Destillation

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Destil­la­ti­on, ist eine Art Abdamp­fung in ver­schlos­se­nen Gefä­sen, in einer Geräth­schaft, wovon der Theil, wel­cher die zu destil­lie­ren­de Mate­rie ent­hält, erhitzt wird, das damit ver­bun­de­ne Gefäs aber, wor­in das in Dunst ver­wan­del­te Destil­lat sich in Trop­fen ver­dich­ten und auf­ge­fan­gen wer­den soll, kühl bleibt, oder abge­kühlt wird. So wer­den die leich­ter durch die Hit­ze aus­zu­deh­nen­den, leich­ter in Düns­te auf­zu­trei­ben­den Feuch­tig­kei­ten, zu deren Erlan­gung man die Destil­la­ti­on anstellt, von den feu­er­be­stän­di­gern oder fes­ten Thei­len mit mög­lichst gerin­gem Ver­lus­te abgesondert.

Durch die­se Ope­ra­ti­on aber wer­den nicht nur flüch­ti­ge Flüs­sig­kei­ten, wel­che man zu erhal­ten wünscht, blos abge­son­dert, son­dern man ver­ei­nigt auch durch die­se Feu­er­ar­beit ver­schied­ne Flüs­sig­kei­ten, um ein neu­es Pro­dukt im Destil­li­ren zusam­men zu set­zen, wie bei Ver­sü­ßung der Säu­ren mit Wein­geist geschieht. Aus­ser­dem dient sie noch zur Ver­stär­kung sau­rer und lau­gen­haf­ter Flüs­sig­kei­ten (dephleg­ma-tio, con­cen­tra­tio), und dann ach­tet man das über­ge­gan­ge­ne Phleg­ma nicht, indem der ent­wäs­ser­te zurück­ge­blieb­ne Kör­per (resi­du­um) der Gegen­stand der Arbeit war, Dephleg­mi­ren.

Anfäng­lich bedien­te man sich hie­zu, wie schon das Wort destil­la­tio(Her­ab­tröp­feln) anzeigt, der abstei­gen­den Destil­la­ti­on (destill. per des­cen­sum), indem man das Feu­er über den zu destil­li­ren­den Sub­stan­zen anbrach­te, wodurch die Dämp­fe nach unten zu getrie­ben wur­den, wo man ein Gefäs zu ihrer Auf­nah­me ange­bracht hat­te. Ein Bei­spiel hie­von sie­het man bei der Destil­la­ti­on des Bir­ken­rin­den­öls, Dag­get. Die­se Art ist nur noch bei weni­gen Ver­rich­tun­gen, wozu kei­ne behut­sa­me Mäßi­gung des Feu­ers gehört, üblich.

Bei der auf­stei­gen­den oder gera­den Destil­la­ti­on (destil­la­tio rec­ta. dest. per ascen­sum) wird das Feu­er unter dem zu destil­li­ren­den Kör­per, z.B. unter der Bla­se oder dem Kol­ben ange­bracht, die Dämp­fe wer­den genö­thigt, auf­wärts zu stei­gen, wo sie in dem auf­ge­setz­ten küh­lern Hute oder Hel­me sich zu Trop­fen ver­dich­ten, und durch den Schna­bel des­sel­ben in die Vor­la­ge ablau­fen. Größ­tent­heils bedient man sich die­ser Vor­rich­tung, wo Flüs­sig­kei­ten über­zu­trei­ben sind, die bei einem gerin­gern oder doch nicht grö­ßern Feu­er­gra­de, als die Hit­ze des kochen­den Was­sers ist, in Düns­ten auf­stei­gen, z.B. Wein­geist, äthe­ri­sche Oele, Wasser.

Bei der schie­fen oder seit­wärts gehen­den Destil­la­ti­on (dest. obli­qua, dest. ad latus) wird zwar die zu destil­li­ren­de Mate­rie eben­falls von unten erhitzt (z.B. in der Retor­te), die Dämp­fe aber kön­nen, ohne sich hoch zu erhe­ben, gleich zur Sei­te ent­wei­chen. Die­se beque­me Art ersetzt fast völ­lig die andern bei­den Arten, und hat den Vor­zug, daß man eine Fuge weni­ger zu ver­wah­ren hat, weil der Abküh­lungs­ort der Dämp­fe, wel­cher bei der Bla­se und dem Kol­ben ein abge­son­der­tes Stück, den Helm, aus­macht, hier der wei­te Hals der Retor­te ist, und also ohne Fuge einen ver­schlos­se­nen Weg für das Destil­lat bis zur Vor­la­ge darbietet.

