Weißbilsen

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Weiß­bil­sen, Hyos­cya­mus albus, L. [Zorn, pl. med. tab. 218] mit gestiel­ten, aus­ge­schweif­ten, stump­fen Blät­tern, und stiel­lo­sen Blu­men; ein fuß­ho­hes im süd­li­chen Euro­pa an Wegen woh­nen­des Som­mer­ge­wächs, wel­ches in unsern Gär­ten im August grün­licht-weiß­gel­be Blu­men mit grü­nen Boden trägt.

Die Blät­ter (Fol. Hyos­cya­mi albi), wel­che klei­ner und wei­cher als die des Schwarz­bil­sen, und weiß­wol­licht sind, haben einen ähn­li­chen, nur schwä­chern Geruch und sol­len auch an Wir­kung schwä­cher seyn. Fast blos in Frank­reich hat man sich des Krau­tes bedient, und will vom innern Gebrau­ches sei­nes Dick­saf­tes guten Erfolg in Zert­hei­lung des grau­en Sta­a­res, zuwei­len auch zur Hei­lung des schwar­zen Sta­a­res wahr­ge­nom­men haben.

Die rund­li­chen, etwas bräun­li­chen asch­grau­en Samen (Sem. Hyos­cya­mi, albi) waren in ältern Zei­ten fast die ein­zi­gen offi­ci­nel­len Bil­sen­sa­men, bis man in neu­ern Zei­ten den Samen von Schwarz- und Weiß­bil­sen ohne Unter­schied zu brau­chen ange­fan­gen hat. Man pflegt ihn bei hef­ti­gen Schmer­zen im Auf­gus­se als Schlaf machen­des Mit­tel (ganz empi­risch) ein­zu­ge­ben und gegen Blut­spei­en in Sub­stanz zu der unge­heu­ern Gabe eines Skru­pels, da der zehn­te und zwan­zigs­te Theil schon genug wäre, wo er ange­zeigt ist. Man hat ihn wie den vom Schwarz­bil­sen, und mit eben so roher Unbe­hut­sam­keit als Räu­che­rung gegen Zahn­schmer­zen brau­chen las­sen und oft Wahn­sinn und and­re schreck­li­che Zufäl­le davon ent­ste­hen gese­hen. In der Aus­pres­sung gie­bt er so wenig Oel (Ol. Hyos­cya­mi semi­num expres­sum) daß Eini­ge gezwei­felt haben, ob er über­haupt der­glei­chen vor sich gebe, und es wahr­schein­lich mach­ten, daß man bei der Aus­pres­sung des­sel­ben sich durch­aus eines Zusat­zes vom vier­ten Thei­le süßer Man­deln bedie­nen müs­se, wenn man Oel bekom­men wol­le, das dann auch ziem­lich kräf­tig sei, auf Baum­wol­le getröp­felt, die Schmer­zen und die Ent­zün­dung der Gold­ader­kno­ten zu lin­dern, auch wohl gegen Blut­flüs­se in den lei­den­den Theil gerie­ben, an die Schlä­fen gestri­chen gegen Kopf­schmer­zen, und ein­ge­rie­ben in Frostbeulen.

Unter Ole­um Hyos­cya­miver­steht man gewöhn­lich nur das mit dem frisch zer­quetsch­ten Kraut infun­dir­te Baum­öl. Man soll­te genau­er seyn, und die­ses Ole­um hyos­cya­mi infu­sumnen­nen, des zwei­deu­ti­gen Nah-mens Ole­um hyos­cya­miaber sich ohne Zusatz und nähe­re Bestim­mung nie bedienen.