Gewür­zen zum Sirup ein­ge­kocht (Syr. de spi­na cer­vi-na, Syr. rham­ni cathar­ti­ciund Syr. Dome­sti­cus, also genannt, weil sich Kai­ser Maxi­mi­li­an des­sel­ben als einer Haus­arz­nei auf eig­ne Hand beim Poda­gra bedien­te, statt des­sen er frei­lich etwas bes­sers hät­te brau­chen kön­nen.) Die Edin­bur­ger haben ihn zuerst ver­ein­facht und zu drei Thei­len Saft zwei Thei­le Zucker genom­men. In ältern Zei­ten nahm man auch die Bee­re vor sich zum Pur­gi­ren, zehn und meh­re­re Stück fri­sche auf die Gabe, von den getrock­ne­ten und zu Pul­ver gerie­be­nen aber, bis zu andert­halb Quent­chen; eine über­trieb­ne Gabe, bei der es frei­lich nicht zu ver­wun­dern ist, wenn man inner­li­che Hit­ze und star­kes Bauch­grim­men von ihrem Gebrau­che wahr­ge­nom­men hat, so wie von dem Siru­pe zu einer bis zu zwei Unzen gege­ben. Ent­we­der fin­den die­se Beschwer­den bei mäßi­gem Gebrau­che nicht Statt, oder man hat sehr unrecht gethan, den Sirup den neu­ge­bor­nen Kin­dern zur Abfüh­rung des Kinds­pe­ch­es als eine mil­de Pur­ganz so all­ge­mein zu emp­feh­len. Die­se Wider­sprü­che wer­den sich heben, wenn die Aerz­te anfan­gen wer­den, genau abge­mes­se­ne Gaben, und kräf­ti­ge Arz­nei­en nur vor sich und ein­fach, nicht aber mit einem Wus­te and­rer Mit­tel gemischt zu ver­ord­nen, um wis­sen zu kön­nen, wel­cher Ursa­che eigent­lich der Erfolg zuzu­schrei­ben sey.

Vor­züg­lich im Poda­gra, und in Haut- und Sack­was­ser­sucht hat das Alter­thum die Pur­gir­kreutz­dorn-bee­re und den Sirup gebraucht (Krank­hei­ten, die durch Pur­gir­mit­tel leicht bös­ar­ti­ger wer­den), sonst auch in Läh­mun­gen und in Bleich­sucht, ohne gehö­ri­ge Einschränkung.

Man ver­fer­tigt aus dem Saf­te der rei­fen Bee­ren eine soge­nann­te Saft­far­be; Bla­sen­grün, einen wah­ren Dick­saft, wel­cher sich zu Pur­gir­pil­len nicht uneben schickt. Die über­rei­fen Bee­ren geben eine zum Illu­mi­ni­ren dien­li­che Scharlachfarbe.

Die inne­re jetzt außer Gebrauch gekom­me­ne Rin­de (Cort. medi­us spinae cer­vin­ae) wel­che sonst zum Gelb- und Braun­fär­ben dient, ist ein kräf­ti­ges, in stär­kern Gaben auch von oben wir­ken­des Purgirmittel.