Die Destil­lir­ge­rä­the sind Retor­ten, und Bla­sen oder Kol­ben mit Helme.

Die Retor­ten (retor­tae) wer­den ihres nie­der­ge­bo­gnen Hal­ses wegen so genannt. Ihre Vor­zü­ge sind, daß sie ohne Bla­sen und Stein­chen, und durch­aus in ihrer Kugel von gleich dickem Gla­se sind. Je dün­ner das Glas dazu ist, des­to weni­ger zer­sprin­gen sie durch Abwech­se­lung der Hit­ze und Käl­te. Schon in der obern Wöl­bung ver­dich­tet sich ein guter Theil Düns­te, die­se Ver­dich­tung aber ist unnütz, weil die Feuch­tig­keit wie­der her­ab in den Bauch der Retor­te fließt. Blos in dem Hal­se der Retor­te und der Vor­la­ge kön­nen sich die durch Käl­te ver­dicht­ba­ren Düns­te mit Erfol­ge zu Trop­fen ver­ei­ni­gen, her­ab­lau­fen und gefan­gen wer­den. Es ist daher sehr gut, wenn wenigs­tens der Anfang des Retor­ten­hal­ses recht weit und räum­lich zugleich gut gekrümmt ist, und von der Krüm­mung an gera­de hin läuft.

Nur bei Arbei­ten, wel­che einen Hitz­grad erfor­dern, wor­in Glas schmelzt, nimmt man, statt der glä­ser­nen, irde­ne Retor­ten, am bes­ten von Stein­zeug. Da sie alle­mal dem frei­en Feu­er aus­ge­setzt wer­den, so müs­sen sie beschla­gen seyn, Beschlag.

Die Retor­ten von gegos­se­nem Eisen sind sehr dau­er­haft, aber nur zu Sub­stan­zen brauch­bar, von denen es nicht ange­grif­fen wird, z.B. zur Destil­la­ti­on des Hirsch­horns, Fran­zo­sen­hol­zes, zur Ueber­trei­bung des Queck­sil­bers u.s.w.

Die gewöhn­li­chen glä­ser­nen Tubu­la­tre­tor­ten (retor­tae tubu­la­tae) mit einer ein­ge­schmol­ze­nen glä­ser­nen kur­zen Röh­re in ihrem Gewöl­be sind von ungleich dickem Gla­se, und daher dem Zer­sprin­gen leicht aus­ge­setzt (sie hal­ten sel­ten mehr als Eine Arbeit aus); über­dem kost­bar und schwer zu bekom­men. Allen die­sen Unbe­quem­lich­kei­ten hilft man durch eine in das Gewöl­be gewöhn­li­cher Retor­ten ein­ge­schlif­fe­ne Oef­nung ab (wovon wei­ter unten). Sie sind zu vie­len Absich­ten dien­lich, wo man den Hals der Retor­te nicht mit der zur Destil­la­ti­on bestimm­ten Mate­rie ver­un­rei­ni­gen, oder bei der Destil­la­ti­on etwas zuset­zen will.

Kol­ben, (cucur­bi­tae) sind glä­ser­ne hoh­le Kugeln, die sich all­mäh­lich in einen lan­gen Hals mehr und mehr ver­en­gern. Bei der Destil­la­ti­on stellt man sie auf­recht, und setzt auf die Mün­dung einen Helm (alem­bicus, capi­tu­lum), eine Art von Hut, an des­sen inwen­di­gem Ran­de her­um eine Trauf­rin­ne läuft, die sich in einen Schna­bel öfnet, wor­an eine Vor­la­ge gepas­set wird. Soll die­se Destil­lir­ge­räth­schaft, wel­che man Brenn­zeug nennt, von eini­gem Nut­zen seyn (gewöhn­lich sind die Retor­ten vor­zu­ziehn), so muß der Hals des Kol­bens weit, bei grö­ßern Arbei­ten einer Faust weit, kurz, und mit dem recht wei­ten Hel­me genau zusam­men geküt­tet seyn, die Trauf­rin­ne des Helms aber sich ohne her­vor­ste­hen­de Erha­ben­heit (wie doch gewöhn­lich) in den Schna­bel aus­la­den. In die­ser Ver­fas­sung haben sie den Vort­heil, daß man den Ueber­rest nach der Destil­la­ti­on rein und bequem her­aus­neh­men kann.

