Nichts geht ohne Pfeffer

Pfef­fer­pflan­ze

Frü­her war das Pfef­fer so wert­voll, dass es mit Gold auf­ge­wo­gen wur­de. Heu­te ist es das wich­tigs­te Gewürz in der west­li­chen Welt. Sei­ne Würz­kraft und die ver­dau­ungs­för­dern­de Wir­kung wird sowohl in der indi­schen, d. h. ayur­ve­di­schen wie auch der euro­päi­schen Küche geschätzt.

“Geh doch dahin, wo der Pfef­fer wächst!” – ans ande­re Ende der Welt also. Der­ar­ti­ge Ver­wün­schun­gen haben ihren Schre­cken ver­lo­ren. Vie­le Men­schen wür­den ihnen sogar mit Ver­gnü­gen fol­gen. Denn die Anbau­län­der des Pfef­fers sind Viet­nam, Indi­en, Indo­ne­si­en, Malay­sia, Bra­si­li­en, Thai­land und Chi­na – Län­der, die wegen ihrer tro­pi­schen, feucht­hei­ßen Vege­ta­ti­on und Exo­tik ger­ne im Urlaub bereist wer­den. Die Pfef­fer­pro­du­zen­ten lie­fern jähr­lich 160.000 Ton­nen an den Welt­markt und dar­aus lässt sich die Bedeu­tung erschlie­ßen: Schwar­zer Pfef­fer (Piper nigrum L.) ist das wich­tigs­te Gewürz in der west­li­chen Küche. Er stammt ursprüng­lich aus Mala­bar, einer Regi­on an der Süd­west­küs­te Indi­ens und wird – nach­weis­bar durch die den Hin­dus hei­li­gen Veden – schon seit min­des­tens drei­tau­send Jah­ren kul­ti­viert. Schwar­zer Pfef­fer ist wegen sei­ner außer­or­dent­li­chen Halt- und Lager­bar­keit (30 Jah­re) heu­te wie damals ein belieb­tes Spe­ku­la­ti­ons­ob­jekt. Die begehr­te Han­dels­wa­re, bestehend aus schwar­zen, run­ze­li­gen Stein­frücht­chen, ist unemp­find­lich, unver­derb­lich und leicht trans­por­tier­bar. Wer sich für die Geschich­te des Pfef­fers inter­es­siert, kann viel Span­nen­des nach­le­sen: Der Han­del mit Pfef­fer war immer lukra­tiv. Sei­net­we­gen wur­den Krie­ge erklärt, so man­ches Königs­haus erleb­te Blü­te und Nie­der­gang. Zuerst brach­ten phö­ni­zi­sche Kauf­leu­te den Pfef­fer ins Abend­land. Jahr­tau­sen­de­lang war nur der Land­weg nach Indi­en bekannt, der von den Ara­bern kon­trol­liert wur­de. Wegen des lan­gen Trans­ports und den vie­len Zwi­schen­händ­lern war Pfef­fer teu­er. Den­noch – oder viel­leicht gera­de des­we­gen? – war es eines der kost­bars­ten und begehr­tes­ten Gewür­ze. Pfef­fer wur­de mit Gold auf­ge­wo­gen oder war auch ein wich­ti­ges Tausch­gut: Bei­spiels­wei­se gehör­ten 3000 Pfund Pfef­fer zum Löse­geld, das Ala­rich, König der Ost­go­ten, bei der Bela­ge­rung Roms erhielt (408 nach Chris­ti). Erst 1498 wur­de das Mono­pol der Ara­ber durch­bro­chen: Der Por­tu­gie­se Vas­co da Gama ent­deck­te mit Hil­fe mus­li­mi­scher Navi­ga­to­ren einen See­weg nach Indi­en. Danach kon­trol­lier­ten die Por­tu­gie­sen den Gewürz­han­del etwa 200 Jah­re lang. Im 17. Jahr­hun­dert über­nah­men die Hol­län­der das Geschäft, denn ihnen gelang, die Por­tu­gie­sen mit Waf­fen­ge­walt von den Gewürz­küs­ten und ‑Inseln zu ver­trie­ben. Um das Ange­bot zu erwei­tern, brach­ten die Hol­län­der den Pfef­fer auf das Malay­ische Archi­pel und lie­ßen ihn dort in gro­ßen Men­gen pro­du­zie­ren. Mit dem gro­ßen Ange­bot san­ken die Prei­se, doch erst vor etwa 150 Jah­ren wur­de das Gewürz end­lich für alle Bevöl­ke­rungs­schich­ten erschwinglich.

