Wasser

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Was­ser (Aqua) jene so reich­lich über unsern Erd­ball ver­brei­te­te, Elek­tri­si­tät lei­ten­de Flüs­sig­keit, wel­che in ihrem rei­nen Zustan­de ohne Geruch, Far­be und Geschmack bei 212° Fahr. sie­det, das ist, sich in einem gas­ar­ti­gen, einen 14000 Mahl grö­ßern Raum, ein­neh­men­den, in trock­ner Luft auf­lös­ba­ren, an kal­ten Ober­flä­chen wie­der zu Trop­fen zusam­men­rin­nen­den Dunst auf­lößt, bei 32° Fahr. krystal­li­sirt, das ist zu idio­elek-tri­schem Eis gefriert, und im rhein­län­di­schen Wür­fel­fuß 661/​2 Pfund köll­ni­sches Mark­ge­wicht, bei 64° Fahr. wiegt, also 850 Mahl leich­ter als die atmo­sphä­ri­sche Luft ist. Zer­le­gen­de und zusam­men­set­zen­de Ver­su­che haben es fast bis zur Ueber­zeu­gung wahr­schein­lich gemacht, daß 100 Thei­le Was­ser aus 85 Thei­len Sub­strat der Lebens­luft und 15 Thei­len Sub­strat der brenn­ba­ren Luft (die man des­we­gen Was­ser­stoff­luft genannt hat) zusam­men gesetzt sei, und sich in bei­de Gas­ar­ten wie­der zer­le­gen lasse.

Es gie­bt, nächst dem Wär­me­stof­fe, kein Auf­lö­sungs­mit­tel von grö­ße­rer All­ge­mein­heit, als das Was­ser. Alle mög­li­che Sal­ze, und eini­ge noch nicht dazu gezähl­te Erd- und Stein­ar­ten, der gal­lert­ar­ti­ge Stoff der Thier­sub­stan­zen und vie­le Bestandt­hei­le der Gewäch­se wer­den von ihm auf­ge­lö­set, so wie die Gum-men, die Sei­fen, meh­re­re Gas­ar­ten, der brenn­ba­re Geist, ja selbst die Aether­ar­ten, die äthe­ri­schen Oele und der Kam­pher, jedoch lez­te­re in klei­nen Verhältnissen.

Die­se so gro­ße Auf­lö­sungs­fä­hig­keit des Was­sers ist die Ursa­che, daß man es nie rein auf der Erde fin­det. Mit den wenigs­ten fremd­ar­ti­gen Bestandt­hei­len geschwän­gert ist das Regen­was­ser, w.s. mehr mit aus­zug­ar­ti­gen Thei­len das Was­ser gros­ser Flüs­se. Mehr mit erdi­gen Mit­tel­sal­zen und vitri­ol- und koch­salz­sauren Neu­tral­sal­zen, so wie mit Luft­säu­re geschwän­gert ist das ver­schied­ne Quell- und Brun­nen­was­ser, w.s. Was­ser, die man wegen der schwie­ri­gen Weich­ko­chung der Hül­sen­früch­te und des Flei­sches und der Zer­set­zung der Sei­fe dar­in har­te Was­ser zu nen­nen pflegt.

Was­ser aber, wel­che eine noch ansehn­li­che­re Men­ge mine­ra­li­scher Bestandt­hei­le, auch wohl meh­re­re Luft­ar­ten in Men­ge auf­gelößt ent­hal­ten, und nicht sel­ten eine grö­ße­re Wär­me als die andern Quell­was­ser besit­zen, wer­den mine­ra­li­sche Was­ser, oder Gesund­brun­nen genannt (M. Was­ser, mine­ra­li­sche, wo man auch ihre künst­li­che Zube­rei­tung findet).

Da man aber zu den meis­ten phar­ma­zev­ti­schen Berei­tun­gen und Auf­lö­sun­gen ein rei­ne­res Was­ser braucht, als das gemei­ne Quell- oder Brun­nen­was­ser ist, so bedarf man, da sich ganz rei­nes Regen­was­ser nicht in beträcht­li­cher Men­ge mit gerin­gen Kos­ten sam­meln läßt, eine Rei­ni­gung des Brunnenwassers.