Braucht man die Kol­ben zur Diges­ti­on, so sind die lan­gen ver­en­ger­ten Häl­se nützlich.

Sel­ten bedient man sich der Vor­stö­ße (tubi inter-medii) oder der glä­ser­nen oder irde­nen zwei bis drei Schuh lan­gen Röh­ren, die man zwi­schen der Retor­te und der Vor­la­ge anküt­tet, theils um letz­te­re recht weit vom Ofen zu ent­fer­nen, theils zur bes­sern Abküh­lung der Düns­te, theils um einen trock­nen Anflug dar­in auf­fan­gen und nach­ge­hends leicht her­aus neh­men, theils um bequem beob­ach­ten zu kön­nen, was wäh­rend der Destil­la­ti­on vor­geht. Bei den meis­ten Arbei­ten sind sie ent­behr­lich, und weil man bei ihnen eine Fuge mehr zu ver­küt­ten hat, nicht sel­ten nachtheilig.

Die Vor­la­gen (exci­pu­la) brau­chen zur Retor­te und zum Hel­me nur wei­te Fla­schen mit kur­zen Häl­sen zu seyn, abge­spreng­te gro­ße Kol­ben ver­rich­ten gleich Diens­te. Sehr nütz­lich ist an der Sei­te des Bauchs eine Tubu­lat­röh­re mit einem Wir­bel­hah­ne, um die nach und nach über­ge­hen­den Flüs­sig­kei­ten jede beson­ders herauszulassen.

Die Destil­lir­bla­sen (vesi­cae destil­la­to­riae) haben mit der beschrieb­nen Geräth­schaft des Kol­bens mit auf­ge­setz­tem Hel­me die größ­te Aehn­lich­keit, aus­ser daß sie von Metall und gewöhn­lich von Kup­fer sind. Der Hut öfnet sich in einen Schna­bel, und an die­sem ist eine her­ab­stei­gen­de Röh­re befes­tigt, wel­che schief abwärts durch ein Faß mit kal­tem Was­ser ange­fül­let (ref­ri­ge­ra­to­ri­um), läuft, und daher Kühl­röh­re genannt wird; an die unte­re Mün­dung der letz­tern wird das Gefäs zur Auf­nah­me des Destil­lats gelegt.

Die gewöhn­li­chen Bla­sen haben den Feh­ler, daß ihr Hals all­zu enge ist, als daß die Düns­te in gehö­ri­ger Men­ge auf­stei­gen könn­ten, daß der Huth oben nicht spit­zig, son­dern platt, und unten­her mit kei­ner Trauf­rin­ne ver­se­hen ist, folg­lich kei­nen Nut­zen hat, da die ver­dich­te­ten Trop­fen wie­der zurück in die Bla­se fal­len müs­sen. Zudem ist der Schna­bel und die Kühl­röh­re gemei­nig­lich so enge, daß sich nur wenig Düns­te auf ein­mal ver­dich­ten kön­nen, die Flüs­sig­keit in der Bla­se also einer stär­kern und lang­wie­ri­gern Hit­ze aus­ge­setzt wird, wovon das Destil­lat einen übeln Geruch und Geschmack annimmt. Die Abküh­lung durch eine spi­ral­för­mig gewun­de­ne Kühl­röh­re (Schlan­gen­röh­re), wel­che äus­serst schwer zu rei­ni­gen und kost­bar ist, hilft die­sem Nacht­hei­le nur wenig ab.

Die Bla­sen­ge­räth­schaft aber, wel­che ich hier abbil­de, ist von die­sen Män­geln frei; es wird nie­mand gereu­en, sie zu sei­nen Arbei­ten genom­men zu haben. Ihre Vor­zü­ge sind, daß die Mün­dung oder der Hals so weit als die Bla­se selbst ist, u. daß die in dem spit­zig kegel­för­mi­gen Hut­he (wel­cher von aus­sen durch den mit kal­tem Was­ser ange­füll­ten Hut­hab­küh­ler oder Moh­ren­kopf (caput aethiops) abge­kühlt wird, ver­dich­te­ten Dämp­fe rings­um in einer gleich­falls abge­kühl­ten Trauf­rin­ne sich sam­meln und so in gros­ser Men­ge ganz kalt durch den Schna­bel ablaufen.

