Heilpflanzen gegen Influenza: Antiviral wirksam, ohne Toxizität oder Resistenzen

Sapporo Stadtansicht
Sap­po­ro Stadtansicht

25th Inter­na­tio­nal Con­fe­rence on Anti­vi­ral Rese­arch (ICAR)

Pres­se­mit­tei­lung von: Heilpflanzen-Welt.de Berlin
Pres­se­agen­tur: mMv – mul­ti­MED­vi­si­on – Ber­li­ner Medizinredaktion

Sap­po­ro (10.05.2012). Pas­send zur For­schungs­agen­da der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on WHO, die seit 2010 for­dert, end­lich auch tra­di­tio­nel­le und natur­me­di­zi­ni­sche Pro­duk­te im Kampf gegen dro­hen­de Influ­en­za-Gefah­ren zu prü­fen [1], mach­ten Heil­pflan­zen und ihre anti­vi­ra­le Potenz einen wesent­li­chen Teil der dies­jäh­ri­gen 25. Inter­na­tio­na­len Kon­fe­renz über Anti­vi­ra­le For­schung in Sap­po­ro aus [2]. Min­des­tens sechs For­scher­grup­pen zeig­ten anti­vi­ra­le und viru­zi­de Effek­te von Heil­pflan­zen­ex­trak­ten in vitro und in vivo gegen Influ­en­za-Viren, ohne toxi­sche oder funk­ti­ons­ein­schrän­ken­de Aus­wir­kun­gen auf die unter­such­ten Zel­len, Gewe­be oder Tier­mo­del­le. Ein Schwer­punkt der Kon­fe­renz­bei­trä­ge lag auf der Klä­rung der Wirkmechanismen.

Gleich zwei Grup­pen stell­ten ihre Ergeb­nis­se zu dem Haupt­be­stand­teil von grü­nem Tee, dem Bio­fla­vo­no­id Epi­gal­lo­ca­te­chin­gal­lat (EGCG), vor. Die anti­vi­ra­le Akti­vi­tät von EGCG bei Influenza‑, aber auch HIV-1-Viren ist schon etwas län­ger bekannt. Ein deutsch-kana­di­sches Team zeig­te, dass der Haupt­ef­fekt des Extrak­tes in vitro in einer Hem­mung des pri­mä­ren Virus-Attach­ments an die jewei­li­gen Ziel­zel­len begrün­det ist, ohne dass die­se lys­iert wer­den. Die EGCG-Poly­phe­no­le erwie­sen sich auch gegen­über wei­te­ren Viren hoch­ak­tiv, unter ande­rem HCV, HSV‑1, HSV‑2 oder Vac­ci­nia-Viren. Die­se Ergeb­nis­se deck­ten sich teil­wei­se mit den Stu­di­en­ergeb­nis­sen einer korea­ni­schen Arbeits­grup­pe. Die­se konn­te hin­sicht­lich des Influ­en­za­vi­rus H1N1 und wei­te­ren Influ­en­za-A-Viren zei­gen, dass EGCG funk­tio­nel­le Ände­run­gen des vira­len Häm­ag­glu­tinins (HA) bewirkt, was die Bin­dung an zel­lu­lä­re HA-Rezep­to­ren und/​oder die Zell­mem­bran-Pene­tra­ti­on von Viren ver­hin­dert. Die von der korea­ni­schen Regie­rung finan­zier­te Stu­die zeigt, dass ECGC aus Grün­tee ein Infekt­blo­cker ist, des­sen beson­de­re Bedeu­tung in sei­nem brei­ten anti­vi­ra­len Spek­trum liegt.

