Pflaster

Hahnemanns Apothekerlexikon
vorheriges KapitelZurückInhaltsverzeichnisWeiternächstes Kapitel

Pflas­ter (Emplas­tra) sind künst­li­che Zusam­men­set­zun­gen von fes­ter, zäher Kon­sis­tenz zu äußer­li­chem Gebrau­che bestimmt. Da aber die­se Bestim­mun­gen der Pflas­ter seit undenk­li­chen Zei­ten oft mehr durch her­ge­brach­te Ein­füh­run­gen, oder ego­is­ti­sche blin­de Vor­lie­be der Urhe­ber für eine selbst erdach­te Kom­po­si­ti­on gelei­tet wur­den, so läßt sich bei der unge­heu­ren Zahl Pflas­ter von oft sehr zusam­men­ge­setz­ter Natur schwer­lich von den meis­ten erra­then, wozu sie die­nen sollen.

Man sieht wohl, daß die meis­ten dazu die­nen sol­len, eine kle­ben­de, die äuße­re Luft ent­fer­nen­de Bede­ckung für die Ver­band­stü­cken auf äußer­li­chen Beschä­di­gun­gen, abzu­ge­ben; hie­zu dient jedes kle­ben­de Pflas­ter, je ein­fa­cher und unarz­nei­li­cher es ist, des­to besser.

And­re soll­ten zugleich die beschä­dig­ten Thei­le befes­ti­gen, und die ent­fern­ten Lef­zen fri­scher Wun­den, oder die Rän­der alter Geschwü­re näher an ein­an­der hal­ten, und in Ver­ei­ni­gung brin­gen, wozu weit mehr Zähig­keit als zu erstern gehört. Die soge­nann­ten Hef­to­der Kleb­pflas­ter, deren Haupt­in­gre­di­enz Har­ze sind, dien­ten hie­zu, wie­wohl die nicht erhit­zen­den Thier­lei-me hie­zu taug­li­cher wären, Gold­schlä­ger­häut­chen, eng­li­sches Pflas­ter, u.s.w.

And­re Pflas­ter soll­ten tie­fer und arz­nei­li­cher auf die unter der Ober­haut lie­gen­den leben­di­gen Thei­le wir­ken, Ent­zün­dun­gen ent­fer­nen, wie die Blei­pflas­ter, Schmer­zen stil­len, wie die mit Mohn­saft, Safran und Kam­pher ver­misch­ten, oder reit­zen und ent­zün­den, wie die mit erhit­zen­den natür­li­chen Bal­sa­men, Har­zen und Gum­mi­har­zen zusam­men­ge­setz­ten Eite­rungs­pflas­ter, oder blos Schmer­zen erre­gen und die Ober­haut zu einer Was­ser­bla­se erhe­ben, wie die mit Kant­ha­ri-den gemisch­ten, oder noch tie­fe­re, zuwei­len durch das gan­ze lympha­ti­sche Sys­tem gehen­de Ver­än­de­run­gen bewir­ken, wie die Mer­ku­ri­al­pflas­ter, u.s.w.

Wenn sie die­se und ähn­li­che jedes­mah­li­ge Absich­ten wirk­lich erfül­le­ten, so wären sie aller­dings wich­ti­ge äuße­re Mit­tel; aber bei sehr vie­len ist die­ses der Fall nicht; die Arz­nei­sub­stanz ist oft zu dicht in das Kleb­werk ein­ge­wi­ckelt, als daß sie hin­durch und in die Haut wir­ken könn­te, und die Mischung ist oft so wider­spre­chend, daß ein Ingre­di­enz durch das zwei­te, drit­te, oder vier­te in sei­ner Natur geän­dert, oder sei­ne Wir­kung zer­stört oder doch sonst zweck­wid­rig wird, u.s.w.

Im all­ge­mei­nen for­dert man in phar­ma­zeu­ti­scher Hin­sicht von einem gut berei­te­ten Pflas­ter, daß es in der Käl­te tro­cken und hart sei und die Fin­ger nicht be-schmu­ze, bei gelin­der Wär­me bieg­sam und weich wer­de, daß es gehö­rig kle­be sowohl an der Lein­wand, wor­auf es gestri­chen wird, als auf der Haut, wo es lie­gen soll, und daß die Ingre­di­en­zen genau und innig unter­ein­an­der gemischt wor­den. Es muß daher durch­gän­gig: von einer­lei Far­be seyn; ein bröck­lich­tes, bun­tes Pflas­ter hat weder rech­te Kon­sis­tenz, noch inni­ge Mischung.

Man hat die Pflas­ter nach den Sub­stan­zen, die ihnen die Kon­sis­tenz geben, theils in Blei­pflas­ter (Auf­lö­sun­gen eines Blei­kalks in fet­ten Oelen durch Kochen berei­tet, m. Blei­pflas­ter) theils in Wachs­pflas­ter (w.s.) ein­get­heilt, wel­che letz­te­re ihre Zähig­keit oft durch Wachs, oft aber zugleich und haupt­säch­lich durch bei­gemisch­te Har­ze, Ter­ben­thin und s.w. erhal­ten, wobei man die all­zu gro­ße Bin­de­kraft häu­fig durch zuge­setz­te Fet­te, Talg, u.s.w. mildert.

Rei­ne Blei­pflas­ter bedür­fen, um zu kle­ben, und sich gleich­för­mig auf­strei­chen zu las­sen, wenigs­tens eines Zusat­zes von gel­bem Wach­se, zu 1/​16 bis 1/​12 des Ganzen.

Wenn, nach Ent­fer­nung der zusam­men­ge­schmol­ze­nen Pflas­te­ringre­di­en­zen vom Feu­er, Pul­ver oder sehr flüch­ti­ge Sub­stan­zen genau damit ver­ei­nigt wer­den sol­len, so geschieht die inni­ge Mischung durch Rüh­ren, Drü­cken und Rei­ben mit­telst des Agi­ta­kels (w.s.), nach bei­na­he völ­li­ger Erkal­tung und Abt­hei­lung der ein­zel­nen Stü­cke Pflas­ter aber durch Kne­ten und Deh­nen, Mala­xi­ren, wor­auf sie auf einem befeuch­te­ten, glat­ten Stei­ne in Stan­gen (Mag­da­leo­nes) aus­ge­rol­let, und (jedes beson­ders) in Papier gewi­ckelt wer­den, wor­auf der Namen des Pflas­ters geschrie­ben ste­het, die Ver­wech­se­lung zu vermeiden.