Die Bla­se selbst wird von Eisen oder (gewöhn­lich) von Kup­fer ver­fer­tigt, der Helm aber muß ent­we­der von Stein­zeug oder von rei­nem Zin­ne seyn, so auch die abstei­gen­de Röh­re, weil selbst Was­ser, wel­ches mit einem Hel­me und Kühl­röh­re von Kup­fer destil­lirt wird, einen Kup­fer­ge­schmack annimmt. Eine Schlan­gen­röh­re ist bei einem Helm­ab­küh­ler völ­lig überflüssig.

Setzt man die­se gerühm­te Bla­sen­ge­räth­schaft in einen eben mit sei­nem Ran­de an der Bla­se anschlie­ßen­den Kes­sel voll sie­den­den Was­sers, so ist die Vor­rich­tung zur Destil­la­ti­on aus dem Was­ser­ba­de (destil­la­tio e bal­neo mariae, bal­neo maris) im Stan­de, eine Vor­rich­tung, wel­che zur Destil­la­ti­on wohl­rie­chen­der Wäs­ser und des höchst rek­ti­fi­zir­ten Wein­geis­tes unge­mei­ne Vor­zü­ge hat, da das inne­re Gefäs nie eine grö­ße­re Hit­ze als die von 202° Fahr. erreicht.

Man macht einen Unter­schied zwi­schen trock­ner Destil­la­ti­on (destil­la­tio sic­ca), wo man z.B. bei Aus­trei­bung bränz­lich­ter Oele aus Horn, Höl­zern, Asphalt u.s.w. kei­ne Feuch­tig­keit (Was­ser, Wein, Brannt­wein) zusetzt, und der feuch­ten Destil­la­ti­on (destil­la­tio humi­da), wo man die ani­ma­li­schen oder Pflan­zent­hei­le nicht vor sich zur Destil­la­ti­on ein­setzt, son­dern eine der genann­ten Flüs­sig­kei­ten beifügt.

Bei aller Destil­la­ti­on ist die ers­te wich­ti­ge Rück­sicht die Kennt­niß des jedes­mal anzu­wen­den­den nö-thi­gen Hitz­gra­des. Er darf weder zu gelind noch zu stark seyn. So erfor­dern die leich­ten äthe­ri­schen Oele, der Aether und der Wein­geist einen gerin­gern, das Was­ser einen etwas höhern, und die schwe­ren äthe­ri­schen Oele, die bränz­lich­ten Oele, die sau­ern Geis­ter, die Spieß­glanz­but­ter, der Phos­phor, das Queck­sil­ber u.s.w. einen immer höher und höhern Hitz­grad, als der Punkt des sie­den­den Was­sers ist. Woll­te man bei erstern eine zu gro­ße Hit­ze anwen­den, so wür­de z.B. das äthe­ri­sche Oel sei­nen fei­nen Geruch ver­lie­ren, dage­gen einen wid­ri­gen Geruch und Geschmack anneh­men, und sich größ­tent­heils in der Luft zer­streu­en, mit dem Wein­geis­te wür­de ein Theil übel schme­cken­des und rie­chen­des Phleg­ma über­ge­hen, und ihn an Güte und Stär­ke ver­schlech­tern u.s.w. Ist das Feu­er bei schwe­rer über­stei­gen­den Flüs­sig­kei­ten zu schwach, so geht wenig oder nichts über, und Zeit, Mühe und Koh­len sind ver­schwen­det. Ein guter Arbei­ter setzt daher ein Queck­sil­ber­ther­mo­me­ter neben die Retor­te oder dem Kol­ben ins Sand­bad, des­sen Ska­le von 200° bis 600° Fahr. reicht, und arbei­tet dann weit sich­rer, als wenn er, wie gewöhn­lich, mit sei­nem trüg­li­chen prak­ti­schen Gefüh­le im Fins­tern herumtappt.

