Teufelskralle gegen Rheuma

Zur Bekämp­fung von Arthro­se und Rheu­ma waren syn­the­ti­sche Wirk­stof­fe vie­le Jahr­zehn­te lang Mit­tel der Wahl – die sog. nicht-ste­ro­ida­len Anti­rheu­ma­ti­ka (NSAR) und neu­er­dings auch die Coxi­be. Doch Ende 2004 schreck­ten Mel­dun­gen über töd­li­che Neben­wir­kun­gen die­ser Phar­ma­ka die Öffent­lich­keit auf. Die Her­stel­ler zogen etli­che Pro­duk­te zurück (z. B. MSD das Mit­tel Vioxx®). Der mas­si­ve Bedarf an medi­ka­men­tö­sen Alter­na­ti­ven ver­schafft pflanz­li­chen Arz­nei­mit­teln wie der lan­ge bekann­ten Teu­fels­kral­le (Har­pag­o­phy­tum pro­cu­bens) mit ihrer schmerz­lin­dern­den, ent­zün­dungs­hem­men­den oder beweg­lich­keits­för­dern­den Wir­kung nun eine uner­war­te­te Chan­ce: Die süd­afri­ka­ni­sche Heil­pflan­ze wur­de in der Schweiz im August 2005 als Medi­ka­ment zugelassen.

Die­se Zulas­sung ist vor einem beson­de­ren Hin­ter­grund zu sehen, der sich span­nend wie ein “teuf­li­scher” Kri­mi dar­stellt: Über 30 Mil­lio­nen von Men­schen lei­den welt­weit an behand­lungs­be­dürf­ti­gem Rheu­ma (ein Sam­mel­be­griff für Erkran­kun­gen der Bewe­gungs­or­ga­ne). Je nach Art und Schwe­re der Erkran­kung gibt es ver­schie­de­ne The­ra­pie­an­sät­ze. Zu der medi­ka­men­tö­sen The­ra­pie gehört ganz wesent­lich der Ein­satz “nicht-ste­ro­ida­ler Anti­rheu­ma­ti­ka” (NSAR). Vor allem wegen der schmerz- (anal­ge­ne­ti­schen) und ent­zün­dungs­hem­men­den (anti­phlo­gis­ti­schen) sowie der fie­ber­sen­ken­den (anti­py­re­ti­schen) Wir­kun­gen die­ser Medi­ka­men­ten­grup­pe. Die vor­teil­haf­ten Wir­kun­gen beim Dau­er­ein­satz der NSAR bei chro­ni­schem Rheu­ma wer­den jedoch mit erheb­li­chen Neben­wir­kun­gen erkauft: Die Pati­en­ten bekom­men Magen­ge­schwü­re (Ulzer­a­tio­nen), Blu­tun­gen, lebens­be­droh­li­che Durch­brü­che der Magen­wand (Per­fo­ra­tio­nen) oder auch Stö­run­gen ihres Blut­bil­des (in den USA ver­ur­sa­chen gas­tro­in­testi­na­le Blu­tun­gen geschätz­te Kos­ten von etwa von 1,6 Mil­li­ar­den US$ jähr­lich!). Vie­le phar­ma­ko­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te soll­ten die­se Pro­ble­me lösen, zuletzt die Wirk­stof­fe aus der Coxi­be­grup­pe (Cox-2-spe­zi­fi­sche NSAR), deren Ein­füh­rung in den 90er Jah­ren die Akti­en­kur­se ihrer Her­stel­ler so schön hoch getrie­ben haben. Doch die wich­tigs­ten Ver­tre­ter die­ser Medi­ka­men­ten­grup­pe muss­ten erst kürz­lich wie­der vom Markt genom­men wer­den, teil­wei­se frei­wil­lig, teil­wei­se auf äus­se­ren Druck der Zulas­sungs­be­hör­den: Nicht mehr zu leug­nen­de Todes­fäl­le durch die Sub­stan­zen wur­den gemel­det. Bald erhär­te­te sich auch die Ver­mu­tung, dass Coxi­be als gan­ze Grup­pe gif­tig für Herz­kranz­ge­fä­ße sind. Das “teuf­li­sche” dabei: Die­se kar­dio­to­xi­schen Neben­wir­kun­gen waren den Her­stel­lern und der US-ame­ri­ka­ni­schen Zulas­sungs­be­hör­de Food and Drug Admi­nis­tra­ti­on (FDA) offen­bar bereits vor der Zulas­sung bekannt, wur­den jedoch anders als heu­te bewer­tet. Nun sol­len Re-Ana­ly­sen aller von den Her­stel­lern vor­ge­leg­ten Stu­di­en durch­ge­führt sowie neue Unter­su­chun­gen ange­stellt wer­den, um das töd­li­che Neben­wir­kungs­po­ten­ti­al genau­er zu stu­die­ren. Denn ein viel schwer­wie­gen­de­rer – neu­er – Ver­dacht lässt befürch­ten, dass auch die Aus­gangs­sub­stan­zen der Coxi­be, die klas­si­schen NSAR, die glei­chen töd­li­chen Neben­wir­kun­gen haben könn­ten. Und dies wäre fatal, weil die klas­si­sche Rheu­ma­to­lo­gie und Ortho­pä­die – aus­ser der unge­nü­gen­den Medi­ka­men­ten­grup­pe der sog. Basis­the­ra­peu­ti­ka (z. B. Gold) – kei­ne medi­ka­men­tö­sen Alter­na­ti­ven mehr hätte.