Die­se besteht in einer lang­sa­men Destil­la­ti­on aus rei­nen Gefä­ßen. Zu die­ser Absicht wer­den in einer kup­fer­nen und ver­zinn­ten Bla­se mit rein­zin­ner­nem Hel­me ver­se­hen, z.B. 50 Pfund Fluß- oder Brun­nen­was­ser, mit zwei Pfund Pul­ver von frisch geglü­he­ten Koh­len ver­mischt, der­ge­stalt destil­lirt, daß man das ers­te über­ge­hen­de Pfund Was­ser, wel­ches noch eini­gen Staub der Destil­lir­ge­fä­ße mit sich zu füh­ren pflegt, weg­schüt­tet, dann aber noch vier­zig Pfund über­ge­hen läßt, wel­ches man in ver­stopf­ten Fla­schen an einem küh­len Orte auf­hebt, als vor sich destil­lir­tes Was­ser (Aqua destil­la­ta per se). Der Zusatz des frisch geglü­he­ten Koh­len­pul­vers ver­hü­tet den bran­di­gen Geruch und den Ueber­gang des Extrak­tiv­stof­fes, wodurch das vor sich destil­lir­te leicht zu säu­ern und zu ver­der­ben pflegt. Das rück­stän­di­ge Koh­len­pul­ver kann man trock­nen, und gleich vor einer aber­mah­li­gen Was­ser­de­stil­la­ti­on wie­der glü­hen, ehe man es in die Bla­se setzt; so ist es wie­der tauglich.

Brech­wein­stein, Blei­zu­cker, tar­ta­ri­sirter Wein­stein, Ammo­ni­ak­wein­stein, Borax­wein­stein, Seig­net­tes­alz, Baryt­koch­salz, kön­nen so wenig als die Metall­sal­ze in Brun­nen­was­ser auf­ge­lö­set wer­den, ohne daß sie sich zum Theil oder ganz zer­set­zen; blos destil­lir­tes Was­ser darf ein recht­li­cher Apo­the­ker zu ihrer Auf­lö­sung neh­men, und es ist von Aerz­ten zu erwar­ten, daß sie die Not­hwen­dig­keit hie­von ein­se­hen, und es in ihren Ver­ord­nun­gen aus­drück­lich angeben.

Die in der Destil­la­ti­on mit arz­nei­li­chen Sub­stan­zen geschwän­ger­ten Was­ser, wer­den zwar auch schlecht­hin destil­lir­te Was­ser (Aquae destil­la­tae, abs­trac­tae, stil­la­ti­tiae) genannt, doch gewöhn­lich mit Benen­nung der Sub­stanz, wor­über das Was­ser abge­zo­gen wor­den, und von wel­cher es eini­ge Bestandt­hei­le mit über­ge­nom­men hat, z.B. destil­lir­tes Zimmt­was­ser (Aqua destil­la­ta cin­na­mo­mi) oder auch blos: Zimmt­was­ser (aqua cin­na­mo­mi). Gewöhn­lich sind es geruch­vol­le Pflan­zent­hei­le, selt­ner thie­r­i­sche Sub­stan­zen, (z.B. Biber­geil) und noch selt­ner Mine­ral­sub­stan­zen (z.B. grau­er Ambra) wovon und wor­über Wäs­ser abge­zo­gen wer­den, mis­bräuch­lich auch geruch­lo­se Pflan­zen, z.B. Weg­breit, Boretsch, Ska­bio­sen, Augen­trost, Krad­ebe­ne­dikt, Skor­zo­ner­kraut, u.s.w. von denen höchst wahr­schein­lich nichts Arz­nei­li­ches mit übergeht.

Um die­se Wäs­ser zu berei­ten, wird die kup­fer­ne Bla­se mit der dazu bestimm­ten ent­we­der fri­schen, oder, wenn sie durch Trock­nen ihre Kraft nicht ver­lie­ren, gelind getrock­ne­ten Sub­stanz zur Hälf­te ange­füllt, so viel Was­ser zuge­gos­sen, daß noch ein Drit­tel der Bla­se, (das Ueber­wal­len zu ver­hü­ten) ledig bleibt, dann der zin­ner­ne Helm mit sei­nem Helm­ab­küh­ler, voll kal­ten Was­sers, auf­ge­setzt nach locker anlut­irter Vor­la­ge schnel­les Feu­er gege­ben, bis die Mischung ins Sie­den geräth, dann aber lez­te­res der­ge­stalt gemä-sigt, daß das geruch­vol­le Was­ser in einem nur dün­nen, faden­ar­ti­gen Strah­le über­ge­he. Man been­digt die Destil­la­ti­on, sobald etwa die Hälf­te des ange­wen­de­ten Was­sers über­ge­gan­gen ist, oder wenn eben das Ueber­ge­hen­de geruch­voll zu seyn aufhört:

Zu Dro­guen, wel­che im Was­ser unter­sin­ken­de äthe­ri­sche Oele ent­hal­ten, wird Koch­salz nächst dem Was­ser in die Bla­se geschüt­tet, damit der Hitz­grad erhö­het wer­den könne.