Ayurvedische Küche

Im Alter­tum war Pfef­fer in Euro­pa nicht nur als wert­vol­le Ware begehrt. Das Gewürz galt als gesund­heits­för­dernd und wur­de schon von Hip­po­kra­tes als Arz­nei­mit­tel ein­ge­setzt. Auch Dio­s­ku­r­i­des war es bekannt. Er schätz­te Pfef­fer als “erwär­men­des” ver­dau­ungs­för­dern­des, harn­trei­ben­des Mit­tel. Denk­bar ist, dass der grie­chi­sche Arzt von Erzäh­lun­gen aus Indi­en inspi­riert wur­de. Denn in Indi­en hat Pip­pa­li, wie Pfef­fer dort genannt wird, einen sog. “erwär­men­den” Cha­rak­ter. Die­se Cha­rak­te­ri­sie­rung ent­stammt der indi­schen Heils­leh­re Ayur­ve­da (Wis­sen­schaft vom Leben). Sie ist eines der ältes­ten Medi­zin-Sys­te­me der Mensch­heit und beruht auf phi­lo­so­phi­schen Vor­stel­lun­gen vom Wer­den, Sein und Ver­ge­hen des Men­schen als Teil des Kos­mos. Ech­te Ayur­ve­da-Inter­es­sier­te erler­nen unter Anlei­tung eines Leh­rers jah­re­lang die Grund­sät­ze die­ser Heils­leh­re, denn sie beruht auf einem kom­ple­xen Sys­tem von Ener­gien und kos­mi­schen Gesetz­mä­ßig­kei­ten. Ein Schwer­punkt bei Ayur­ve­da sind Anlei­tun­gen zur gesun­den Lebens­füh­rung und krank­heits­vor­beu­gen­de Maß­nah­men, wozu die täg­li­che Ernäh­rung gehört.

Pfef­fer wird getrocknet

Schwar­zer Pfef­fer kommt in der ayur­ve­di­schen Küche als hei­ßes, schar­fes Gewürz zum Ein­satz. Und zwar nicht nur zur Geschmacks­stei­ge­rung, son­dern wegen sei­nes anre­gen­den Ein­flus­ses auf Agni (Sans­krit: das Grund­ele­ment “Feu­er” des Lebens). Zu Agni gehö­ren nach der alt­in­di­schen Heil­kunst auch alle Stoff­wech­sel­vor­gän­ge im Kör­per (was unse­rer west­li­chen Vor­stel­lung von Sau­er­stoff­ver­bren­nung = Oxi­da­ti­on ähnelt). Schwar­zer Pfef­fer hilft z. B. ins­be­son­de­re das Ver­dau­ungs­feu­er zu ent­fa­chen. Somit kön­nen Ver­dau­ungs­säf­te ver­mehrt flie­ßen und even­tu­ell ent­stan­de­ne Schla­cke­stof­fe (Ama) bes­ser aus dem Kör­per beför­dert wer­den. Auch bei Beschwer­den wie Hämor­rhoi­den, Blä­hun­gen oder Appe­tit­man­gel wird das Gewürz ein­ge­setzt. Eine wei­te­re Pfef­fer­art hat in der ayr­ur­ve­di­schen Küche eben­falls Bedeu­tung: Dem Lan­gen Pfef­fer (Piper longum L.; heu­te kaum noch zu bekom­men) wur­den – viel­leicht wegen sei­ner nach­ge­wie­se­nen gefäß­er­wei­tern­den Wir­kung – ener­ge­ti­sie­ren­de und aphro­di­sie­ren­de Effek­te auf die Geschlechts­or­ga­ne nach­ge­sagt (die auch die Römer schon schätz­ten). Wer nun jedoch anfängt, sei­ne Spei­sen zwecks Potenz­stei­ge­rung ordent­lich zu pfef­fern, wird wahr­schein­lich ent­täuscht. Laut Ayur­ve­da-Exper­ten kön­nen all­ge­mei­ne Würz­emp­feh­lun­gen nicht wir­ken. Denn ihrer Heils­leh­re ent­spre­chend benö­tigt jeder Mensch als Indi­vi­du­um eine maß­ge­schnei­der­te, per­sön­li­che Ernäh­rung und Wür­zung der Spei­sen. Nur so gelingt ein Leben in Har­mo­nie mit den kos­mi­schen Geset­zen des Uni­ver­sums. Trotz­dem wird in Indi­en ger­ne die Gewürz­mi­schung tri­ka­tu (“drei Gewür­ze”) ver­kauft, die zu glei­chen Tei­len aus Lan­gem Pfef­fer, aus Schwar­zem Pfef­fer und getrock­ne­ten Ing­wer­wur­zel­stü­cken (Zin­gi­ber offi­ci­na­le) besteht und mit das wich­tigs­te ayur­ve­di­sche Anre­gungs­mit­tel darstellt.