Zulassungsschwierigkeiten pflanzlicher Wirkstoffe

Was tun? Der Hand­lungs­be­darf ist also enorm. Der Ruf nach der Ent­wick­lung kura­ti­ver und gleich­zei­tig neben­wir­kungs­ar­mer Alter­na­ti­ven ist unüber­hör­bar gewor­den. Wie soll da ein pflanz­li­cher Wirk­stoff der Teu­fels­kral­le aus der Mise­re hel­fen? Heil­pflan­zen haben es bei arz­nei­mit­tel­recht­li­chen Zulas­sun­gen immer schwe­rer. Ihre wir­kungs­be­stim­men­den Inhalt­stof­fe las­sen sich oft nicht iden­ti­fi­zie­ren, weil Pflan­zen­ex­trak­te aus extrem vie­len, unter­schied­li­chen Kom­po­nen­ten zusam­men­ge­setzt sind. Es mag zwar eine Kom­po­nen­te bekannt sein, die viel­leicht für die the­ra­peu­ti­sche Wir­kung haupt­säch­lich ver­ant­wort­lich ist. Doch bei der Unter­su­chung fällt die­se oft durch die auf­wän­di­gen Ver­suchs­rei­hen. Grund: Vie­le pflanz­li­che Wirk­stof­fe ent­wi­ckeln erst in ihrer kom­pli­zier­ten Zusam­men­set­zung und vor allem Inter­ak­ti­on mit ande­ren Inhalts­stof­fen der Pflan­ze ihre eigent­lich heil­sa­me Wir­kung. Die­se Wirk­stoff-Kom­bi­na­ti­on bleibt jedoch häu­fig ein von der Natur gut gehü­te­tes Geheim­nis der jewei­li­gen Heil­pflan­ze. Um ihr die­ses Geheim­nis zu ent­reis­sen, müss­ten zeit- und kos­ten­auf­wän­digs­te Labor­un­ter­su­chun­gen vor­ge­nom­men wer­den, die für die meis­ten Unter­neh­men eine extre­me finan­zi­el­le Belas­tung bedeu­ten wür­den. Weil pflanz­li­che Prä­pa­ra­te die wis­sen­schaft­lich gefor­der­ten Kri­te­ri­en nicht erfül­len, wer­den sie ger­ne als unwirk­sam abge­stem­pelt. Und so heisst es auch im Ber­li­ner arz­nei­mit­tel-tele­gramm (phar­ma­kri­ti­sches Infor­ma­ti­ons­blatt für deut­sche Ärz­te und Apo­the­ker) schon bei der Markt­ein­füh­rung der Teu­fels­kral­le 1976 in Deutsch­land: “Zwei­fel­haf­tes The­ra­pie­prin­zip mit unzu­rei­chen­der Daten­la­ge. Zube­rei­tung der Wur­zel des Sesam­ge­wäch­ses Teu­fels­kral­le sol­len sich laut Auf­be­rei­tungs­mo­no­gra­phie der Kom­mis­si­on E zur unter­stüt­zen­den ‚The­ra­pie dege­ne­ra­ti­ver Erkran­kun­gen des Bewe­gungs­ap­pa­ra­tes’ eig­nen. Wesent­li­che Bestand­tei­le sind Gly­ko­si­de wie Har­pa­gos­id. Ein Wirk­me­cha­nis­mus ist nicht bekannt. Ver­öf­fent­lich­te ran­do­mi­sier­te Stu­di­en sind von unbe­frie­di­gen­der Qua­li­tät, brin­gen wider­sprüch­li­che Ergeb­nis­se und rei­chen unse­res Erach­tens nicht für einen Nut­zen­be­leg aus.”