Zar­te Pflan­zen wer­den unzer­schnit­ten in die Bla­se gethan, so wie die Blu­men, wel­che durch Zer­quet­schen ihren Wohl­ge­ruch ver­lie­ren, z.B. die der Weiß­li­lie, der Som­mer­lin­de, des Johan­nis­we­del, der Mai-blumz­au­ke, des Schwarz­hol­ders, des Weiß­jas­mins, u.s.w. Am bes­ten wer­den die­se, weil sie die Hit­ze des sie­den­den Was­sers ohne Zer­stö­rung nicht wohl ver­tra­gen, aus dem Was­ser­ba­de destil­lirt. Blu­men, deren größ­te Kraft in der Blu­men­hül­le oder der grü­nen Samen­kap­sel liegt, müs­sen schon ver­blü­hend zur Destil­la­ti­on genom­men wer­den. Höl­zer, dicke Rin­den, und Wur­zeln müs­sen zer­schnit­ten, und, sind sie tro­cken, am bes­ten, gepül­vert, auch wohl, wenn ihre Sub­stanz sehr hart ist, einen, zwei, höchs­tens drei Tage vor­her ein­ge­weicht, oder, wenn es Gewür­ze und star­krie­chen­de har­te Dro­guen sind, Tag und Nacht vor­her mit Wein oder Wein­geist benetzt wer­den. Bee­ren, Früch­te und Samen wer­den zer­sto­ßen. Eini­ge Kräu­ter, die ihren Geruch erst beim Trock­nen erlan­gen (z.B. Wald­meis­ter­me­se­rich) müs­sen nur frisch getrock­net mit Was­ser destil­lirt werden.

Genau­er läßt sich die Men­ge des Was­sers durchs Gewicht, als nach dem Augen­ma­se bestim­men; auf fri­sche Kräu­ter nimmt man ein drei­fa­ches Gewicht Was­ser, auf getrock­ne­te aber so viel Was­ser mehr, als sie durchs Trock­nen verl­oh­ren haben. Die hol­zigs­ten Kräu­ter und Wur­zeln ver­lie­ren im All­ge­mei­nen die Hälf­te, die gewöhn­li­chen, mit­tel­mä­sig saf­ti­gen drei Vier­tel, die saf­tigs­ten und flei­schigs­ten aber fünf Sechs­tel ihres Gewichts beim Trocknen.

Bei die­ser Destil­la­ti­on läßt sich eini­ges Anbren­nen des etwa an den Sei­ten ange­han­ge­nen Krau­tes nicht völ­lig ver­hin­dern, wenn die Bla­se frei in ihrem Ofen ste­het und rings­um und auf den Sei­ten vom Feu­er bespüh­let wird. Ist die Bla­se aber so ein­ge­mau­ert, daß blos der Boden von der Flam­me getrof­fen wird, da darf man nur einen aus drei Stü­cken zusam­men­ge­setz­ten Rost (wie in Demachy’s Liqueur­fa­bri­kant gezeich­net ist) ein­brin­gen, der etwa einen Zoll vom Boden der Bla­se abste­het, wor­auf die Kräu­ter zu lie­gen kom­men, so ist man gegen das Anbren­nen gesichert.