Man wen­de fer­ner bei jeder Destil­la­ti­on nur den eben nöthi­gen Hitz­grad auch des­we­gen an, um das oft gar zu leich­te Ueber­lau­fen der zu destil­li­ren­den Mate­rie zu ver­hü­ten, wodurch oft das Destil­lir­ge­räth zer­sprengt, und das Destil­lat ver­un­rei­nigt und ver­dor­ben wird.

Die­ses Ueber­lau­fen zu ver­hü­ten, muß der Bauch der Retor­te, der Kol­ben oder die Bla­se nie ganz, höchs­tens zu zwei Drit­teln, oft nur zur Hälf­te ange­fül-let wer­den. In eini­gen Fäl­len wird das Ueber­lau­fen durch etwas hin­zu geschüt­te­tes fet­tes Oel ver­hü­tet, in allen Fäl­len aber am sichers­ten durch hin­läng­li­che Abküh­lung des Helms, der Helm­röh­re, des Retor­ten­hal­ses, der Vor­la­ge u.s.w., so wie durch ein zur schnel­len und reich­li­chen Ver­dich­tung der Dämp­fe zweck­mä­ßig gebau­tes Destil­lir­ge­räth überhaupt.

Die stärks­te Hit­ze gie­bt man dem Destil­lir­ge­fä­se, wenn man es über frei­es Feu­er setzt, von unten beschla­gen (Beschlag), wenn es irden oder glä­sern, oder unbe­schla­gen, wenn es von Metall ist. In die­ser Ver­fas­sung läßt sich aber die Hit­ze nie völ­lig gleich-för­mig erhal­ten, am leich­tes­ten in einem Lam­pen­ofen, weni­ger über Koh­len, am wenigs­ten bei Holze.

Gleich­för­mi­ger ist die Hit­ze zu regie­ren, wenn man das Gefäs ins Sand­bad (w.s.) stellt; weder die all­zu jäh­lin­ge Erhit­zung, noch die all­zu jäh­lin­ge Ver­küh­lung ist hier leicht mög­lich. Sehr gelin­de Wär­me und fast eben so star­ke Hit­ze als bei frei­em Feu­er läßt sich durch das Sand­bad bewir­ken, so wie alle übri­gen Gra­de, wenn der Arbei­ter, wie gesagt, den Wär­me­mes­ser in den Sand setzt, und ste­te Auf­sicht über sei­ne Arbeit hat.

Da letz­te­res aber nicht der gewöhn­li­che Fall ist, und der Apo­the­ker fast gar nicht, wie er doch soll­te, mit dem Ther­mo­me­ter arbei­tet, son­dern sich auf sein empi­ri­sches (sehr trüg­li­ches und rela­ti­ves) Geschick ver­läßt, so kann das Was­ser­bad (w.s.) in Apo­the­ken nicht ent­behrt wer­den, wodurch die zu destil­li­ren­de Mate­rie ohne Zut­hun selbst des unbe­hut­sams­ten Arbei­ters in einer Wär­me bleibt, wel­che wenigs­tens gerin­ger, als die des kochen­den Was­sers ist.

In der all­ge­mei­nen Regel muß bei jeder Destil­la­ti­on von Anfan­ge nur gelin­des, erst all­mäh­lig ver­stärk­tes Feu­er gege­ben wer­den, das Zer­sprin­gen der Gefä­se zu vermeiden.

Da bei der Destil­la­ti­on einer Men­ge von Kör­pern nicht nur die schon dar­in vor­han­de­nen Flüs­sig­kei­ten aus­ge­trie­ben, son­dern auch durch den bei­tre­ten­den Hitz­stoff neue Flüs­sig­kei­ten, ich mei­ne die ver­schied-nen Gas­ar­ten, erzeugt wer­den, wel­che zuwei­len einen hun­dert­mal grö­ßern Raum ein­neh­men, als die ver­schlos­se­nen Destil­lir­ge­fä­se fas­sen kön­nen, so ist uns, da wir nun aus der Che­mie die Natur die­ser Luft­ar­ten ken­nen, gar leicht begreif­lich, war­um in vie­len Fäl­len die Gefä­se bei die­ser Arbeit so leicht zer­sprin­gen, und (aus­ser der Lebens­ge­fahr dabei) die gan­ze Arbeit und Mühe zunich­te machen. Ein gewöhn­li­cher, gedun­ge­ner Arbei­ter hilft sich leicht durch nach­läs­si­ge Ver-küt­tung der Fugen, und dadurch, daß er in allen Fäl­len in die­ser Gegend eine hin­rei­chend gro­ße Oef­nung unter­hält. Man steckt näm­lich, wo der Retor­ten­hals in die Vor­la­ge geküt­tet wird, eine auf­ge­schnit­te­ne Feder­spuh­le ein, und ver­hü­tet durch die­sen frei­en Aus­gang der Dämp­fe aller Art, das Zer­sprin­gen der Gefä­se gar leicht. Es ist aber unnö­thig zu erin­nern, wie viel des oft kost­ba­ren Destil­lats hie­durch als un-ver­dich­te­ter Dunst in die freie Luft über­ge­he, als rei­ner Verlust.

