Potasche

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Pota­sche (Cine­res cla­vel­la­ti) ist eine Han­dels­wa­re, wel­che die salz­haf­ten Thei­le der Holz­asche ent­hält. Die Holz­asche, vor­züg­lich von fes­ten, har­ten Höl­zern, wird zu die­ser Absicht in gro­ßen Kübeln, mit Stell­bo­den ver­se­hen, mit Was­ser aus­ge­laugt, die Lau­ge in eiser­nen Kes­seln zur har­ten, schwar­zen, an der Luft feuch­ten­den Mas­se ein­ge­sot­ten, (rohe, schwar­ze Pota­sche) die­se mit Mei­ßel und Ham­mer aus­ge­schla­gen, und als mäßi­ge Stü­cken unter einem fla­chen Gewöl­be auf einem Her­de, an bei­den Sei­ten mit Feu­er­gas­sen ver­se­hen, bei hef­ti­gem Feu­er der­ge­stalt kal­zi­nirt und von Zeit zu Zeit gekrükt, bis alles Brenn­ba­re dar­in zer­stört und klei­ne, mehr oder weni­ger rund­li­che, klin­gen­de Mas­sen dar­aus gewor­den sind, äußer­lich und im Bru­che von schnee­wei­ßer Far­be mit einem leich­ten blau­li­chen Schim­mer. Die­se bes­te Sor­te wird von den Eng­län­dern Perl­asche genannt. Ehe­dem nann­te man sie in Deutsch­land Wai­dasche, weil die Waid­fär­ber sich ihrer vor­zugs­wei­se bedien­ten, aber jetzt ver­steht man unter Wai­dasche ein schlech­tes untaug­li­ches Potaschfabrikat.

Wer nur mäßi­ge Quan­ti­tä­ten Pota­sche bedarf, erhält sie von einem nahen red­li­chen Potasch­sie­der sei­ner Gegend, oder sieht sich nach guter Böh­mi­schen oder Bres­lau­er Pota­sche um. Grö­ße­re Quan­ti­tä­ten erhält man von der bes­ten Güte über Ham­burg von Tri­est (unga­ri­sche Pota­sche) oder über Dan­zig (pohl­ni-sche Pota­sche) in eichenen Fäs­sern von 11 bis 20 Zent­nern. Die gerin­gern Sor­ten kom­men von Königs­berg und die noch gerin­gern von Riga (rus­si­sche, grau­li­che und gelb­li­che Potasche).

Schon das genann­te gute Ansehn gie­bt ein gutes Vor­urt­heil, über­zeugt aber wird man von den Gra­den ihrer Güte durch einen ange­stell­ten Ver­such zur Aus­mit­telung ihres Gehal­tes an wah­rem Gewächs­lau­gen­sal­ze. Man nimmt eine Pro­be rings um und aus allen Gegen­den der zu unter­su­chen­den Men­ge, pül­vert und mischt sie, löset 100 Gran davon in 200 Gran kochen­dem Was­ser auf, sei­het die Auf­lö­sung durch, läßt sie im Kel­ler erkal­ten, schei­det die nie­der­ge­fal­le­nen Sal­ze durch Abgie­ßen der hel­len Lau­ge davon und mischt eine Auf­lö­sung von 70 Gran krystal­li­sirter Wein­stein­säu­re mit 100 Gran hei­ßem Was­ser ver­fer­tigt, dar­un­ter, und war­tet auf den Nie­der­schlag bei der gewöhn­li­chen Tem­pe­ra­tur uns­rer Atmo­sphä­re (65° Fahr.) zwei Stun­den lang. Es fällt neu erzeug­ter Wein­stein­rahm nie­der, wel­cher, nach abge­gos­se­ner Flüs­sig­keit, etwas abge­spühlt, getrock­net, und gewo­gen, in 1:0 Gra­nen sei­nes Gewichts unge­fähr 37 Gran gewöhn­li­ches, rei­nes, dar­in vor­hand­nes Gewächs­lau­gen­salz bewei­sen wird.