Cystus052 blockiert Viren-Attachment und damit die virale Infektiosität

Die in Cystus052 enthaltenen hochpolymeren Polyphenole binden unspezifisch an die Virusoberfläche und behindern so die Bindungsfähigkeit des Hämagglutinin an zelluläre Neuraminsäure-Rezeptoren. Die Zellen selbst werden von Cystus052 nicht in ihrem Stoffwechsel oder ihrer Lebensfähigkeit beeinflusst.
Die in Cystus052 ent­hal­te­nen hoch­po­ly­me­ren Poly­phe­no­le bin­den unspe­zi­fisch an die Virus­ober­flä­che und behin­dern so die Bin­dungs­fä­hig­keit des Häm­ag­glu­ti­nin an zel­lu­lä­re Neu­r­a­min­säu­re-Rezep­to­ren. Die Zel­len selbst wer­den von Cystus052 nicht in ihrem Stoff­wech­sel oder ihrer Lebens­fä­hig­keit beein­flusst.
Quel­le: Prof. Dr. Ste­phan Lud­wig, Insti­tut für Mole­ku­la­re Viro­lo­gie, Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Münster.
Influenzaviren binden mit ihrem Oberflächenprotein Hämagglutinin (HA) an den Rezeptor Neuraminsäure der Wirtszellen. Nach ebenfalls HA-bedingter Fusion der Virushülle mit der Wirtszellmembran kommt es schließlich zur Aufnahme der Virionen in die Zellen und zu ihrer Replikation.
Influ­en­za­vi­ren bin­den mit ihrem Ober­flä­chen­pro­te­in Häm­ag­glu­ti­nin (HA) an den Rezep­tor Neu­r­a­min­säu­re der Wirts­zel­len. Nach eben­falls HA-beding­ter Fusi­on der Virus­hül­le mit der Wirts­zell­mem­bran kommt es schließ­lich zur Auf­nah­me der Virio­nen in die Zel­len und zu ihrer Repli­ka­ti­on.
Quel­le: Prof. Dr. Ste­phan Lud­wig, Insti­tut für Mole­ku­la­re Viro­lo­gie, Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Münster.

Eine japa­ni­sche Arbeits­grup­pe zeig­te Resul­ta­te von in vitro- und in vivo-Tests mit Hochu-ekki-to (chin. Bu-Zhong-Yi-Qi-Tang), einem pflanz­li­chen Kom­bi­na­ti­ons­mit­tel der tra­di­tio­nel­len japa­ni­schen Kam­po-Medi­zin (Inhalts­stof­fe: Tra­gant, Spei­chel­kraut, Panax, Engel­wurz, Hasen­ohr, Sil­ber­ker­ze, Ing­wer, Juju­be, Oran­ge, Süß­holz). Hochu, so zeig­te sich ein­deu­tig, inter­agiert nicht direkt mit Zel­len oder intra­zel­lu­lä­ren Pro­zes­sen, zum Bei­spiel der Nuclein­säu­re-Syn­the­se oder der Virio­nen­frei­set­zung durch infi­zier­te Zel­len. Viel­mehr führt das Kam­po-Mit­tel letzt­lich zu Virus­kom­ple­xen, denen eine Infek­ti­on nicht mehr mög­lich ist. Die zwei­wö­chi­ge Anwen­dung von Hochu redu­zier­te die Gesamt-Influ­en­za­vi­rus­last in den unter­such­ten Mäu­sen. Damit kann zwar kein prä­ven­ti­ver Effekt direkt gezeigt wer­den, ins­ge­samt hat das Kam­po-Prä­pa­rat jedoch kla­re Antiinfluenza-Effekte.

Cur­cu­min, ein Farb­stoff der Gelb­wur­zel (Cur­cu­ma lon­ga, E100), blo­ckiert in vitro die Virus­re­pli­ka­ti­on von Influ­en­za­vi­ren durch Inhi­bi­ti­on der vira­len Hämagglutinin(HA)-Aktivität. Zudem, so zeig­te die tai­wa­ne­si­sche Arbeits­grup­pe wei­ter, hemmt Cur­cu­min auch die Plaq­ue­bil­dung von ande­ren behüll­ten Viren. Die For­scher kom­men zum Schluss, dass Cur­cu­min eine viel­sei­ti­ge Bedeu­tung bei der Blo­cka­de von Influ­en­za-Infek­tio­nen haben könn­te. Aus Russ­land stam­men kom­ple­xe Unter­su­chun­gen von Extrak­ten ver­schie­de­ner Pflan­zen-Cal­li sowie diver­ser pflanz­li­cher Pro­teol­sy­se­inhi­bi­to­ren, die aus­ge­präg­te anti­vi­ra­le sowie viru­zi­de Wir­kun­gen gegen­über Influ­en­za A‑Viren (H3N2) zei­gen. Die höchs­te viru­zi­de Wir­kun­gen zeig­ten Callus­ex­trak­te bestimm­ter Tabak­pflan­zen (Nico­tia­na sua­veo­lens und Nico­tia­na ala­ta). Aus Soja­boh­nen, Gar­ten­boh­nen und Kar­tof­feln her­ge­stell­te Pro­teoly­se­inhi­bi­to­ren hemm­ten wie­der­um die Virus­re­pli­ka­ti­on in erheb­li­chem Umfang.

