Weißlilie

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Weiß­li­lie, Lili­um can­di­dum, L. [Zorn, pl. med. tab. 462] mit inwen­dig glat­ten Blu­men­kro­nen, und ohne Ord­nung ste­hen­den Blät­tern; ein etwa zwei bis drei Fuß hohes Kraut mit mehr­jäh­ri­ger Wur­zel, wel­ches im Ori­en­te und der Schweitz ein­hei­misch im July weiß blüht.

Die jas­mi­n­ar­tig, nur weit stär­ker und etwas unan­ge­neh­mer rie­chen­den, schnee­wei­ßen Blu­men (Flo­ri lilii albi) thei­len frisch und unz­er­quetscht behut­sam mit Wein­geist, oder mit Was­ser im Dampf­ba­de, aber doch im Was­ser­ba­de destil­lirt, bei­den Flüs­sig­kei­ten ihren duf­ten­den Geruch mit, so wie den mit den fri­schen Blu­men­blät­tern infun­dir­ten aus­ge­preß­ten Oelen. Getrock­net ver­lie­ren sie allen Geruch und behal­ten blos das in ihnen häu­fig ent­hal­te­ne schlei­mi­ge Wesen. Die gerühm­te (äus­ser­lich) erwei­chen­de schmerz­stil­len­de und ent­zün­dungs­wid­ri­ge Kraft des auf­ge­gos­se­nen Lili­en­blu­men­öls (ol. lili­o­rum albor-um, infu­sum) ist wohl nur die des blo­sen Oels. Man hat den mit dem Geru­che der Lili­en geschwän­ger­ten Wein­geist gegen die Fall­sucht ange­wen­det. Das destil­lir­te Was­ser hat man in Katar­rhen inner­lich, am meis­ten aber äus­ser­lich als Schön­heits­mit­tel (man weiß nicht, aus wel­chem Grun­de?) geprie­sen. Doch pflegt man etwas Wein­st­ein­salz hin­zu­zu­set­zen. Die stark duf­ten­den Blu­men ver­ur­sa­chen leicht Kopf­weh, und vie­le der­sel­ben im Zim­mer ein­ge­schlos­sen, haben schon den Tod zuwe­ge gebracht, man behaup­tet, durch Umän­de­rung der Stu­ben­luft in azotische.

In ältern Zei­ten leg­te man den mit gel­bem Stau­be bela­de­nen Staub­beu­teln (Anthe­rae, Cro­cus lili­o­rum alborum) eine die Bär­mut­ter stark reit­zen­de Kraft bei, doch ohne genaue Erfah­run­gen hier­über beizubringen.

Am häu­figs­ten hat man sich noch als Haus­mit­tel der Wur­zel­zwie­beln (Rad. lilii albi) bedient, wel­che geruch­los, im fri­schen Zustan­de eines Hüne­rei­es groß, aus wei­ßen, dicken, glat­ten, wie Dach­zie­gel über ein­an­der lie­gen­den Schup­pen zusam­men­ge­setzt, im trock­nen Zustand aber durch­schei­nend, hart, etwa zoll­dick und röth­lich ist, und etwa den vier­ten Theil ihres Gewich­tes eines unschmack­haf­ten (Eini­ge sagen, bit­ter­li­chen), zähen Schlei­mes ent­hält. Man hat sie frisch unter der Asche gebra­ten und mit Nuß­öl zu-sam­men­ge­kne­ten, oder auch zu Breie gekocht, äus­ser­lich viel­fäl­tig in allen den Fäl­len auf­ge­legt, wo man erwei­chen und schmei­di­gen woll­te, z.B. auf ver­brann­te Haut­stel­len, auf ent­zün­de­te zur Eite­rung zu brin­gen­de Geschwüls­te, ent­zün­de­te Gold­ader­kno­ten, Hü-ner­au­gen, u.s.w. Inner­lich hat man sich ihrer nur sel­ten und fast immer nur als eines harn­trei­ben­den Mit­tels bedient. Jetzt wird bei dem gro­ßen Vor­ra­the and­rer schlei­mi­gen Din­ge fast nir­gend mehr Gebrauch davon gemacht, wenigs­tens kein ärztlicher.