Spiklavendel

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Spikla­ven­del, Lavan­du­la Spi­ca, L. [Zorn, pl. med. tab. 53] mit lan­zet­för­mig gleich­brei­ten, stiel­lo­sen, am Ran­de zurück­ge­roll­ten Blät­tern, und nack­ter, unter­bro­che­ner Aeh­re, ein im süd­li­chen Euro­pa und der Schweitz ein­hei­mi­sches, Fuß hohes peren­ni­ren­des Sträu­chel­chen, noch mehr aber die Art (wel­che man unwahr­schein­lich für eine blo­se Spiel­art hält) wel­che ein­jäh­rig ist, brei­te­re Blät­ter, eine grö­ße­re, mehr locke­re Blu­men­äh­re hat, über­haupt grö­ßer ist, spä­ter blüht, und einen fei­nen Geruch hat; (Lavan­du­la lati-folia);sie liebt trock­nen, kieß­san­di­gen Boden.

Vor­züg­lich der letz­tern stark und ange­nehm rie­chen­de, und hit­zig bit­ter­lich schme­cken­de, den Spei­chel anlo­cken­de Blüt­hen, oder viel­mehr blü­hen­de Kraut­spit­zen (Flor. Sum­mit. Lavan­du­lae, Spi­cae) sind arz­nei­lich. Man hat sie als ein Ner­ven ermun­tern­des, erqui­cken­des, zert­hei­len­des und stär­ken­des Mit­tel gebraucht, sel­ten inner­lich, öfte­rer äus­ser­lich als trock­ner oder feuch­ter Umschlag. Häu­fi­gern Gebrauchs ist jedoch das aus den Blüt­hen­spit­zen die­ses letz­tern Krau­tes in Langue­d­ok auf den Hügeln, vor­züg­lich auf dem Ber­ge Sain­te Bau­me im Frei­en von den Hir­ten destil­lir­te Spik­öl (Hui­le d’A­spic, Ole­um Spi­cae), wel­ches in leder­nen Schläu­chen nach den nächs­ten Städ­ten gebracht und von hier aus in 60 bis 80 Pfund hal­ten­den, dün­nen, kup­fer­nen, läng­licht vier­ecki­gen Fla­schen mit abge­run­de­ten Ecken (Estagnons) das Pfund zu 12 bis 15 Sons ver­führt wird. Es ist eins der flüch­tigs­ten und leich­tes­ten Oele (von 893 spe­zi­fi­schem Gewich­te) obgleich, sei­ner rohen Berei­tung wegen, nicht vom lieb­lichs­ten Geru­che, und von etwas gilb­li­cher Far­be. Ange­zün­det brennt es fast unaus­lösch­lich fort, und riecht in der Hand gerie­ben, bis zur Ver­schwin­dung der lez­ten Spur von Geru­che, noch laven­del­ar­tig. Das aus der zwei­ten und drit­ten Hand erhal­te­ne ist fast immer mit Ter­ben­thin­öl ver­fälscht, und die­ser Geruch kömmt dann bald zum Vor­schei­ne, wenn beim Rei­ben in der Hand der Spike­ge­ruch vor­her ver­flo­gen ist. Das ver­fälsch­te ist für Fir­nis­be­rei­ter, zur Auf­lö­sung des Bern­steins, und zur Ver­dün­nung der mine­ra­li­schen Far­ben für Email und Por­zel­ain­mahler unent­behr­lich. Man reibt es in gelähm­te, kon­trak­te und zit­tern­de Glie­der, und beim chro­ni­schen Rheu­ma­tism ein, gie­bt auch wohl einen und den andern Trop­fen auf Zucker in den Mund bei gelähm­ter Zun­ge und im Stot­tern; doch bedient man sich zu dem selt­nern innern Gebrau­che auch des bei uns aus den Blüt­hen­spit­zen des schmal-blät­te­rich­ten Laven­dels destil­lir­ten Laven­del­öls (Ol. Lav­en­du­lae) wovon man 1/​250 bis 1/​60 der dazu genom­me­nen Blüt­hen erhält.

Zum Bespren­gen bei Ohn­mach­ten, und zum Wohl-geru­che bedient man sich aber vor­züg­lich des Eau de Lavan­de, eines mit den Blüt­hen­spit­zen, vor­züg­lich des breit­blät­te­ri­gen Spiks (ver­muth­lich) im Dampf­ba­de w.s. über­ge­trie­be­nen Wein­geis­tes, wel­ches man aus Frank­reich bringt, da es uns­re Apo­the­ker nicht von der Fein­heit und so ganz ohne Neben­ge­ruch zu berei­ten pfle­gen. Auch die­ses Laven­del­spi­ri­tus bedient man sich zur Ein­rei­bung in gelähm­te Glie­der, und auf die Zun­ge gege­ben bei Läh­mun­gen des Sprach­or­gans, und, so wie des Spik­öls, und der Spike selbst, zur Ver­trei­bung und Tödung eini­ger Insek­ten, der Amei­sen, des Kop­f­un­ge­zie­fers, der Mot­ten, u.s.w.