Beson­de­re Auf­merk­sam­keit erreg­ten die in Sap­po­ro prä­sen­tier­ten Stu­di­en­ergeb­nis­se zu einem Extrakt der spe­zi­el­len Zist­ro­sen­va­rie­tät Cis­tus inca­nus ssp. Pan­da­lis, Cystus052, da neben den expe­ri­men­tel­len in vitro- und in vivo-Daten auch kli­ni­sche Stu­di­en­ergeb­nis­se vor­lie­gen. So hat der Extrakt ein erheb­li­ches anti­vi­ra­les Poten­ti­al gegen­über Influ­en­za­vi­ren, berich­te­ten Viro­lo­gen von ver­schie­de­nen deut­schen Uni­ver­si­tä­ten. Die bis­he­ri­gen For­schungs­re­sul­ta­te zei­gen zudem, dass der an hoch­po­ly­me­ren Poly­phe­no­len rei­che Cystus052 – Extrakt vor allem das Attach­ment der Viren an Ziel­zel­len ver­hin­dert, und damit letzt­lich die Infek­ti­on blo­ckiert. Die Extrakt-Wirk­sam­keit konn­te bei einer Viel­zahl von Influ­en­za-Viren ein­schließ­lich H5N1 oder H1N1v sowie einer Rei­he wei­te­rer patho­ge­ner Viren gezeigt wer­den, jeweils ohne Schä­di­gung der Zel­len oder Effek­te auf Meta­bo­lis­mus oder Pro­li­fe­ra­ti­on. Resis­tenz­ent­wick­lun­gen tra­ten nicht auf. Der Mecha­nis­mus des anti­vi­ra­len Effek­tes, also die Virus-Blo­cka­de und kon­se­ku­ti­ve Infek­tio­si­täts-Reduk­ti­on, wird als nicht-phar­ma­ko­lo­gisch bezeich­net, ent­steht also ledig­lich durch direk­te Inter­ak­ti­on mit mikro­biel­len Ziel­struk­tu­ren. Das zeigt sich auch an den feh­len­den Neben­wir­kun­gen ent­spre­chen­der kli­ni­scher Stu­di­en und der tra­di­tio­nel­len Anwen­dung. Dies lässt den Extrakt als beson­ders geeig­net zur Prä­ven­ti­on und The­ra­pie von Influ­en­za erscheinen.

Jede die­ser Stu­di­en für sich genom­men bestä­tigt die schon 2009 im Ange­sicht der dama­li­gen Influ­en­za-Pan­de­mie von einem kana­di­schen Exper­ten für Phy­to­the­ra­pie getrof­fe­ne Aus­sa­ge: “Pflan­zen­ex­trak­te, die reich an Poly­phe­no­len sind, könn­ten zukünf­tig eine bedeu­ten­de Rol­le bei der Kon­trol­le von Influ­en­za­aus­brü­chen und der sym­pto­ma­ti­schen Beschwer­de der Erkran­kung spie­len. Eine beson­de­re Attrak­ti­on der Phy­to­the­ra­pie ist das brei­te Spek­trum der poten­ti­el­len vira­len Tar­gets, da pflanz­li­che Inhalts­stof­fe mit ver­schie­dens­ten vira­len Eiwei­ßen inter­agie­ren kön­nen und nicht durch Unter­schie­de zwi­schen vira­len Virus­fa­mi­li­en oder ‑gat­tun­gen oder resis­ten­te Muta­tio­nen begrenzt sind. Folg­lich sind prak­tisch alle Viren gegen­über die­sen pflanz­li­chen Wirk­stof­fen sus­zep­ti­bel.” [3]

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Ber­lin, 10.5.2012.
Quel­len
[1] Glo­bal Influ­en­za Pro­gram­me (WHO): WHO public health rese­arch agen­da for influ­en­za. Welt­ge­sund­heits­be­hör­de WHO, Genf, 2009 ff. (WHO Web­site).
[2] 25th Inter­na­tio­nal Con­fe­rence on Anti­vi­ral Rese­arch (ICAR), Sap­po­ro, 16.–19. April 2012. Ver­an­stal­ter: Inter­na­tio­nal Socie­ty for Anti­vi­ral Rese­arch (ISAR).
[3] Hud­son JB: The use of her­bal extra­cts in the con­trol of influ­en­za. J Med Plants Res. 2009 Dec;3(13):1189–95.
Bild­nach­weis
• toma­ya – Fotolia.com

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