Außer dem rei­nen Gewächs­lau­gen­sal­ze sind die natür­li­chen unal­ka­li­schen Bestandt­hei­le in einer äch­ten guten Pota­sche etwa 1/​4 oder 1/​8 des Gan­zen an Vitriol­wein­stein, Kalk­er­de, Kie­sel­er­de, auch wohl Diges­tiv­salz, und viel­leicht noch ein und das and­re noch unbe­kann­te Salz. Die betrüg­li­chen Zusät­ze bestehen in Sand, Vitriol­wein­stein, Kalk­er­de, Koch­salz, u.s.w. Um das rei­ne Lau­gen­salz aus der Pota­sche zu zie­hen, bedien­te man sich ehe­dem der Zer­flie­ßung an der Luft, da man die Pota­sche, in einer Schüs­sel aus­ge­brei­tet, eini­ge Zeit über im Kel­ler ste­hen ließ, dann das Flüs­si­ge, Hel­le davon abgoß und unter dem Namen zer­flos­se­nes Wein­stein­öl (Ole­um tar­ta­ri per deli­qui­um) ver­wahr­te. Geschwin­der und rein­li­cher geht man zu Wer­ke, wenn man die Pota­sche mit einem glei­chen Gewich­te kal­tem Was­ser im Kel­ler über­gießt, es Tag und Nacht damit ste­hen läßt, von Zeit zu Zeit umrührt, und die ent­stan­de­ne Lau­ge und was aus dem Boden­sat­ze noch aus­ge­pres­set wird, durch Fließ­pa­pier sei­het. Die­se Flüs­sig­keit ist jener durch Zer­flie­ßen berei­te­ten völ­lig gleich. Hier­in sind frei­lich noch, so wie in der von selbst zer­flos­se­nen Pota­sche, eini­ge frem­de Sal­ze, aber nicht in gro­ßer Men­ge, und sie min­dern sich noch mehr, wenn man bei Abdamp­fung der Lau­ge die anfäng­lich oben­auf sich erzeu­gen­den fremd­ar­ti­gen Salz­krus­ten mit einer durch­lö­cher­ten Kel­le abnimmt und ent­fernt. Das übri­ge zur stau­bi­gen Tro­cken­heit ins­pis­sir­te Lau­gen­salz wird in einer ver­stopf­ten Fla­sche auf­be­wahrt unter dem Namen des gerei­nig­ten Pota­schlau­gen­sal­zes, und, da kein Unter­schied Statt fin­det, auch des Wein-stein­sal­zes (Sal tar­ta­ri, Sal lixi­vi­us puri­fi­ca­tus, al-kali vege­ta­bi­le depur­a­tum, Kali prae­pa­ra­tum, Alka­li pot­as­sinum).

So rein genug zu jedem arz­nei­li­chen Behu­fe kann es doch nicht im strengs­ten Sin­ne für völ­lig che­misch rein erklärt wer­den. Es blei­ben bei die­ser auch noch so sorg­fäl­ti­gen Rei­ni­gungs­art, so wie in der Lau­ge von ver­brann­tem Wein­stei­ne, noch eini­ge fremd­ar­ti­ge Sal­ze und in dem Lau­gen­sal­ze aus der Pota­sche auch noch Kie­sel­er­de übrig. Um daher zu gewis­sen Absich­ten das reins­te Gewächs­lau­gen­salz zu ver­fer­ti­gen, wird das ins­pis­sir­te Salz mit Wein­essig gesät­tigt, dann bis zur Tro­cken­heit ein­ge­dickt, gepül­vert, durch rek­ti­fi­zir­ten Wein­geist das rei­ne Potasch­essig­s­alz aus­ge­zo­gen, die wein­geis­ti­ge fil­trir­te Lau­ge wie­der ein­ge­dickt, dann im Schmelz­tie­gel bis zur Ent­wei­chung der Essig­säu­re ver­kalkt, das Salz dar­in mit destil­lir­tem Was­ser aus­ge­zo­gen, fil­trirt, und ein­ge­dickt, als das reinst­mög­li­che, von aller frem­den Bei­mi­schung freie Gewächs­lau­gen­salz, reins­tes Pota­schlau­gen­salz (alka­li pot­as­sinum puris­si­mum), des­sen blos che­mi­schen Eigen­schaf­ten nicht hie­her gehören.

