Theer

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Theer (Pix liqui­da) ist ein Destil­la­ti­ons­pro­dukt aus dem dür­ren Hol­ze der Kien­fich­te und der Roth­tan­nen­fich­te von dick­li­cher, schmie­ri­ger Kon­sis­tenz, star­kem, brenz­lich­tem, eig­nem Geru­che und bit­term, har­zi­gem, wid­ri­gem Geschma­cke. Das Bren­nen oder Schweelen des Theers geschieht ent­we­der in eig­nen ver­schlos­se­nen The­er­öfen oder im Frei­en, wo aus gro­ßen Hau­fen ange­zün­de­ten Fich­ten­hol­zes oder Wur­zeln, mit Rasen, Moos und Erde bedeckt, der Theer in dar­un­ter ein­ge­grab­ne Fäs­ser rinnt, mit­telst einer Art abstei­gen­der Destil­la­ti­on. Er ist eine Zusam­men­set­zung aus Harz, empy­rev­ma­ti­schem Oele und bränz­lich­ter Holzsäure.

Rührt man einen Theil Theer mit zwei Thei­len kal­tem Was­ser zwei Tage lang von Zeit zu Zeit um, so wird das Was­ser mit die­ser bränz­lich­ten Holz­säu­re und einem Thei­le des bran­di­gen Oeles geschwän­gert; vom Theer rein abge­gos­sen wird es Theer­was­ser (Aqua picis liqui­dae) genannt. Die­ser gel­be, star­krie­chen­de und wid­rig säu­er­lich schme­cken­de Auf­guß ist in alten Zei­ten in einer Men­ge sich wider­spre­chen­der Krank­hei­ten, vor­züg­lich zur Her­aus­trei­bung eini­ger Haut­aus­schlä­ge unge­mein gerühmt wor­den. Die­ses ziem­lich unan­ge­neh­me, etwas hit­zi­ge Mit­tel, des­sen wah­re Eigen­schaf­ten man unter der Men­ge Lob­sprü­che nicht wahr­men konn­te, mag wohl in eini­gen Fäl­len Harn zu trei­ben im Stan­de seyn, auch wohl Aus­düns­tung beför­dern. Es erhö­het den Ton des Magens, und ist kei­ner Gäh­rung, wie and­re unvoll­kom­me­ne Gewächs­säu­ren, in den ers­ten Wegen fähig. Die ei-gends aus Fich­ten­hol­ze destil­lir­te Säu­re wür­de sei­ne Stel­le bes­ser erset­zen da die­se rein­li­cher und kon­zen-trirter erhal­ten wer­den kann.