Studienlage der Teufelskralle

An die­ser kri­ti­schen Bewer­tung hat sich in den ver­gan­ge­nen 30 Jah­ren wenig an der Beur­tei­lung durch die deut­schen Phar­ma­krit­ker geän­dert. Und trotz­dem erhielt die Teu­fels­kral­le in der Schweiz eine Zulas­sung für die The­ra­pie dege­ne­ra­ti­ver Erkran­kun­gen des Bewe­gungs­ap­pa­rats, also Rheu­ma. Damit gibt es neben Wei­den­rin­de (Cor­tex sali­cis) immer­hin eine wei­te­re, als Arz­nei­mit­tel zuge­las­se­ne The­ra­pie­al­ter­na­ti­ve beim rheu­ma­ti­schen For­men­kreis. Denn die Wirk­stof­fe der Teu­fels­kral­le sol­len bes­ser ver­träg­lich sein, haben weni­ger pro­ble­ma­ti­sche Wech­sel­wir­kun­gen mit ande­ren Arz­nei­mit­teln und – nach der­zei­ti­ger Daten­la­ge – kei­ne töd­li­chen Kom­pli­ka­tio­nen! Als Wirk­stof­fe der Teu­fels­kral­le wur­den im wesent­li­chen Bit­ter­stof­fe vom Iri­do­id­typ (dar­un­ter 0,1–2,0 % Har­pa­gos­id als Haupt­in­halt­stoff und Pro­cum­bid), freie Zimt­säu­re und Fla­vo­no­ide aus­ge­macht. Im neu­en Jahr­tau­send wur­den ver­schie­de­ne pla­ce­bo­kon­trol­lier­te ran­do­mi­sier­te Dop­pel­blind­stu­di­en mit Teu­fels­kral­le erstellt, die posi­ti­ve Wir­kung nach­ge­wie­sen haben. In einer Ver­gleichs­stu­die wur­de z. B. eine Grup­pe von Pati­en­ten mit Teu­fels­kral­le-Extrak­te, die Ver­gleichs­grup­pe mit kon­ven­tio­nel­len NSAR behan­delt. Dabei schnitt die mit Teu­fels­kral­le-Extrak­ten ver­sorg­te Pati­en­ten-Grup­pe hin­sicht­lich der Schmerz­ver­rin­ge­rung sta­tis­tisch signi­fi­kant bes­ser ab. Auch die für Rheu­ma­pa­ti­en­ten bedeut­sa­me ent­zün­dungs­hem­men­de Wir­kung wur­de bestä­tigt. In der Sum­me waren die mit Teu­fels­kral­len-Extrak­ten behan­del­ten Pati­en­ten beweg­li­cher als die Pati­en­ten der Ver­gleichs­grup­pe. Die ent­zün­dungs­hem­men­de und schmerz­lin­dern­de Wir­kung wird auf eine teil­wei­se Hem­mung von TNF-alpha, COX‑2 sowie Lip­oxy­ge­na­se (alle drei sind ent­schei­den­de Signal­stof­fe im Ablauf von Ent­zün­dungs­re­ak­tio­nen) zurückgeführt.