Hat man aber auch die zweck­mä­sigs­ten Anstal­ten gegen das Anbren­nen getrof­fen, so wird man doch einen andern Geruch und Geschmack, den man den Feu­er­ge­schmack nennt, an den frisch destil­lir­ten Wäs­sern gewahr, zumahl dann, wenn man mit einem ein­fa­chen Hel­me destil­lirt, der nicht durch einen stets mit fri­schem Was­ser ver­seh­nen Helm­ab­küh­ler oder Moh­ren­kopf abge­kühlt wird. Die­ser Feu­er­ge­schmack ver­ge­het indes­sen doch bald, wenn man die destil­lir­ten Was­ser in offe­nen, blos mit Papier bedeck­ten Fla­schen eini­ge Tage über ste­hen läßt, wor­auf sie nach Abset­zung ihrer etwa­ni­gen Trü­big­keit hell in and­re Fla­schen gefül­let wer­den, die man nun etwas genau­er, obgleich nicht fest ver­stopf­et und in einem Kel­ler ver­wah­ret, der nicht mode­richt ist. Der vom Anbren­nen der Pflan­zent­hei­le in der Bla­se ent­stan­de­ne bran­zi­ge Geruch aber läßt sich durch die­sen Hand­griff nicht weg­schaf­fen. Ob das Aus­stel­len in Son­nen­schein ihn weg­schaf­fe, ist noch nicht bewiesen.

Alle Arz­nei­kraft der destil­lir­ten Wäs­ser beruht auf der Men­ge des Riech­stoffs, oder viel­mehr (da man kei­nen vom äthe­ri­schen Oele ver­schied­nen soge­nann­ten Spi­ri­tus-Rek­tor in den gewürz­haf­ten Pflan­zen anzu­neh­men berech­tigt ist) in der Men­ge des in dem Was­ser auf­ge­lö­se­ten äthe­ri­schen Oeles. Voll­kom­men kräf­tig sind sie daher zu nen­nen, wenn sich aus ihnen noch ein Theil frei­en äthe­ri­schen Oels, zum Zei­chen ihrer Sät­ti­gung damit, sogleich, oder doch bin­nen weni­gen Tagen abson­dert. Nur bei eini­gen weni­gen geruch­vol­len Blu­men ist das äthe­ri­sche Oel so leicht auf­lös­lich in Was­ser, daß in ihren destil­lir­ten Wäs­sern fast nie eine Spur von äthe­ri­schen Oelen sich abson­dert, wie man bei den über Rosen, Jas­min, wei­ßen Lili­en, Tube­ro­sen abge­zo­ge­nen Wäs­sern wahr­neh­men kann.

So lan­ge die destil­lir­ten Was­ser kein frei­es, über oder unter ihnen schwim­men­des, äthe­ri­sches Oel zei­gen, kön­nen sie noch durch Zusatz einer Men­ge der­sel­ben Art Gewäch­ses und noch­mah­li­ge Ueber­trei-bung ver­stärkt, oder, wie man es nennt, koho­birt wer­den (Aquae coho­ba­tae). Der­glei­chen beträcht­li­che Ver­stär­kung neh­men das Rosen- das Kirsch­lor­beer-das Bal­dri­an­was­ser an. Man hüte sich jedoch, durch eine sol­che erneu­er­te Destil­la­ti­on das Pro­dukt noch unan­ge­neh­mer an Geschmack und Geruch zu machen, wel­ches häu­fig geschieht.

Zu der Güte der destil­lir­ten Was­ser gehört zwar das in ihnen auf­ge­lö­se­te, aber nicht das über­schüs­si­ge, über oder unter ihnen schwim­men­de, wesent­li­che Oel. Lez­te­res muß daher sorg­fäl­tig und ganz rein von den Wäs­sern geschie­den wer­den, ehe man sie zum Gebrau­che auf­be­wahrt, oder zur Zusam­men­set­zung der Arz­nei­en nimmt. Die nach der Destil­la­ti­on in der blank gescheu­er­ten oder wohl ver­zin­ne­ten Bla­se übrig blei­ben­de Brü­he kann, wenn das in der Hit­ze zuzu­be­rei­ten­de Extrakt der­sel­ben Pflan­zen­sub­stanz offi­zi­nell ist, noch heiß aus­ge­schüt­tet und, durch­ge­sei­het fer­ner abge­dampf­et werden.

Wie man die geruch­vol­len Pflan­zen vor­züg­lich in der Absicht mit (weni­germ) Was­ser destil­lirt, um die äthe­ri­schen Oele aus ihnen zu zie­hen, sehe man in dem Arti­kel Oele, äthe­ri­sche, nach.

Eben so fin­det man die Berei­tung der feins­ten, zum Wohl­ge­ruch bestimm­ten Was­ser unter dem Arti­kel Dampfbad.

