Lorberkirsche

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Lor­ber­kir­sche, Pru­nus Lau­ro­cera­sus, L. [Zorn, pl. med. tab. 96.] mit trau­ben­för­mig ste­hen­den Blüt­hen, und immer­grü­nen, auf der untern Sei­te mit zwei Drü­sen besetz­ten Blät­tern, ein aus der Gegend des schwar­zen Mee­res abstam­men­des, in Deutsch­land fast all­ge­mein im Frei­en dau­ren­des Bäum­chen, wel­ches weiß blüht.

Die gro­ßen, glän­zen­den, satt­grü­nen, eirund­läng­lich­ten, zuge­spitz­ten, säge­ar­tig gezahn­ten, dicken Blät­ter (Fol. Lau­ro­cera­si) haben einen star­ken Bit­ter­man­del­ge­schmack und vor sich kei­nen, aber gerie­ben einen star­ken, dem Geschma­cke ähn­li­chen Geruch. Sie sind unter dem ver­füh­re­ri­schen Namen Man­del­blät­ter und Kon­tant­blät­ter, ehe­dem in vie­len Gegen­den zu der sie­den­den Milch und andern war­men Geträn­ken gethan wor­den, des ange­neh­men Geschmacks wegen, wie­wohl zuwei­len mit gefähr­li­chen Folgen.

Ihr wir­ken­der Bestandt­heil, der Bit­ter­man­del­stoff, ist vor­züg­lich den Frucht­ker­nen meh­re­rer Arten die­ser Gat­tung so wie den Pfirsch­ker­nen und bit­tern Man­deln eigen. Er ent­wi­ckelt sich aus den Lor­ber­kirsch-blät­tern vor­züg­lich bei der Sie­de­hit­ze des Was­sers (die rohen Blät­ter und der aus­ge­preß­te Saft sind weit weni­ger wirk­sam) und scheint haupt­säch­lich in ihrem bei der Destil­la­ti­on über­ge­hen­den schwe­ren, äthe­ri­schen Oele zu lie­gen, wel­ches in Men­ge in dem destil­lir­ten Was­ser auf­ge­löst bleibt.

Zur Ver­fer­ti­gung des letz­te­ren wird ein Pfund zer­schnit­te­ne, fri­sche Blät­ter mit vier Pfund Was­ser zur Destil­la­ti­on ein­ge­setzt, und nur Ein Pfund Lor­ber-kirsch­was­ser (aqua lau­ro­cera­si) abge­zo­gen.

Es ist eins der gefähr­lichs­ten Gif­te, mit Unbe­hut-sam­keit gebraucht; nur bewähr­ten Aerz­ten soll­te sein frei­er Gebrauch über­las­sen seyn. Es töd­tet in gro­ßer Gabe, bin­nen weni­gen Minu­ten; die Reit­zbar­keit des Sys­tems der Mus­kel­fa­sern erlischt, das Bewußt­seyn bleibt bis zuletzt. Milch in Men­ge (außer den Brech­mit­teln) scheint das bes­te Gegen­gift zu seyn; nächst-dem Wein; auch kaus­ti­sches flüch­ti­ges Laugensalz.

Als Arz­nei­mit­tel, das ist, in klei­ner Gabe, etwa zu drei­sig bis höchs­tens sech­zig Trop­fen, ange­wen­det, min­dert es die Kraft des Her­zens, min­dert die Beweg­lich­keit der Mus­kel­fa­ser über­haupt, und setzt äußerst kräf­tig das Sys­tem der ein­sau­gen­den Gefä­ße in Thä-tigkeit.

Ver­mö­ge die­ser Wir­kungs­art wirkt es anti­phlo­gi-stisch, hemmt hek­ti­sche Fie­ber, bes­sert das Serum, wenn es zu dick und in zu klei­ner Men­ge im Blu­te vor­han­den ist, löset, äußer­lich und inner­lich ange­bracht, ver­här­te­te Drü­sen auf, treibt mäch­tig den Harn, und ver­treibt Trun­ken­heit von geis­ti­gen Getränken.