Fragen an die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic:

Natür­lich: Steht die uner­war­te­te Zulas­sung der Teu­fels­kral­le im Zusam­men­hang mit dem Skan­dal um die Coxi­be und den aktu­el­len Pro­ble­men für die Rheu­ma­to­lo­gie, die durch Ver­bo­te und Rück­zü­ge von Coxi­­be-Prä­­pa­ra­­te ver­ur­sacht sind?

Swiss­me­dic: Nein.

Natür­lich: Teu­fels­kral­le ist nicht erstat­tungs­fä­hig. Liegt das dar­an, dass die Schwei­zer Zulas­sungs­be­hör­de ähn­lich wie die deut­sche argu­men­tiert, dass das Prä­pa­rat nicht genü­gend wirk­sam ist?

Swiss­me­dic: Für die Zulas­sung resp. die Erstat­tungs­fä­hig­keit in der Schweiz sind unter­schied­li­che Stel­len zustän­dig. Swiss­me­dic ist für die Arz­n­ei­­mi­t­­tel-Zulas­­sung zustän­dig und beur­teilt Qua­li­tät, Sicher­heit und Wirk­sam­keit anhand wis­sen­schaft­li­cher Kriterien.

Für die Erstat­tungs­fä­hig­keit muss die Zulas­sungs­in­ha­be­rin ein ent­spre­chen­des Gesuch beim Bun­des­amt für Gesund­heit, Direk­ti­ons­be­reich Kran­ken- und Unfall­ver­si­che­rung, ein­rei­chen. Hier wird auf der Basis der ein­ge­reich­ten Unter­la­gen sowie unter Berück­sich­ti­gung der Wirt­schaft­lich­keit über die Erstat­tungs­fä­hig­keit ent­schie­den (Auf­nah­me in die sog. Spezialitätenliste).

Anmer­kung: Für erstat­tungs­fä­hi­ge Arz­nei­mit­tel darf eine Fir­ma kei­ner­lei Publi­kums­wer­bung machen.

Die Fra­gen wur­den am 26.10.2006 von Moni­que Hel­fer, Swiss­me­dic beantwortet.

Mit Enterhaken die Fortpflanzung sichern

Getrock­ne­te Fruchtkapsel

Die Teu­fels­kral­le gehört zur Fami­lie der Sesam­ge­wäch­se (Peda­li­aceae). Die Pflan­ze ist im süd­li­chen Afri­ka, Län­dern wie Nami­bia, Süd­afri­ka und west­li­chen Bots­wa­na behei­ma­tet. Sie wächst in tief­grün­di­gen Sand­bö­den in Regio­nen mit eher spär­li­cher Vege­ta­ti­on. Der son­der­ba­re Name Teu­fels­kral­le bezieht sich auf die Form der rei­fen, auf­ge­sprun­ge­nen Samen­kap­seln. Der Gat­tungs­na­me Har­pag­o­phy­tum, grie­chisch ‘har­pa­gos’ = ‘Enter­ha­ken’, gibt genaue­re Hin­wei­se auf die Namens­ge­bung: Die Pflan­ze muss­te in ihrer unwirt­li­chen Hei­mat beson­de­re Über­le­bens­stra­te­gien ent­wi­ckeln. Sie stat­tet ihre rei­fen Samen­kap­seln mit von anker­ar­ti­gen Wider­ha­ken besetz­ten und ver­zweigt aus­se­hen­den Aus­wüch­sen aus. Damit sind die Samen­kap­seln in der Lage, sich “Mit­fahr­ge­le­gen­hei­ten” zu entern. Prak­tisch kral­len sich die gros­sen Samen­kap­seln am Bein­fell von vor­über­zie­hen­den Tie­ren fest und wer­den so in ande­re Regio­nen befördert.