Hier einen Mit­tel­weg ein­zu­schla­gen, muß man aus der Che­mie die Natur der über­ge­hen­den Düns­te und Luft­ar­ten ken­nen. Sind es sol­che, wel­che sich in der kühl erhal­te­nen geräum­li­chen Vor­la­ge von selbst ver­dich­ten, z.B. in Dunst auf­ge­lö­se­tes Was­ser, Wein­geist, so ist es thö­richt, die­se Düns­te ent­wei­chen zu las­sen; sind es sol­che, wel­che sich zum Theil durch eine küh­le Ober­flä­che, zum Theil aber, oder allein ver­mit­telst der Lei­tung durch Was­ser ver­dich­ten las­sen (z.B. ammo­ni­ak­lau­gen­sal­zi­ge und sau­re Düns­te, Aether­dunst, Queck­sil­ber­dunst,) da ist es nicht weni­ger thö­richt, durch eine so wei­te Oef­nung die­se unver-dich­te­ten Düns­te nutz­los in Luft über­ge­hen zu las­sen; fin­den sich aber bei der Destil­la­ti­on Luft­ar­ten mit ein (denn bei Destil­la­tio­nen, wo man Flüs­sig­kei­ten auf­zu­fan­gen hat, sind letz­te­re gewöhn­lich der grö­ße­re Theil, und die unver­dicht­ba­ren Luft­ar­ten betra­gen nur den gerin­gern Theil), wel­che sich weder durch Abküh­lung noch mit­telst Lei­tung durch Was­ser ver­dich­ten, und zu tropf­ba­rer Gestalt brin­gen las­sen, z.B. phlo­gis­ti­sir­te, brenn­ba­re und Sal­pe­ter­luft, da wür­de es thö­richt seyn, die­sen Gas­ar­ten kei­nen Aus­gang zu verschaffen.

Da hin­ge­gen die­se unver­dicht­ba­ren bei der Destil­la­ti­on so gefähr­li­chen Gas­ar­ten nie allein, son­dern immer in Gesell­schaft der andern Düns­te über­ge­hen, wel­che man eben in der Vor­la­ge ver­dich­tet zu erhal­ten die Absicht hat, so darf bei den meis­ten Destil­la­tio­nen das Destil­lir­ge­rä­the nie weder luft­dicht ver­schlos­sen seyn, noch eine so nacht­hei­li­ge Oef­nung haben, als man gewöhn­lich macht. Wird näm­lich in der Gegend der Ein­fü­gung des Retor­ten­hal­ses, oder wohl gar noch wei­ter zurück, bei Kol­ben und Helm eine Oef­nung gelas­sen, so geht ein gro­ßer Theil aller Düns­te ohne Unter­schied die­sen Weg, ver­dicht­ba­re und unver­dicht­ba-re, weil die erstern auf ihrem kur­zen war­men Wege noch kei­ne Gele­gen­heit hat­ten, sich ent­we­der durch (Abset­zung ihres Hitz­stoffs) Abküh­lung, oder durch Berüh­rung des Was­sers in der Vor­la­ge zu ver­dich­ten. In die­ser Gegend des Destil­lir­ge­räthes sind mit einem Wor­te alle die­se Oef­nun­gen offen­ba­rer, oft gro­ßer Verlust.

