Lesetipp: Das Gladiatoren Kochbuch

Die Uni­ver­si­tät Regens­burg lob­te 2010 ein außer­ge­wöhn­li­ches, inter­dis­zi­pli­nä­res Pro­jekt aus: Das Insti­tut der Geschich­te und der Sport­wis­sen­schaf­ten führ­ten gemein­sam das ‚Gla­dia­to­ren-Pro­jekt’ durch. Die Ankün­di­gun­gen des Pro­jekts sind im Inter­net zu fin­den, Zusam­men­fas­sun­gen der Resul­ta­te lei­der nicht. Auch die Pres­se­ab­tei­lung der Uni­ver­si­tät ließ mei­ne Anfra­ge unbe­ant­wor­tet, was sehr scha­de ist. Immer­hin ent­stand ein Buch aus die­sem Pro­jekt, dass ein wenig mehr Ein­blick gibt: Einer der Teil­neh­mer, Chris­ti­an Eckert, leg­te mit Hil­fe des Neu­ann-Neu­damm-Ver­la­ges das ‚Gla­dia­to­ren-Koch­buch’ auf.

War­um wird die­ses Buch nun auf einem natur­heil­kund­li­chen Por­tal bespro­chen, mögen sich geneig­te Lese­rIn­nen fra­gen. Ganz ein­fach – weil das Pro­jekt ver­schie­de­ne natur­heil­kund­li­che Aspek­te berührt. In der Ein­lei­tung berich­tet der Autor zum Bei­spiel von den Bedin­gun­gen, Vor­be­rei­tun­gen und etwas Geschicht­li­ches, was allei­ne schon unter­halt­sam für sich genom­men ist: 28 Stu­den­ten hat­ten sich frei­wil­lig für die­ses außer­ge­wöhn­li­che Expe­ri­ment gemel­det. Fünf Mona­te lang – 40 Tage im Som­mer 2010 – hat­ten die Sport­stu­den­ten ver­sucht zu leben wie römi­sche Gla­dia­to­ren. Das bedeu­te­te, dass die Lebens­wei­se, die die His­to­ri­ker ver­mu­te­ten und dann als Vor­ga­ben aus­ge­schrie­ben hat­ten, von den Sport­lern durch­ge­führt wur­de. Für die Sport­wis­sen­schaft­ler der Uni­ver­si­tät Regens­burg waren die sport­phy­sio­lo­gi­schen Ver­än­de­run­gen inter­es­sant, die die Sport­ler wäh­rend die­ser Zeit durch­mach­ten. Außer­dem soll­ten die anti­ken Trai­nings­wei­sen erforscht wer­den – aber nicht nur in sport­li­cher Hin­sicht, son­dern auch in ernäh­rungs­phy­sio­lo­gi­scher. Die His­to­ri­ker hat­ten her­aus­ge­ar­bei­tet, dass die Gla­dia­to­ren die Hoch­leis­tungs­sport­ler der Römer waren – denn sie muss­ten sich täg­lich durch meh­re­re Stun­den im Kampf‑, Leistungs‑, Kraft‑, Koor­di­na­ti­ons- und Aus­dau­er­trai­ning auf den Wett­kampf in der römi­schen Are­na vor­be­rei­ten. Schließ­lich bedeu­te­te jeder Kampf einer auf Leben und Tod: Jeder Kampf-Beginn in der Are­na der Gla­dia­to­ren wur­de bekann­ter­ma­ßen ein­ge­lei­tet mit den Wor­ten vor ihrem Impe­ra­tor: “Die Tod­ge­weih­ten grü­ßen dich!” Die Gla­dia­to­ren waren die Stars der Are­na von damals.
Grund­la­ge: His­to­ri­sche For­schung der Gladiatoren

Das Pro­jekt stell­te die vier Gla­dia­to­ren­ty­pen nach, ihre Aus­rüs­tun­gen, Ein­tei­lung des Trai­nings, die Ele­men­te des Kamp­fes und dann die ver­schie­de­nen Trai­nings­ar­ten. Natur­heil­kund­lich beson­ders inter­es­sant ist, dass die Stu­den­ten in der Zeit nur die Beklei­dung der Römer tru­gen. Dass heißt die Lei­nen-Schurz­be­klei­dung mit der das täg­li­che Trai­ning unter frei­em Him­mel bei jedem Wet­ter statt­fand. Die Stu­den­ten wer­den enor­me kör­per­li­che Umstel­lun­gen zu bewäl­ti­gen gehabt haben und dass nicht nur hin­sicht­lich des 6–9stüngigen, täg­li­chen Trai­nings. Auch das Immuns­sys­tem muss­te Höchst­leis­tun­gen erbrin­gen durch das Leben qua­si im Frei­en ohne die moder­nen Lebens­er­leich­te­run­gen (z.B. das Schla­fen eben­falls nur mit ent­spre­chen­den Decken und nicht den Hoch­leis­tungs­fa­sern der Moder­ne). Zu ver­mu­ten ist auch, dass die Stu­den­ten mit der Ernäh­rungs­um­stel­lung zu tun hat­ten. Denn die Gla­dia­to­ren waren bei­spiels­wei­se bei den Römern als ‚Kör­ner­fres­ser’ bekannt. Ihre Nah­rung bestand aus Gers­te und Boh­nen, sie ver­mie­den Fleisch. Der Spei­se­plan bestand täg­lich aus Mahl­zei­ten mit Getrei­de, Gemü­se, Hül­sen­früch­ten, Obst, Nüs­sen und Oli­ven­öl. Nur zwei­mal pro Woche gab es Käse oder Eier. Und ein­mal pro Woche (Sonn­tag) gab es, qua­si zur Beloh­nung, Alko­hol, Süßes und Fleisch.