Mit Bitterstoffen gegen Fressfeinde

Nach der Regen­zeit ent­wi­ckelt die Teu­fels­kral­le weni­ge Spros­se aus denen sich gegen­stän­dig wach­sen­de, wei­che, gel­app­te Blät­ter, die sich über dem Sand­bo­den ver­brei­ten. Danach wach­sen gros­se, hell­vio­let­te Blü­ten, die nur für einen Tag blü­hen. Wer­den sie bestäubt, wach­sen dar­aus die besag­ten kral­len­ar­ti­gen Samen­kap­seln. Nur die­se ver­blei­ben auf dem Sand­bo­den, wäh­rend die übri­gen ober­ir­di­schen Pflan­zen­tei­le bald dar­auf ver­dor­ren. Unter­ir­disch bil­det die Teu­fels­kral­le einen Pri­mär­wur­zel­stock, der sich etwa 30 cm unter der Erd­ober­flä­che befin­det und aus dem Knos­pen für die Erneue­rungs­trie­be der Blatt­spros­se in der nächs­ten Regen­pe­ri­ode spries­sen. Von dem Haupt­wur­zel­stock gehen klei­ne­re Sei­ten­wur­zeln ab. Zum Schutz gegen die Hit­ze wach­sen sie bis 1,5 Meter in die Tie­fe und bil­den in unre­gel­mäs­si­gen Abstän­den ver­dick­te Wur­zel­tei­le: Die sekun­dä­ren Pflan­zen­knol­len. Zum Schutz gegen Fress­fein­de hat die Pflan­ze noch eine beson­de­re Waf­fe ver­füg­bar: Wegen des Was­ser- und Fut­ter­man­gels suchen Tie­re in der Hit­ze­pe­ri­ode nach den feuch­tig­keits­spei­chern­den Knol­len. Die Teu­fels­kral­le hat im Lau­fe der Evo­lu­ti­on ihre Spei­cher­knol­len mit Bit­ter­stof­fen aus­ge­stat­tet, so dass sie prak­tisch unge­niess­bar ist. Die sekun­dä­ren Spei­cher­wur­zeln, die auch für die Her­stel­lung der medi­zi­ni­schen Prä­pa­ra­te von Inter­es­se sind, haben einen Bit­ter­wert von 5.000 – 12.000. Phar­ma­ko­lo­gisch betrach­tet, gibt es kei­ne Dro­gen, die bit­te­rer sind. Trotz die­ser Mass­nah­me las­sen sich eini­ge Tie­re nicht abschre­cken. Der Schwei­zer Bota­ni­ker Richard Bol­li notiert in einem Arti­kel, dass sich Pavia­ne in Man­gel­zei­ten von der Teu­fels­kral­le ernähren.

Traditionelle Verwendung:

Die süd­afri­ka­ni­sche Volks­me­di­zin ver­wen­det Teu­fels­kral­le bei Ver­dau­ungs­be­schwer­den, Furun­keln, Haut­ver­let­zun­gen, als Abführ­mit­tel, zur Behand­lung von Geschwü­ren oder zur Lin­de­rung von Schmerzen.

Aus­führ­li­che Lite­ra­tur zur Geschich­te: Vonar­burg, Bru­no: Teu­fels­kral­le lin­dert Rheu­ma, Natür­lich, Nov. 2001, S. 64 ff.

