Schlehenkirsche

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Schle­hen­kir­sche, Pru­nus spi­no­sa, L. [Zorn pl. med. tab. 4] mit ein­zel­nen Blu­men­stie­len, lan­zet­för­mi­gen, glat­ten Blät­tern und dor­nich­ten Aes­ten, ein fünf bis acht Fuß hoher Strauch in trock­nen, ber­gich­ten Gehe­gen, wo er im Aprill und Mai weiß blüht.

Die Blu­men nebst den Blu­men­de­cken (Flo­res Aca­ciae, nost­ra­tis, ger­ma­ni­cae, vul­ga­ris) haben frisch einen lieb­li­chen, auch bei der Destil­la­ti­on mit dem Was­ser über­ge­hen­den Geruch, der aber beim Trock­nen ver­lo­ren geht, und frisch so wie getrock­net, einen bit­ter­li­chen, den bit­tern Man­deln ähn­li­chen Geschmack; Zei­chen, die den Blu­men der Trau­ben­kir­sche feh­len, die oft statt jener den Apo­the­kern ver­kauft wer­den, wenn die Schle­hen spar­sam blü­hen. Man bedient sich ihrer größ­tent­heils nur als Haus­mit­tel im Auf­gus­se zur Früh­lings­la­xanz der Kin­der vor­züg­lich in unbe­stimm­ten Haut­aus­schlä­gen; Erwach­se­ne wer­den wenig oder gar nicht davon bewegt. Die bekann­ten Früch­te, die Schle­hen, (Fruc­tus Aca­ciae ger­ma­ni­cae, nost­ra­tis) wer­den vor ein­tre­ten­dem Fros­te, das ist, unreif gesam­melt, denn blos durch den Frost rei­fen sie. Unreif ent­hält ihr grü­nes Fleisch einen herbsau­ern, sehr zusam­men­zie­hen­den Saft (ver-muth­lich aus der Herb­säu­re der Quit­ten und aus Zitron­säu­re zusam­men­ge­setzt), wel­cher so schlei­mig ist, daß man ihm beim Stamp­fen etwas Was­ser zuset­zen muß, um ihn aus­pres­sen zukön­nen. Ehe­dem ward die­ser Saft in Apo­the­ken ein­ge­dickt (Schle­hen­mus Suc-cus Aca­ciae ger­ma­ni­cae, nost­ra­tis) auf­be­wahrt. Er löset sich eben so wohl in Wein­geis­te als in Was­ser auf, macht die Eisen­auf­lö­sun­gen nicht schwarz und ist in ältern Zei­ten in Durch­fäl­len (am bes­ten gal­lich­ten), und in Blut­flüs­sen inner­lich, so wie zum Gur­geln bei Hals­ge­schwulst gebraucht wor­den; könn­te auch noch jezt in die­sen Beschwer­den, so wie über­haupt in meh­rern Arten von Gal­len­fie­bern mit Erfolg gebraucht werden.

Da die Stei­ne der Schle­hen einen der Kirsch­ker­nen ähn­li­chen Kern ent­hal­ten, so bekömmt der mit zer­stampf­ten Schle­hen infun­dir­te Franz­wein (dann Schle­hen­wein, Vinum pru­neo­lorum syl­vestri­umgenannt) einen lieb­li­chen Bit­ter­man­del­ge­ruch und Geschmack (und eine rothe Far­be von den Scha­len) und soll harn­trei­ben­de Wir­kun­gen äussern.

Die inner­lich gilb­li­che, zähe Rin­de (Cort. Aca­ciae nost­ra­tis, ger­ma­ni­cae) besitzt zwar kei­nen Geruch, aber einen bit­ter­lich adstrin­gi­ren­den Geschmack, und viel Gall­äp­fel­stoff; sie ist in zusam­men­zie­hen­den Gur­gel­was­sern und adstrin­gi­ren­den Bädern gebraucht worden.