Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts: Nr. 3, Herbstzeitlosensamen (1917)

Herbst­zeit­lo­sen­sa­men

Die Herbst­zeit­lo­se, Col­chi­cum autum­na­le L., besitzt eine wei­ße, flei­schi­ge Knol­le, die tief im Boden sitzt und von einer dun­kel­brau­nen Hül­le umge­ben ist. Von der Knol­le gehen im Spät­jahr gewöhn­lich zwei bis drei Blü­ten aus. Die Blü­ten sind sehr lang und trich­ter­för­mig und haben eine bis 30 cm lan­ge, enge, wei­ße Röh­re, die oben in sechs läng­li­che, hel­li­la­ro­sa­far­be­ne Zip­fel von etwa 3,5 cm Län­ge aus­läuft. Die Früch­te erschei­nen erst im Früh­jahr des fol­gen­den Jah­res; sie sit­zen inner­halb eines Schop­fes von vier bis fünf Blät­tern, die samt der Frucht durch einen kur­zen Sten­gel­teil über den Boden geho­ben wer­den. Die Blät­ter sind läng­lich, spitz, 25–30 cm lang und 2–2,5 cm breit und haben eine dun­kel­grü­ne Far­be. Die zuerst grü­ne, dann bei der Voll­rei­fe brau­ne Kap­sel sitzt auf einem kur­zen Stiel; sie ist 3–3,5 cm lang, leder­ar­tig und springt an der Spit­ze mit drei Klap­pen auf. Die sehr zahl­rei­chen in der Kap­sel ent­hal­te­nen Samen haben Kugel­form, sind 2–3 mm im Durch­mes­ser groß, matt­bräun­lich bis dun­kel­braun und sehr hart. Im Innern sind sie weiß. Sie füh­len sich meist kleb­rig an.

Die Herbst­zeit­lo­se kennt Jeder­mann im blü­hen­den Zustan­de; aber nur weni­ge haben sicher die Blatt-Trie­be und die Frucht gese­hen; sie ist in Süd- und Mit­tel­deutsch­land eine der häu­figs­ten Pflan­zen, die im Spät­jahr auf abge­mäh­ten Wie­sen oft wei­te Stre­cken durch ihre schö­nen Blü­ten schmückt. Im nord­deut­schen Flach­lan­de trifft man die Herbst­zeit­lo­se sel­te­ner an.

Von der Herbst­zeit­lo­se sol­len die Samen gesam­melt wer­den. Die Samen­rei­fe und das Auf­sprin­gen der Kap­sel erfolgt im Juni. Man kann zu die­ser Zeit auf Wie­sen, auf denen man im vor­an­ge­gan­ge­nen Spät­jahr zahl­rei­che Herbst­zeit­lo­sen hat blü­hen sehen, leicht die noch geschlos­se­nen Kap­seln abpflü­cken, die zwi­schen den dann weit­hin sicht­bar gelb gefärb­ten Blät­tern sit­zen. Die­se rei­fen beim Lagern nach und sprin­gen auf, so daß die sehr zahl­rei­chen Samen, die unter dem Namen Semen Col­chi­ci im Han­del sind, leicht gewon­nen wer­den kön­nen. Die Herbst­zeit­lo­se und ihre Samen sind sehr gif­tig. Es ist also Vor­sicht zu beach­ten! Man darf die zum Nach­rei­fen gesam­mel­ten Kap­seln nur auf Unter­la­gen von nicht zer­ris­se­nem Papier aus­brei­ten, damit die etwa aus­fal­len­den Samen nicht ver­streut wer­den. Das Nach­rei­fen soll in ver­schlos­se­nen Räu­men erfol­gen, damit Kin­der und Geflü­gel kei­nen Scha­den erleiden.

Beach­tet beim Sam­meln die in einem beson­de­ren Merk­blatt zusam­men­ge­stell­ten all­ge­mei­nen Regeln. Schont beim Sam­meln die Fel­der und Äcker. Geht nicht beim Sam­meln in die Fel­der hin­ein, sam­melt nur, was am Ran­de steht, reißt nicht die gan­zen Pflan­zen aus, wenn ihr nur die Blü­ten oder Blät­ter zu sam­meln braucht. Beschä­digt die Bäu­me nicht und reißt von ihnen kei­ne Äste ab. Sam­melt nur, wo die Pflan­zen zahl­reich vor­kom­men, laßt ver­ein­zel­te ste­hen, rot­tet sie nicht aus.

Quel­len
Arz­n­ei­pflan­­zen-Mer­k­­blä­t­­ter des Kai­ser­li­chen Gesund­heits­amts /​​ Bearb. in Gemein­schaft mit d. Arz­n­ei­pflan­­zen-Aus­­­schuß d. Deut­schen Phar­ma­zeut. Gesell­schaft Ber­­lin-Dah­­lem. Sprin­ger, Ber­lin, 1917.
wei­te­re Infos
Herbst­zeit­lo­se
Herbst­zeit­lo­se Monographie

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