Der Woul­fi­sche Destil­l­ir­ap­pa­rat hilft die­sem Ver­lus­te auf der einen, und der Gefahr des Zer­sprin­gens auf der andern Sei­te ab. Er gehört aber sei­ner Kost­bar­keit wegen gar nicht in die Werk­statt des Apo­the­kers. Wir ler­nen jedoch von ihm, was zu thun sey, und dieß ist in fol­gen­der, leicht aus­zu­füh­ren­den Vor­rich­tung ent­hal­ten, wel­che man blos bei der Ueber­trei-bung destil­lirter Wäs­ser, des Wein­geis­tes und der äthe­ri­schen Oele ent­beh­ren kann, bei den übri­gen Destil­la­ti­ons­ar­bei­ten aber mit größ­tem Vort­hei­le anwendet.

Man ver­küt­tet zu die­ser Absicht den Retor­ten­hals luft­dicht mit einer geräu­mi­gen Vor­la­ge, wel­che an ihrem Untert­hei­le eine Tubu­lat­röh­re mit einem ein­ge­schlif­fe­nen Wir­bel­hah­ne von Glas, von Holz oder einem Feder­kie­le (je nach der Natur des Destil­lats) besitzt, um die ver­schied­nen Destil­la­ti­ons­pro­duk­te von Zeit zu Zeit her­aus­zu­las­sen, ohne das gan­ze Ge-räth aus­ein­an­der neh­men zu dür­fen. Am hin­tern Thei-le der Vor­la­ge ist eine klei­ne Oef­nung ein­ge­schlif­fen, wor­an man bei jeder Destil­la­ti­on den abge­spreng­ten Hals einer klei­nen zu drei Vier­teln mit Was­ser ange­füll­ten Retor­te mit Sie­gel­lack anküt­tet, in wel­che der Schen­kel einer dün­nen krum­men Glas­röh­re durch eine oben ein­ge­schlif­fe­ne Oef­nung (luft­dicht ver­küt­tet) bis an den Boden her­ab­steigt, auf der andern Sei­te aber in die offe­ne Mün­dung einer gleich­hal­ti­gen klei­nen Arz­nei­fla­sche geht, eben­falls bis zum Boden herab.

Durch die­se Oef­nung der Vor­la­ge gehen alle elas­ti­schen Düns­te in das abge­spreng­te Retört­chen über, drü­cken das da befind­li­che Was­ser durch die kom­mu-nizi­ren­de Röh­re in das Arz­nei­glas hin­über, und stei­gen in letz­term ent­we­der als Luft­bla­sen in die Höhe, wenn sie vom Was­ser nicht ein­ge­schluckt wer­den kön­nen, oder lösen sich in die­sem Was­ser auf, und gehn folg­lich nicht ver­lo­ren. In bei­den Fäl­len set­zen sie das Destil­lir­ge­räth nicht in die Gefahr des Zer­plat-zens. Zu Ende der Destil­la­ti­on, wenn sich die Hit­ze min­dert, ent­steht eine Luft­lee­re in der Retor­te und der Vor­la­ge, und das von den Düns­ten ange­schwän­ger­te Was­ser (z.B. dün­ner Salz­geist bei Destil­li­rung des rau­chen­den Salz­geis­tes oder ver­süß­ter Sal­pe­ter­geist bei der Destil­la­ti­on des Sal­pe­ter­äthers u.s.w.) zieht sich wie­der in das Retört­chen zurück; es gehn auch wohl noch Luft­bla­sen aus der Atmo­sphä­re durch die­se Sepa­rat­flüs­sig­keit in die Vor­la­ge zurück, um die etwa noch dar­in feh­len­de Luft zu erset­zen, bis sich alles wie­der ins Gleich­ge­wicht gesetzt hat. Auch hier wird das zu Ende der Destil­la­tio­nen so gewöhn­li­che Zer­sprin­gen der Gefä­se, wel­ches von der dar­in ent­stand-nen Luft­lee­re bei der Ver­küh­lung her­rührt, gänz­lich ver­mie­den; auch kann aus dem ange­küt­te­ten Retört­chen (weil es von der Flüs­sig­keit nicht voll wird) nichts in die Vor­la­ge her­über geso­gen wer­den, und so etwa das Destil­lat dar­in ver­der­ben, oder ver­dün­nen. Bei die­ser leich­ten Anstalt braucht man auch nie eini­ge Flüs­sig­keit in der Vor­la­ge vor­zu­schla­gen, das Destil­lat sam­melt sich in sei­ner mög­lichs­ten Kon­zen­tra­ti­on darin.

