Sanddorn (Hippophae rhamnoides L.) hat in den letzten Jahren eine steile Karriere gemacht. Früher fristete der dornenbewehrte Busch als einheimische Obstsorte eher ein Schattendasein. Heute ist Sanddorn mit den leuchtend roten Beeren wegen seines breiten Spektrums an wertvollen Inhaltstoffen ein Verkaufsschlager.
Der Saft, der im Spätherbst aus den Beeren gewonnen wird, ist Grundlage für Sirup, Extrakt, Marmelade, Fruchtschnitte, Bonbon, Likör, Geschmackzusatz zu Torten oder Saucen. Auch die Kosmetik-Industrie entdeckte Sanddorn: Sie verwendet vorwiegend extrahiertes Fruchtfleisch- und Kernöl, um damit einen wertvollen Zusatz für Seife, Reinigungsmilch und Gesichtsmaske zu gewinnen.
Ein Schwarzenegger unter den Säften
Sanddornsaft
Ein gemixter Sanddorn-Saft kann es leicht mit jedem künstlich hergestellten ACE-Multivitamin-Drink aufnehmen. Der natürliche Vitamin-C-Gehalt der Beeren wird von keiner einheimischen Obstsorte übertroffen. Sogar die Zitrone enthält zehnmal weniger Vitamin C. Daher eignet sich Sanddorn in den Herbst- und Wintermonaten hervorragend zur Vorbeugung und Stärkung des Immunsystems: Mit drei Esslöffeln Sanddornsaft täglich ist der Bedarf an Vitaminen gedeckt. Therapiebegleitend kann Sanddorn auch bei Erschöpfungszuständen, Appetitmangel oder Infektanfälligkeit helfen. Die anderen Vitamine E (Alpha-Tocopherol) Beta-Karotin, B1, B6 und B 12 haben wichtige Funktionen für Haut (Schutz vor Austrocknung, Entmineralisierung) und Stoffwechsel. Sanddorn enthält ausserdem wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente wie Eisen, Kalzium, Mangan und Magnesium. Die Wirkung der ebenfalls enthaltenen sogenannten sekundären Pflanzenstoffe wie Phytosterine, biogene Amine und Polyphenole sind zur Zeit wenig erforscht. Verschiedene internationale Forschergruppen untersuchen jedoch die vielfältigen Inhaltsstoffe des Sanddorn. Eine kürzlich erschienene Studie aus China belegte zum Beispiel eine medizinische Wirkung: Bei chronischen Lebererkrankungen (Hepatitis) zeigte die mehrfache, tägliche Einnahme von Sanddorn-Extrakt-Kapseln hervorragende Ergebnisse. Die Leberfunktion der Patienten, die Sanddorn-Extrakte zu sich nahmen, konnte schneller wieder hergestellt werden.
Vielfältig einsetzbar
Ursprünglich gepresster Saft wird selten verwendet, denn Sanddorn hat einen herben, fast unangenehm sauren Eigengeschmack. Der gepresste Saft wird deshalb mit anderen kombiniert – Apfel- oder Karottensaft bieten sich an. In Reformhäusern sind verarbeitete Formen von Sanddorn am gebräuchlichsten: Fruchtschnitte, Marmelade oder eingedickter Sirup. Dieser ist vielfältig einsetzbar: Zum Süßen vom Müsli, Joghurt oder Quark, zum Verfeinern von Saucen, Salaten oder Süßspeisen. Wichtig zu wissen: Sanddorn verliert seine Inhaltstoffe beim Kochen (erst am Ende hinzufügen) oder durch geöffnete Flaschen oder Gläser. Deshalb gehören diese nach dem ersten Gebrauch in den Kühlschrank.
Pflegend und heilend
In der Kosmetik-Industrie wird zwischen Fruchtfleisch- und Kernöl unterschieden. Das Fruchtfleischöl wird durch Kaltpressung des Fruchtfleisches gewonnen. Es hat die typisch orange-rote Farbe des Sanddorns und einen hohen Anteil von Carotinoiden (chemische Doppelbindungen). Das Kernöl besteht, wie der Name schon verrät, aus den Samen. Es enthält hohe Anteile ungesättigter Fettsäuren wie Linol- und Linolensäure. Diese werden wegen ihrer großen Ähnlichkeit zum Fett der oberen Hautschichten geschätzt und eingesetzt. Die seltene Palmidoleinsäure des Sanddorns ist besonders begehrt wegen seiner beruhigenden Wirkung auf gereizte und beanspruchte Haut.
Von der Wild- zur Kulturpflanze
Sanddorn gehört zu den Ölweidengewächsen (Elaeagnacee). Wegen seiner hohen Anpassungsfähigkeit, ist er sowohl in Küstenregionen wie auch in hohen Gebirgslagen anzutreffen. Er braucht lockeren, gut durchlüfteten Boden. An den Küsten der Nord- und Ostsee spielt Sanddorn wegen seines weit verzweigten Wurzelwerks zur Befestigung und Landschaftsschutz eine bedeutsame Rolle. Die wirtschaftliche Nutzung begann übrigens 1940/ 41 mit der Entdeckung des hohen Vitamingehalts durch deutsche Forscher. Regierungsbeamte Hitlers hatten nach Wegen gesucht, den Vitaminbedarf der deutschen Bevölkerung mit einheimischen Pflanzen zu decken. Nach der Entdeckung des hohen Vitamingehalts des dornigen Busches, wurde ein systematischer Anbau in den Küstenregionen betrieben. Das nachfolgende SED-Régime der ehemaligen DDR förderten den Anbau aus den gleichen wirtschaftlichen Motiven. Die damaligen kultivierungs- und Züchtungsversuche der Wildpflanze tragen heute reichliche Früchte. Entlang vieler Küstenstriche der Ostsee wird Sanddorn alljährlich mit speziellem Gerät “gemolken”. Sanddorn ist stachelbewehrt, deshalb werden seine Früchte mit einer Art groben Bürste in Eimer abgezogen. Die Ernte ist mühsam und erfordert alte Kleidung und Handschuhe.
Gartenliebhaber, die den reizvollen Busch mit seinen silbrigen schmalen Blättern gerne anpflanzen wollen, müssen eines bedenken: Sanddorn ist botanisch als “zweihäusig” klassifiziert, d.h. wenn die Pflanze Früchte tragen soll, muss mindestens ein männlicher und ein weiblichen Strauch angepflanzt werden.
Autorin
• Marion Kaden, Natürlich (2003).
Quellen
Darmer, Gerhard: Der Sanddorn als Wild – und Kulturpflanze, S. Hirzel Verlag Leipzig, 1952, S. VI ff.
Tremper, Marlis: Zitrone des Nordens, Nordkurier, Neubrandenburger Zeitung, 1998.
Gao, ZL, Gu XH: Effect of Sea buckthorn on liver fibrosis: A clinical study, World Journal of Gastroenerology, 2003, July, 9 (7): 1615–7 (Medline, Volltext).