Die­ses Lau­gen­salz ist vor sich immer, nur zum Theil mit Luft­säu­re gesät­tigt, und der übri­ge ätzen­de Theil (unge­fähr ein Drit­tel) gie­bt dem Gan­zen die Eigen­schaft, fort­wäh­rend an der Luft zu zer­flie­ßen; ein Salz, wor­auf der ver­stärk­te Wein­geist noch eini­ge Auf­lö­sungs­kraft aus­übt, und wel­ches immer von schar­fem, eini­ger­ma­ßen fres­sen­dem Geschma­cke bleibt. Man fin­det zwar in einer kon­zen­trir­ten Auf­lö­sung des­sel­ben, wenn man sie in einem locker ver­deck­ten Gefä­ße an einem ganz ruhi­gen Orte meh­re­re Wochen oder Mona­te ste­hen läßt, gro­ße platt­pris­ma­ti­sche, an bei­den Enden durch zwei Tri­an­gel schief zuge­schärf­te, in vier Thei­len Was­ser auf­lös­li­che, in Wein­geist unauf­lös­li­che Krystal­len, die her­aus­ge­nom­men und getrock­net ein wah­res mil­des, mit Luft­säu­re gesät­tig­tes Pota­schlau­gen­salz (alka­li pot­as­sinum aëra­tum) sind, indeß die übri­ge Flüs­sig­keit noch ätzen­des Lau­gen­salz ent­hält. Aber selbst die­se Krystal­len sind sehr geneigt, einen Theil ihrer Luft­säu­re wie­der fah­ren zu las­sen und zu gewöhn­li­chem zer­flos­se­nem Gewächs­lau­gen­sal­ze zu wer­den, (wor­in etwa ein Drit­tel luft­säur­e­leer ist), wenn man die­se Krystal­len ent­we­der vor sich der Hit­ze des sie­den­den Was­sers aus­setzt, oder sie (um sie, wenn sie nicht rein schie­nen, zu rei­ni­gen) in sie­den­dem Was­ser auf­löst und wie­der zum Anschie­ßen in der Hit­ze abduns­ten will.

Um daher rei­nes, mit Luft­säu­re gesät­tig­tes Pota­schlau­gen­salz zu erhal­ten, bedie­ne man sich einer rei­nen Lau­ge zum Anschus­se, damit die ent­stand­nen Krystal­len kei­ner fer­nern Rei­ni­gung bedür­fen, und blos abge­tröp­felt und auf Papier getrock­net als rein zum Gebrau­che auf­be­wah­ret wer­den können.

Will man die­sem­nach eine bestimm­te Men­ge feuch­ten­des Gewächs­lau­gen­salz mög­lichst in luft­saures umän­dern und so zu Krystal­len brin­gen, so dient das Ver­fah­ren: das zur stau­bi­gen Tro­cken­heit ein­ge­dick­te Potasch­salz auf ein fla­ches Geschir­re dün­ne aus­ge­brei­tet und locker mit Pap­pe bedeckt in ein Wohn­zim­mer, wo immer Luft­säu­re durch die Exha­la-tio­nen der Men­schen erzeugt wird, ein Paar Mona­te hin­zu­stel­len, wo es zwar anfäng­lich feuch­tet, aber all­mäh­lich trock­net, end­lich fast völ­lig tro­cken wird, zum Zei­chen der fast völ­li­gen Mil­de­rung durch ein­ge­so­ge­ne Luft­säu­re; ein klei­ner, noch immer an feuch­ter Luft Feuch­tig­keit ein­zie­hen­der Theil bleibt gleich­wohl noch dar­in. In Höh­len aber, in wel­che sich aus der Erde auf­stei­gen­de Luft­säu­re in rei­nen Schich­ten anhäuft (wie in der Nähe eini­ger Mine­ral­was­ser der Fall ist) so wie in Kel­lern, wo sich stets gäh­ren­de Flüs­sig­kei­ten befin­den, ist der Erfolg geschwin­der und vollkommener.

Um die­ses gemil­der­te Lau­gen­salz in Krystall­ge­stalt zu brin­gen, wird es mit der mög­lichst kleins­ten Men­ge destil­lir­tem lau­em Was­ser gerie­ben, so viel als eben zur Auf­lö­sung zureicht, die Lau­ge dann in einem Ein­mach­gla­se eini­ge Wochen lang in den Kel­ler ruhig hin­ge­stellt und mit Papier ver­deckt; dann wer­den die her­aus­ge­nom­me­nen ansehn­lichs­ten Krystal­len obbe-schrieb­ner Form, unab­ge­spühlt, auf Fließ­pa­pier getrock­net, und zum Gebrau­che verwahrt.