Es gibt ver­schie­de­ne Arten der Teu­fels­kral­le, wobei bota­nisch zwi­schen Har­pag­o­phy­tum zey­he­ri DECAISNE (mit drei Unter­ar­ten) und Har­pag­o­phy­tum pro­cu­bens BRUCH DC (mit zwei Unter­ar­ten) unter­schie­den wird. Letz­te­re Art wur­de von der Mono­gra­phie der Kom­mis­si­on E des ehe­ma­li­gen deut­schen Bun­des­ge­sund­heits­am­tes (1989) und bei­de Arten in die Euro­päi­sche Phar­ma­ko­pöe (2003) auf­ge­nom­men. Unter­schie­de der Arten bestehen im Ver­hält­nis zwei­er Haupt­i­ri­do­id­gly­ko­si­de, wobei die­se in ihren Aus­wir­kun­gen bis­her uner­forscht sind.

Schutzmassnahmen der Pflanze

In den letz­ten Jah­ren ist der Bedarf an den sekun­dä­ren Spei­cher­wur­zeln zwecks medi­zi­ni­scher Ver­wen­dung ste­tig gestie­gen. Der Haupt­ex­por­teur Nami­bia hat, laut Bol­li, in den 90iger Jah­ren 500 Ton­nen getrock­ne­te Teu­fels­kral­len-Wur­zeln aus­ge­führt. 2002 stieg der Export mit 1.038 Ton­nen über die Hälf­te. Das Gros des heu­ti­gen Bedarfs wird wei­ter­hin über Wild­samm­lun­gen gedeckt – was Fra­gen nach der Öko­lo­gie und dem Schutz der Pflan­ze bei wei­te­rer Aus­beu­tung auf­wirft. Inter­es­sens­kon­flik­te sind vor­pro­gram­miert: Enga­gier­te Umwelt­ex­per­ten ver­such­ten die Pflan­ze als gefähr­de­te Art durch Auf­nah­me in das Washing­to­ner Arten­schutz­ab­kom­men zu schüt­zen, und den Abbau streng zu regle­men­tie­ren. Die Erzeu­ger­län­der ver­hin­der­ten die­sen Vor­stoss mit wirt­schaft­li­chen Argu­men­ten. Die Ern­te und Ver­ar­bei­tung des Roh­stoffs sei zu einem wich­ti­gen Wirt­schafts­fak­tor gewor­den. Und schliess­lich soll­te den Men­schen, die in den unter­ent­wi­ckel­ten Regio­nen leben, nicht die ein­zi­ge Ein­kom­mens­quel­le geraubt werden.

Lösungen bei der Beschaffung

Der schwie­ri­gen Situa­ti­on ver­su­chen Her­stel­ler mit unter­schied­li­chen Mass­nah­men zu begeg­nen. Pro­jek­te zum Schutz und Erhalt der Teu­fels­kral­le wur­den in Zusam­men­ar­beit mit dem Deut­schen Bun­des­na­tur­schutz­amt ins Leben geru­fen. Bei den Pro­jek­ten wer­den Infor­ma­tio­nen zum Schutz der Pflan­ze wei­ter­ge­ge­ben: Es heisst, die Ein­hei­mi­schen wer­den “geschult”, damit sie bei den Wild­samm­lun­gen vor­sich­tig nach den Sekun­där­wur­zeln zu gra­ben, die Pri­mär­wur­zel nicht ver­let­zen und somit den Bestand der Pflan­zen nicht gefähr­den. Eine wei­te­re Bestre­bung der Pro­jek­te ist, den Ein­hei­mi­schen durch Arbeit auf Far­men gesi­cher­te Ein­künf­te zu ermög­li­chen. An einem betei­li­gen sich das Schwei­zer Unter­neh­men Bio­f­orce, Rogg­wil, und das Deut­sche Unter­neh­men Salus Natur­heil­mit­tel, Bruck­mühl, gemein­sam. Die Pflan­zen wer­den ange­baut, unter­lie­gen damit im gan­zen Pflanz­zy­klus einer bes­se­ren Kon­trol­le. Einen wei­te­ren Vor­teil sieht Dr. Andre­as Ryser, Lei­ter Anbau und For­schung, Bio­f­orce: “Wur­zeln aus Wild­samm­lun­gen ent­hal­ten häu­fi­ger Fäkal­bak­te­ri­en, die wir durch den kon­trol­lier­ten Anbau ver­mei­den kön­nen”. Nach Jah­ren des Expe­ri­men­tie­rens konn­ten “im ver­gan­ge­nen Jahr erst­mals etwa 25 Ton­nen geern­tet wer­den”, wie Dr. Rolf Fran­ke, Lei­ter Anbau, For­schung und Ent­wick­lung bei Salus, erklärte.