Ueber das Arz­nei­li­che der destil­lir­ten Wäs­ser hängt noch ein dunk­ler empi­ri­scher Schlei­er. Bis­her dien­ten sie alle­sammt fast ohne Aus­nah­me zum arz­nei­li­chen Luxus, immer nur ent­we­der als ein dem Geschma­cke oder dem Geru­che ange­neh­mes, oder doch den Geruch der übri­gen Ingre­di­en­zen ver­bes­sern­des Ver­dün­nungs­mit­tel and­rer Arz­nei­en; oft dien­ten sie blos zur Schau in ein nied­li­ches Recept. Fast nie dien­ten sie, wenn man etwa ein oder das and­re stin­ken­de Was­ser oder das Kirsch­lor­beer­was­ser aus­nimmt, als Arz­nei­en vor sich – immer nur als Zusät­ze, deren Arz­nei­kraft für nichts zu rech­nen sei. Wenn aber das Jahr­hun­dert zur genau­ern Beob­ach­tung anbre­chen wird, wird man auch, wie ich zuver­sicht­lich hof­fe, ein­se­hen ler­nen, daß die kräf­tig berei­te­ten Wäs­ser aller­dings wirk­sa­me, in der gewöhn­li­chen Dosis oft nur all­zu wirk­sa­me Arz­nei­en sind, deren Bedeut­sam­keit nur unter der gewöhn­li­chen Ver­mi­schung mit andern Mit­teln bis­her uner­kannt geblie­ben ist. Wie? Die so unge­heu­er wir­ken­den äthe­ri­schen Oele soll­ten bei ihrer Auf­lö­sung in den destil­lir­ten Wäs­sern als nichts bedeu­ten­de Vehi­kel und blo­se Ver­dün­nungs­mit­tel ange­se­hen wer­den kön­nen? ja! aber nur in dem ein­zi­gen (nicht selt­nen) Fal­le, wo gewinn­süch­ti­ge Apo­the­ker die destil­lir­ten Was­ser (soll ich sagen, zum Scha­den, oder zum Nut­zen des Publi­kums?) so zu ver­dün­nen wis­sen, daß fast nichts als der Nah­me des destil­lir­ten Was­sers übrig bleibt.

Wuß­te man bis­her nichts von der Arz­nei­kraft der von einer ein­zi­gen Sub­stanz abge­zo­gnen Wäs­ser (Aquae destil­la­tae sim­pli­ces), so wun­dert es mich noch mehr, daß man es wagen konn­te, der­glei­chen über meh­re­re Sub­stan­zen zugleich über­trei­ben zu las­sen, (aquae destil­la­tae com­po­si­tae), und in den Arz-nei­vor­rath einzuführen.

Vor eini­ger Zeit herrsch­te noch die Thor­heit, frisch zer­quetsch­te Pflan­zen mit Was­ser und Hefen vor­her in Gäh­rung, bis zum säu­er­li­chen Geru­che, über­ge­hen zu las­sen, und so ver­dor­ben und zer­setzt, zu destil­li­ren zu einem Destil­la­te was sich wie schwa­cher Essig mit etwas Wein­geist gemischt, ver­hielt, (z.B. Aqua tar­a­xa­ci per fer­men­ta­tio­nem para­ta);zur Ehre des gesun­den Men­schen­ver­stan­des aber sind die­se läp­pi­schen Thor­hei­ten wie­der aus der Mode gekommen.

Die über gewürz­haf­te oder star­krie­chen­de Pflan­zen­sub­stan­zen abge­zo­gnen geis­ti­gen Flüs­sig­kei­ten, man mag nun Wein oder Brannt­wein dazu anwen­den, geben zum Pro­duk­te einen brenn­ba­ren Geist mit äthe­ri­schem Oele geschwän­gert, den man unrich­tig und wider­spre­chend geis­ti­ge Wäs­ser (Aquae vino­sae, und Aquae spi­ri­tuo­sae) genannt hat, schick­li­cher aber Spi­ri­tus­se nennt. Hie­zu wer­den gewöhn­lich z.B. 2 Pfund des Gewäch­ses mit 3 Pfund Was­ser und 11/​2 bis 2 Pfund star­kem Wein­geis­te zur Destil­la­ti­on ein­ge­setzt, und 2 bis 21/​2 Pfund davon her­über gezo­gen. Blo­ser Wein­geist nimmt wenigs­tens die schwe­ren äthe­ri­schen Oele nicht mit über; er muß in die­sem Fal­le durch­aus gewäs­sert seyn, oder Wein (wel­cher die Sie­de­hit­ze des Was­sers zur Zer­set­zung braucht) an sei­ner Stel­le genom­men werden.