Die Retor­te selbst bekömmt am bes­ten eine (zu sehr vie­len Arbei­ten dien­li­che und beque­me) Tubu­lat-öfnung am Obert­hei­le ihres Gewöl­bes, mit einem ein­ge­schmir­gel­ten Glas­stöp­sel wohl verwahrt.

Auf den meis­ten Glas­hüt­ten schleift man sol­che Oef­nun­gen sehr wohl­feil ein. Mit­telst eines klei­nen kup­fer­nen Rings, Schmir­gel­pul­ver und Was­ser schnei­det man sehr leicht auf einer klei­nen Dreh­bank der­glei­chen Tubu­lat­öf­nun­gen in glä­ser­ne Gefä­se. Drechs­ler und and­re Hand­werks­leu­te kön­nen das­sel­be. Sogar aus frei­er Hand mit einer der Spit­zen einer abge­broch­nen eng­li­schen Fei­le kann man es ver­rich­ten, obgleich müh­sam, so wie es auch die Alten aus frei­er Hand verrichteten.

Mit die­ser gar nicht kost­ba­ren Vor­rich­tung kann man alle, sonst auch noch so schwie­ri­ge, Destil­la­tio­nen, ohne die min­des­te Gefahr, und ohne den min­des­ten Ver­lust des Pro­dukts leicht ver­rich­ten, und die Destil­la­te von ver­schied­ner Güte abbre­chen und beson­ders auf­fan­gen. Die Vor­la­ge mit der Tubu­lat­röh­re und einem Hah­ne dar­in ist kein Ein­wurf gegen die Wohl­feil­heit, da sie nicht ins Feu­er kömmt, und kei­ne Gewalt von elas­ti­schen Düns­ten erlei­det. Eine mäsig behut­sa­me Hand kann vie­le Jah­re damit arbei­ten, und viel Vort­heil damit stiften.

Beim gewöhn­li­chen Destil­la­ti­ons­ge­rä­the, wel­ches jeder kennt, ver­mei­det man eini­ger­ma­sen den Ver­lust, der durch Ver­flie­gung der Dämp­fe ent­steht, wenn man den Schna­bel des Retor­ten­hal­ses unter das in der Vor­la­ge vor­ge­schla­ge­ne Was­ser gehen läßt, aber doch nur etwas; die Tie­fe des Was­sers, wodurch die Bla­sen auf­stei­gen, ist gering, und die Luft­bla­sen sind zu groß. Auch kann man hier weder die Pro­duk­te abbre­chen, noch sie in kon­zen­trirter Gestalt auffangen.

Man thut sehr wohl, den Hals der Retor­te aus­ser der Vor­la­ge bei den Arbei­ten abzu­küh­len durch ein vier­fa­ches umge­schla­ge­nes und feucht erhal­te­nes Lösch­pa­pier, wor­auf man bei Ueber­trei­bung leich­ter, fei­ner Flüs­sig­kei­ten ganz kal­tes, bei schwe­ren aber (z.B. Mine­ral­säu­ren) hei­ßes Was­ser tröp­feln läßt. Es hat meh­re­re Nacht­hei­le, wenn man die Vor­la­ge zur Ver­dich­tung und Abküh­lung der Düns­te bestimmt; sie die­ne blos zum Samm­lungs­or­te der schon im Retor­ten­hal­se ent­stand­nen Tropfen.

Eine Strie­fe feuch­te Ham­mel- oder Schweins­bla­se, eine Strie­fe Papier mit einem stei­fen Tei­ge aus Rog­gen­mehl und Was­ser, oder wo Mine­ral­säu­ren über­zu­trei­ben sind, ein Teig aus vene­di­schem Talk­stein, Thon und dün­nem Tischer­leim erfül­len alle Absicht bei Ver­küt­tung der Fugen des Destil­lir­ge­räths. Um den glä­ser­nen Stöp­fel in der Tubu­lat­öf­nung der Retor­te läßt man eini­ge Trop­fen bren­nen­des Sie­gel­lack fließen.

© Kurz abge­spreng­ter Kol­ben mit wei­tem Helme.

© Ver­bes­ser­te Blasengeräthschaft.

© Ver­voll­komm­te­res Destillationsgeräth.

© Klei­ne Bohr­ma­schi­ne zu Tubulatöfnungen.