Drachenblut

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Dra­chen­blut. Von die­sem rohen aus Ost­in­di­en zu uns gebrach­ten Har­ze gie­bt es wenigs­tens vier Sor­ten im Handel.

Die ers­te Sor­te (san­gu­is dra­co­nis in lacrymis) besteht aus läng­licht run­den klei­nen Mas­sen von der Grö­ße einer Pflau­me oder Wall­nuß, deren jede in ein rohr­ar­ti­ges Blatt ein­ge­wi­ckelt ist, oder doch die läng­licht strie­fi­gen Ein­drü­cke davon auf ihrer Ober­flä­che hat.

Die zwei­te Sor­te (sang. drac. in gra­nis) besteht aus ähn­li­chen nur klei­nern Stück­chen von der Grö­ße einer Mus­ka­ten­nuß oder Hasel­nuß, wel­che glie­der­wei­se in Rohr zusam­men gefloch­ten sind.

Bei­de Sor­ten sind schwarz­roth, undurch­sich­tig, auf dem Bru­che nicht glän­zend, schwer zer­brech­lich, noch schwe­rer zer­reib­lich. Ans Licht gehal­ten bren­nen sie mit Flam­me, und sto­ra­x­ähn­li­chem Geruch. Vor sich haben sie kei­nen Geruch, und wenn sie gekaut wer­den, kei­nen Geschmack. Fein gerie­ben erhal­ten sie eine schö­ne Zino­ber­rö­the. In Was­ser löset sich nichts auf. In Wein­geist aber lösen sie sich ganz, fast ohne Rück­stand, zur hoch­ro­then Tink­tur auf, wel­che durch zuge­goß­nes Was­ser gleich gefäl­let wird. Auch in aus­ge­preß­ten Oelen lösen sie sich auf.

Die Malay­en und Japa­ner berei­ten sie vor­züg­lich von dem aus der äus­sern Rin­de der lam­perts­nuß­gro­ßen Früch­te des Cala­mus Rotang L. [Rumph. H.A. T. 5. Tab. 58. F. I.] aus­schwit­zen­den Har­ze, wel­ches sie ent­we­der tro­cken durch eine Reiß­müh­le oder durch Schüt­teln in einem Sacke abrei­ben, oder durch hei­ßen Was­ser­dampf erwei­chen, und dann, auf eine von bei­den Wegen abge­son­dert, in der Wär­me zu den klei­nen Klum­pen bil­den, wie sie in den Han­del kommen.

Die drit­te Sor­te (sang. drac. in pla­cen­tis) besteht aus klei­nen plat­ten Kuchen, drei bis vier Fin­ger breit und eine bis drei Unzen schwer, wel­che von aus­sen ziem­lich glatt, eben­falls schwarz­roth, undurch­sich­tig und hart, auf dem Bru­che aber ziem­lich glän­zend sind. Sie schmel­zen an der Flam­me eines Lich­tes, und bren­nen mit Sprüt­zeln und Knis­tern, blä­hen sich auf, geben einen rusich­ten Rauch und einen ange­neh­men Geruch, der dem des Zuckers ähn­lich ist. Vor sich haben sie eben­falls weder Geschmack noch Geruch, lösen sich nicht in Was­ser, fast gänz­lich aber in Wein­geist auf; aus­ge­preß­ten Oelen thei­len sie nur eine rothe Far­be mit, ohne sich aufzulösen.

Beim Kochen der Früch­te des Cala­mus Rotangin Was­ser schwimmt das flüs­sig gewor­de­ne Harz oben auf, wel­ches die Ost­in­dia­ner abschöp­fen und in die­se Form bringen.

Die­se Sor­te hat zwar nicht völ­lig die Güte der erstern bei­den, ist aber auch (nach Mur­ray) nicht viel geringer.

Die vier­te Sor­te (sang. drac. in tabu­lis) besteht aus gro­ßen Schei­ben, wel­che über einen Zoll dick und sechs bis zwölf Zoll breit sind. Die­se ganz gerin­ge Sor­te wird aus den schon aus­ge­koch­ten Früch­ten zusam­men gepreßt; es fin­den sich noch Scha­len und Sten­gel der­sel­ben im Innern, auch Rei­s­pel­zen und Holzspähne.

Die­se schlech­tes­te Sor­te ist fast zu jedem Gebrau­che unnütz und verwerflich.

Die fei­nen Sor­ten, vor­züg­lich die ers­te und zwei­te, die­nen jetzt zur Arz­nei fast gar nicht mehr, aus­ser, wie­wohl unnö­thig, zu Zahn­pul­vern. Ehe­dem hielt man das Dra­chen­blut für adstrin­gi­rend, und schrieb ihm ansehn­li­che Tugen­den die­ser Art (in Wun­den, im Veits­tan­ze u.s.w.) zu, jetzt aber weiß man, daß es wenig oder nichts Arz­nei­li­ches und Zusam­men­zie­hen­des besitzt, es müß­te denn die letz­te­re ganz schlech­te Sor­te seyn, wel­che mit adstrin­gi­ren­den Früch­ten, Bolus u.s.w. zuwei­len ver­mischt befun­den wird.

Der größ­te Ver­brauch der bes­ten erstern bei­den Sor­ten ist zu Saft­far­ben und zum Goldfirniß.

Aus­ser dem Cala­mus Rotang(wel­cher die Haupt­pflan­ze für das Dra­chen­blut ist,) lie­fern noch vie­le and­re ost­in­di­sche Bäu­me einen ähn­li­chen rothen Harz­saft, wel­cher auch hie und da für Dra­chen­blut ver­kauft wor­den ist. Die vor­züg­lichs­ten unter die­sen sind der Pte­ro­car­pus Dra­co L. [Jacq. stirp. ame­ric. Tab. 264. F. 91.] ein im süd­li­chen Ame­ri­ka, so wie auf Java und Suma­tra, wach­sen­der Baum; die Dra­cae­na Dra­co L. [Blackw. herb. Tab. 358.] ein auf den cana­ri­schen Inseln ein­hei­mi­scher Baum; die Dra­cae­na yucae­for­mis Forst.; der Pte­ro­car­pus San­ta­li­nus L. und noch meh­re­re andre.