Pfeffer-Variationen

Tro­cke­ne Pfefferkörner

In der west­li­chen Küche ist Pfef­fer hin­ge­gen ein Uni­ver­sal­ge­würz und wird zur Geschmacks­stei­ge­rung ver­wen­det. Vor allem schwar­zer Pfef­fer ist bei der Her­stel­lung von Fleisch- und Wurst­wa­ren oder Käse unent­behr­lich. Für gute Haus­manns­kost gilt genau­so wie die Hau­te Cui­sine: Eine Pri­se Pfef­fer gehört fast zu jedem Gericht. Fehlt das Gewürz, so wird es oft als fade emp­fun­den. Pfef­fer ent­hält äthe­ri­sche Öle (1,2–3,5%) mit den Haupt­kom­po­nen­ten beta-Caryo­phyl­len, alpha-Pinen, Sabi­nen und Limo­nen. Haupt­ge­schmacks­kom­po­nen­te sind die scharf schme­cken­den Säu­re­ami­de (5–10%), haupt­säch­lich Pipe­rin. Die­ser Wirk­stoff regt Rezep­to­ren im Mund an, sodass Spei­chel- und Magen­saft­se­kre­ti­on geför­dert, und die Spei­sen dadurch leich­ter ver­daut wer­den. Wäh­rend in der Nah­rungs­mit­tel­in­dus­trie gemah­le­ner Pfef­fer en gros ver­wen­det wird, emp­fiehlt sich für den Haus­ge­brauch eine gute Pfef­fer­müh­le. Grund: Weil sich die äthe­ri­schen Öle leicht ver­flüch­ti­gen, wird Pfef­fer am bes­ten frisch gemah­len und erst am Ende des Kochens dem Essen bei­gege­ben. Frü­her konn­ten Köche nur zwi­schen schwar­zem und wei­ßen Pfef­fer wäh­len. Seit eini­gen Jah­ren gibt es eine Viel­zahl von Pfef­fer-Varia­tio­nen. Der grü­ne Pfef­fer bei­spiels­wei­se ist erst seit etwa zwan­zig Jah­ren auf dem Markt: Er wird wegen sei­ner mil­de­ren Schär­fe und fei­ne­ren Geschmack geschätzt. Auf der Jagd nach inter­es­san­ten, pfef­fe­ri­gen Geschmacks­no­ten sind auch Sor­ten auf den Markt gekom­men, die gar nichts mit dem ech­ten Pfef­fer zu tun haben. So gibt es in jedem Super­markt bei­spiels­wei­se die “bun­ten” Pfef­fer­mischun­gen. Die dar­in ent­hal­te­nen roten Pfef­fer­kör­ner sind zumeist gar kei­ne. Es han­delt sich um rosa Bee­ren (Schi­nus mol­le L., ame­ri­ka­ni­scher Pfef­fer­baum) eines süd­ame­ri­ka­ni­schen Sumach­ge­wäch­ses (Ana­car­diacea), die nur wegen ihrer Far­be in die Mischung gelan­gen. Auch beim Szechu­an-Pfef­fer (in Asi­en-Läden erhält­lich) han­delt es sich um getrock­ne­te Zan­th­oxylum-Früch­te, die wegen ihrer bei­ßen­den Schär­fe beson­ders asia­ti­schen Gerich­ten einen typi­schen Geschmack verleihen.