Die Ernäh­rung für die Gla­dia­to­ren war eher basisch aus­ge­rich­tet, unter Ver­mei­dung von Säu­re­bild­nern, um die Rege­ne­ra­ti­ons­ge­schwin­dig­keit zu ver­bes­sern. Boh­nen als wich­ti­ger Lie­fe­rant von pflanz­li­chem Eiweiss führ­ten zu einer lang­sa­men Ver­dau­ung bei kon­stan­ter Ver­sor­gung mit umge­wan­del­tem Zucker – also genü­gen­der Ener­gie, um die Anfor­de­run­gen des Trai­nings ohne Hun­ger zu bestehen. Die Stu­den­ten wer­den wahr­schein­lich nicht nur unter Fla­tu­len­zen gelit­ten haben, son­dern sich oft nach bestimm­ten moder­nen Snacks gesehnt haben…

Hoch­mo­der­ne Koch­re­zep­te für Fitness-Bewusste

Die vor­ge­schla­ge­nen Koch­re­zep­te des Buches sind für moder­ne Body­buil­der oder Fit­ness-Bewuss­te von hohem Inter­es­se, denn sie berüh­ren genau die Pro­ble­ma­ti­ken, mit denen sich Sport- und Hoch­leis­tungs­ori­en­tier­te täg­lich aus­ein­an­der setzen.

Die Koch­re­zep­te selbst sind weder etwas für Men­schen mit ver­wöhn­tem Gau­men oder für eine vari­an­ten­rei­che, geschmack­lich abwechs­lungs­rei­che Küche. Die meis­ten Rezep­te basie­ren auf der Ver­ar­bei­tung ent­we­der von Gers­te (abwech­selnd ange­bra­ten mit Knob­lauch, Oli­ven­öl und ver­schie­de­nen Gemü­se) oder Boh­nen (z. B. mit Hir­se, Oli­ven, Kapern, Gemü­se). Geschmack­li­che Unter­schie­de brin­gen ver­wen­de­te Gewür­ze wie Knob­lauch, Cur­cu­ma, Thy­mi­an, Ore­ga­no, Peter­si­lie, Pfef­fer, Mayoran usw. Beson­ders inter­es­sant ist auch, dass die Römer damals, ähn­lich wie heu­te die Thai­län­der, eine Fisch­sauce (GARUM) ver­wen­det und damit ihre Gerich­te ange­rei­chert haben sol­len. Die Fisch­sauce wur­de aus fett­rei­chen Fischen wie Sar­del­len, Aalen, Makre­len her­ge­stellt. Die Fische wur­den unaus­ge­nom­men mit Salz ver­mengt und in Becken oder Fäs­sern mona­te­lang der Son­ne aus­ge­setzt (die Thais benut­zen noch heu­te das­sel­be Ver­fah­ren zur Her­stel­lung ihrer Fisch­sauce). Das End­pro­dukt ist eine Sau­ce klar, bern­stein­far­ben und mit typi­schem Fisch­ge­ruch und ‑Geschmack. Die Ver­wen­dung ist gewöh­nungs­be­dürf­tig, wer damit nicht zurecht kommt, kann auch Soya­sauce ersatz­wei­se verwenden.

Koch­re­zep­te leicht umsetzbar

Um die Rezep­te nach­zu­ko­chen, bedarf es kei­ner beson­de­ren Koch­kunst oder raf­fi­nier­ter, teu­rer Gewür­ze. Die meis­ten befin­den sich ohne­hin in jedem Haus­halt. Nur der Ein­kaufs­plan dürf­te umge­stellt wer­den und die Essens­ge­wohn­hei­ten. Denn heut­zu­ta­ge wer­den kaum täg­lich Boh­nen oder Getrei­de täg­lich geges­sen. Eine Umstel­lung auf die­se Ernäh­rung ist als natur­heil­kund­lich wert­voll zu beur­tei­len: Die hohen Bal­last­stoff­an­tei­le sind gut für eine her­vor­ra­gen­de Ver­dau­ung, die Hun­ger­ge­füh­le wer­den sich umstel­len – weder Snacks noch sons­ti­ge süße Sachen sind nötig, weil der Kör­per mit der lang­fris­ti­gen Ver­dau­ung bzw. Nah­rungs­ver­wer­tung beschäf­tigt ist. Folg­lich dürf­te sich eine lang­fris­ti­ge Ernäh­rungs­um­stel­lung auch auf der Waa­ge durch Ver­lust von Pfun­den zei­gen (wie bei den Sport­lern auch).

Fazit: Ein bemer­kens­wer­ter Ansatz für ein Koch­buch, dass trotz his­to­ri­scher Anleh­nung hoch­mo­dern ist, lehr­reich und gut umsetz­bar. Für Fit­ness-bewuss­te lie­fert es Rezep­te, die garan­tiert gesün­der sind, als die Eiweiß-Prä­pa­ra­te der Chemieindustrie.

Eckert C: Gla­dia­to­ren Koch­buch, Neu­mann-Neu­damm, 2014. 14,95 Euro (direk­te Bestel­lung ama­zon)

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (2015).
wei­te­re Infos
Lese­tipp: Lexi­kon der pflanz­li­chen Fet­te und Öle
Haus­mit­tel aus aller Welt – Frau­en berichten

Bitte Ihre Frage, Anmerkung, Kommentar im folgenden Feld eingeben