So voll­kom­men krystal­li­sirt, ist das Pota­schlau­gen­salz nicht nur mög­lichst von allen fremd­ar­ti­gen Sal­zen und von Kie­sel­er­de befreit, (da letz­te­re blos in kaus­ti­schem Lau­gen­sal­ze sich auf­ge­löst erhal­ten kann, und da das Krystal­li­sa­ti­ons­was­ser wohl gebil­de­ter Sal­ze ein völ­lig rei­nes, von fremd­ar­ti­gen Sal­zen frei­es Was­ser ist), son­dern es hat auch nun einen sehr mil­den, gar nicht unan­ge­neh­men, oder schar­fen Geschmack, und ist zu ver­schied­nen Behu­fen der Arz­nei­kunst dem gewöhn­li­chen feuch­ten­den Wein­stein- oder Pota­schlau­gen­sal­ze weit vor­zu­zie­hen, z.B. in Auf­lö­sung, gegen die Zufäl­le des Bla­sen­steins ver­ord­net. Die­se Auf­lö­sung darf aber nicht mit sie­dend hei­ßen Flüs­sig­kei­ten berei­tet wer­den, weil das Lau­gen­salz dann immer wie­der ein Drit­tel sei­ner Luft­säu­re fah­ren läßt und zum Theil wie­der so scharf wird, wie gemei­nes Weinsteinsalz.

Der gebrann­te Kalk, ein erdi­ges Salz, wel­ches weit auf­lös­li­cher, als die Ver­bin­dung die­ser Erde mit Luft­säu­re ist, ent­zieht aus die­sem Grun­de den Lau­gen­sal­zen, und nament­lich dem Pota­schlau­gen­sal­ze in der Diges­ti­on sei­ne Luft­säu­re, um sich mit letz­te­rer zum unauf­lös­li­chen, mil­den Kal­ke zu ver­bin­den, und läßt das Lau­gen­salz ätzend, das ist von Luft­säu­re ent­blöst, und mit dem Aetz­stof­fe, einem in der Che­mie noch unbe­kann­ten Stof­fe (einer eigen­ar­ti­gen Säu­re) ver­ei­nigt zurück (Pota­schätz­salz). Die phar­ma­zeu­ti­schen Prä­pa­ra­te, die dar­aus ent­ste­hen, sind Sei­fen­sie­der­lau­ge, Aetz­stein (w.s.) und mit Fet­tig­kei­ten ver­bun­den, Seife.

Doch macht man die Gewächs­lau­gen­sal­ze noch durch and­re Ver­fah­rungs­ar­ten ätzend, z.B. durch Ver­puf­fen des Wein­steins mit Sal­pe­ter, und durch Ver­puf­fung des Sal­pe­ters mit Zusatz eines Metalls z.B. des Spieß­glanz­kö­nigs, wo der lau­gen­sal­zi­ge Grund-theil des Sal­pe­ters sehr ätzend zurückbleibt.

Je mehr das Gewächs­lau­gen­salz mit Aetz­stoff ver­ei­nigt, d.i. je ätzen­der es ist, um des­to voll­kom­me­ner läßt es sich in Wein­geist auf­lö­sen, und bil­det durch Abdamp­fung dann ein krystal­li­ni­sches Salz, wel­ches der wirk­sa­me Grundt­heil in der soge­nann­ten Wein­stein­tink­tur, und der schar­fen Spieß­glanz­tink­tur ist.

Die­ses Pota­schätz­salz dient inner­lich in der geis­ti­gen Auf­lö­sung gege­ben gegen ver­schied­ne Sto­ckun­gen der Säf­te, kal­te Geschwüls­te, Haut­aus­schlä­ge, Glie­der­schmer­zen, und äußer­lich zer­stört es, in Sub­stanz auf­ge­legt, als Aetz­stein und Sei­fen­sie­der­lau­ge, alle thie­r­i­schen Thei­le, Aus­wüch­se, u.s.w. man öfnet damit Eite­rungs­ge­schwüls­te, u.s.w.