Kleine Pfeffer-Gewürzkunde

Die Stamm­pflan­ze gehört zur Fami­lie der Pfef­fer­ge­wäch­se (Pipe­raceae) und ist eine Klet­ter­pflan­ze. Sie kann sich mit Haft­wur­zeln an Bäu­men oder Stan­gen bis zu 10 Metern hoch ran­ken. Die Pflan­ze hat klei­ne, wei­ße, an einer Ähre sit­zen­den Blü­ten, die sich nach der Befruch­tung zu bee­ren­ähn­li­chen Stein­früch­ten ent­wi­ckeln. Sie sind zunächst grün, mit zuneh­men­der Rei­fe rot und schließ­lich gelb.

Schwar­zer Pfef­fer: Für den schwar­zen Pfef­fer, der am häu­figs­ten pro­du­ziert wird, sind voll ent­wi­ckel­te Stein­früch­te wich­tig, die erst kurz vor ihrer voll­ende­ten Rei­fe gepflückt wer­den dür­fen. Je län­ger die Früch­te am Strauch blei­ben, des­to aro­ma­ti­scher wird der Pfef­fer. Im Anschluss wer­den die Stein­früch­te kurz in kochen­des Was­ser ein­ge­taucht und in der Son­ne getrock­net. Sie erhal­ten dadurch ihre typi­sche schrum­pe­li­ge Ober­flä­che und durch Fer­men­ta­ti­on ihre schwarz­brau­ne Färbung.

Wei­ßer Pfef­fer: Voll­rei­fe Pfef­fer­früch­te wer­den geern­tet und mehr­tä­gig in kal­tem Was­ser ein­ge­weicht. Dadurch ent­fernt sich die äuße­re Hül­le (Exo­karps). Der wei­ße Kern bleibt zurück und wird dann getrock­net. Wei­ßer Pfef­fer ent­hält die gan­ze Schär­fe, ist durch den Ver­lust des Exo­karps nicht mehr aro­ma­tisch. Er hat einen ande­ren Geschmack als schwar­zer Pfeffer.

Grü­ner Pfef­fer: Unrei­fe Früch­te wer­den nach ihrer Ern­te sofort in eine sal­zi­ge oder sau­re Lake ein­ge­legt. Die Fer­men­ta­ti­on wird damit unter­bun­den. Grü­ner Pfef­fer wird ent­we­der in der Lake im Glas oder getrock­net (gefrier­ge­trock­net) ver­kauft. Wegen des gerin­gen Rei­fe­grads ist er sehr mild im Geschmack und wegen der kur­zen Trock­nung nur ein Jahr haltbar.

Roter Pfef­fer: Rote, rei­fe Pfef­fer­früch­te wer­den geern­tet und in einer Salz­la­ke kon­ser­viert. Wegen der Rei­fe der Stein­früch­te ist Aro­ma und Schär­fe voll­kom­men ent­wi­ckelt. Ech­ter roter Pfef­fer ist wegen sei­ner auf­wen­di­gen Her­stel­lung sel­ten zu finden.

Dau­men­re­gel: Schwar­zer Pfef­fer für dunk­les Fleisch, dunk­le Sau­cen; Wei­ßer Pfef­fer für hel­les Fleisch und hel­le Sau­cen. Grü­ner Pfef­fer schmeckt wegen sei­ner Mil­de gut zu Käse­brot oder sogar zu Erd­bee­ren. Sie bekom­men dadurch eine inter­es­san­te pfeff­ri­ge Wür­zung, behal­ten jedoch ihr eige­nes Aroma.

Mehr:

Schi­nus mol­le-Baum auf Teneriffa

Autorin
• Mari­on Kaden, Natür­lich (2007).

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