Anbau der Teufelskralle:

Hier sind zwei Anbau-Stra­­te­­gien mög­lich: Bei der lang­fris­tig ange­leg­ten Stra­te­gie wer­den Samen der Teu­fels­kral­le ver­wen­det, die eine regu­lä­re Pfahl­wur­zel und spä­ter sekun­dä­re Wur­zeln aus­bil­den. Die­se kön­nen alle 3–5 Jah­re abge­ern­tet wer­den. Bei der kurz­fris­ti­gen Stra­te­gie wer­den Steck­lin­ge ver­wen­det. Die Pflan­zen bil­den jedoch kei­ne Pri­mär­wur­zel, son­dern nur Sei­ten­wur­zeln. Nach der Ern­te stirbt die Pflan­ze ab.

Der Auf­bau wei­te­rer Plan­ta­gen wird den Schutz der Pflan­ze mög­li­cher­wei­se gewähr­leis­ten. Auch die Auf­nah­me der Art Har­pag­o­phy­tum zey­he­ri in die Euro­päi­sche Phar­ma­ko­poe sorg­te für Ent­span­nung auf dem Beschaf­fungs­markt, weil Lie­fe­run­gen aus Wild­samm­lun­gen des süd­li­chen Ango­las hin­zu­ka­men. Am Preis der Teu­fels­kral­le wird sich wahr­schein­lich zukünf­tig nichts ändern: Sie ent­stammt einer hand­ver­le­se­nen, müh­sam beschaff­ten Ware, die ihren Preis wert ist.

Autorin
• Mari­on Kaden, natür­lich leben (2006).
Quel­len
• Leh­mann, Frank: Stand­ort­be­stim­mung in der Pro­phy­la­xe und The­ra­pie NSAR-indu­­zier­­ter Ulzera. Schwei­ze­ri­sche Medi­zi­ni­sche Wochen­schrift 1999, 129: S. 1073–80 (https://www.smw.ch/pdf/1999_29-30/1999–29–427.PDF)
• Schmid Boris: Die obe­re gas­tro­in­testi­na­le Blu­tung. Eine retro­spek­ti­ve Stu­die der Jah­re 1995–1998. Inau­­gu­ral-Dis­­ser­­ta­­ti­on, Ruhr Uni­ver­si­tät Bochum. https://www-brs.ub.ruhr-uni-bochum.de/netahtml/HSS/Diss/SchmidtBoris/diss.pdf
• Bol­li Richard: Har­pag­o­phy­tum, die Wur­zel­knol­le aus dem süd­li­chen Afri­ka. Schwei­ze­ri­sche Medi­zi­ni­sche Zeit­schrift für Phy­to­the­ra­pie Nr. 3., 2004, S. 20–24.
• Kaszkin, M. Pfeil­schif­ter J., Loew D.: Har­­pa­g­o­­phy­­tum-Extrak­­te als sinn­vol­le Phy­­to­a­na­l­ge­­ti­­ka/-anti­­phlo­­gis­­ti­­ka? Schwei­ze­ri­sche Medi­zi­ni­sche Zeit­schrift für Phy­to­ter­a­pie Nr. 3, S. 4–8.

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