Ziege

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Zie­ge, Capra Hir­cus, L. mit gebo­ge­nen, scharf ge-ran­de­ten Hör­nern; ein bekann­tes, ver­muth­lich von den india­ni­schen Gebir­gen abstam­men­des Haust­hi­er, wel­ches, sel­te­ner ohne Hör­ner, trock­ne Gebirgs­wei­den, Flech­ten, und das Laub an den Ast­spit­zen der Bäu­me liebt und ihre Rin­de zer­nagt, wenig Anhäng­lich­keit an Men­schen zeigt, leb­haft streit­bar, geil und über­mü-thig, leicht des gewohn­ten Fut­ters über­drü­ßig, im Sprun­ge läuft, die Käl­te scheut, fünf Mona­te träch­tig geht, ein bis zwei, sel­ten meh­re­re Jun­ge wirft und zehn bis zwölf Jah­re lebt.

Der gemei­ne Mann nahm ehe­dem das getrock­ne­te und gepül­ver­te Bocks­blut (San­gu­is Hir­ci) als ein Zer-thei­lungs­mit­tel des sto­cken­den Blu­tes noch Quet­schun­gen, Fal­len, Sto­ßen, auch im Sei­ten­sti­che und als ein Schweiß trei­ben­des Mit­tel (ver­geb­lich) ein. Bei Ruhren, und im Stuhl­zwan­ge hat man den wei­ßen, har­ten Bockst­alg (Sevum Hir­cinum) in Brü­hen (schäd­li­cher­wei­se) ein­ge­ge­ben und bei leich­ten Ver­wun­dun­gen den­sel­ben aufgelegt.

Die Zie­gen­milch (Lac capr­il­lum), von der man sich von jeder wich­ti­ge Diens­te in Ernäh­rung aus­ge­zehr­ter und abge­mer­gel­ter Per­so­nen ver­spro­chen hat, fast als ein­zi­ge Nah­rung noch warm und frisch gemol­ken, genos­sen, ent­hält in zwei Pfun­den eine Unze Rahm (wel­cher drei Quent­chen But­ter gie­bt), drei Unzen, und drei Quent­chen Käse und sechs Quent­chen fes­ten Gehalt der Mol­ken. Sie besitzt folg­lich mehr Käse und weni­ger Was­ser und Fett als die Men­schen­milch und gie­bt daher eine kon­sis­ten­te­re Nah­rung, ob sie gleich in eini­gen Fäl­len nicht so leicht ver­dau­lich als lez­te­re seyn möch­te. Die opal­farb­nen, etwas barsch und süß, über­haupt aber ange­nehm schme­cken­den, durch Laab von Käl­ber­ma­gen (Laab) aus die­ser Milch berei­te­ten Mol­ken (Serum capr­il­lum) haben als nega­ti­ves Nah­rungs­mit­tel zu Kräf­te her­ab­stim­men­den Diät bei Ueber­näh­rung, Straff­heit der Faser, all­zu gro­ßer Gerinn­bar­keit und Men­ge des fase­rich­ten Theils des Bluts und Nei­gung zu rei­nen Ent­zün­dun­gen ent­schie­de­nen gro­ßen Werth; sie aber als empi­ri­sche Früh­lings­kur mit Mit­tel­sal­zen ver­setzt, Per­so­nen von ande­rer Kör­per­be­schaf­fen­heit, oder gleich­sam nur zur Mode trin­ken zu las­sen, hat schon viel gesun­de Per­so­nen krank, oder kran­ke krän­ker gemacht und ver­dient Rüge.