Vierblatteinbeer

Hahnemanns Apothekerlexikon
vorheriges KapitelZurückInhaltsverzeichnisWeiternächstes Kapitel

Vier­blatt­ein­beer, Paris qua­drif­o­lia, L. [Zorn, pl. med. tab. 10] ein etwa sechs Zoll hohes Kraut mit acht Staub­fä­den und vier Staub­we­gen, mehr­jäh­ri­ger Wur­zel und drei, gewöhn­lich vier, doch auch fünf und sechs im Krei­se her­um, oder kreutz­wei­se ste­hen­den, stiel­lo­sen Blät­tern in geheg­ten Wäl­dern und dun­keln Hai­nen auf fet­ten Boden, wel­ches im April und Mai blaß­grün blüht.

Die ovall­an­zet­för­mi­gen, zuge­spitz­ten, glatt­ran­di­gen, dun­kel­grü­nen, drei­rib­bi­gen, ade­richt gestri­chel­ten, unter­wärts glän­zen­den zwei bis drei Zoll lan­gen Blät­ter (Fol. Par­i­dis, Her­ba Paris, Fol. Sola­ni qua-drif­o­lii bac­ci­fe­ri, Vluae ver­sae s. vul­pinae) haben einen betäu­ben­den, rauch­ähn­li­chen Geruch, und einen nicht unan­ge­neh­men süß­lich­ten, den rohen Erb­sen nicht unähn­li­chen Geschmack. Man weiß wenig von ihren Kräf­ten, außer daß sie Magen­kramp­fund Pur­gi-ren (auch wohl Erbre­chen) erre­gen sol­len. And­re schrei­ben ihnen eine nar­ko­ti­sche, schlaf­ma­chen­de Eigen­schaft zu. Zu einem Skru­pel sind sie Kin­dern gegen Keich­hus­ten gege­ben wor­den, wo sie Schlaf erreg­ten und den Leib öfne­ten; auch in Kon­vul­sio­nen (wel­chen?) will man sie mit Nut­zen gege­ben haben. Die Alten leg­ten die zer­quetsch­ten Blät­ter als Umschlag auf Pest­kar­bun­keln, auf Fin­ger­wurm, auf Krebs­ge­schwü­re, uner­öf­ne­te Krebs­kno­ten und Hoden­sa­ck­ent­zün­dun­gen, und ver­si­chern Augen­ent­zün­dun­gen mit dem äus­ser­lich gebrauch­ten Saf­te geheilt zu haben.

Die quer­lau­fen­de, stroh­halm­di­cke, ein­fa­che, geglie­der­te Wur­zel (Rad. Par­i­dis) bringt, in dop­pel­ter Gabe als Ipe­ka­ku­an­he, Erbre­chen her­vor, und die Alten wol­len Koli­ken damit gestillt haben.

Die dun­kel­pur­pur­ro­the fast vier­kan­ti­ge, mit vier her­vor­ra­gen­den Staub­we­gen besetz­te, wein­beer­gro­ße Bee­re (Bac­ca, Sem. Para­dis) hat einen wein­ar­ti­gen Geschmack, einen betäu­bend wid­ri­gen Geruch und ent­hält in ihren vier Zel­len etwa sechs und drei­sig ova­le auf der einen Sei­te ecki­ge Samen von weiß­licht gel­ber Far­be. Mit die­ser scheint man noch etwas mehr Erfah­rung gehabt zu haben, wie die Nah­men in den ver­schied­nen Spra­chen andeu­ten, nach denen sie meh­rern Thie­ren schäd­lich zu seyn scheint. Die Hüner ster­ben von den Samen. In ältern Zei­ten will man Beses­sen­hei­ten (mit Wahn­sinn ver­bun­de­ne Kon­vul­sio­nen) und, zu einem Quent­chen auf die Gabe gereicht, Wahn­sin­ni­ge (wel­cher Art?) bin­nen weni­gen Wochen damit geheilt haben, auch Fall­such­ten, und Eklamp­sie der Kin­der zu sechs bis acht Bee­ren auf die Gabe. Doch sind die Nach­rich­ten hier­über noch so unvoll­stän­dig, daß sie nicht viel mehr für uns seyn dür­fen, als dunk­le Win­ke, die auf ein wirk­sa­mes, Vor­sicht erhei­schen­des, fast unbe­kann­tes Heil­mit­tel hindeuten.

Ob sie ein Gegen­gift der Krä­hen­au­gen sind, ist noch sehr zweifelhaft.