Senegaramsel

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Sene­gar amsel, Poly­ga­la Sene­ga, L. [Lin­né, Amoen. acad.II. tab. 2.] mit kraut­ar­ti­gem, sehr ein­fa­chem, auf­rech­tem Sten­gel, ähren­för­mi­gen Blu­men, und breit lan­zett­för­mi­gen Blät­tern, ein in Vir­gi­ni­en, Pen­syl­va-nien, Mary­land, Cana­da ein­hei­mi­sches, kaum fuß­ho­hes Kraut, mit peren­ni­ren­der Wur­zel und wei­ßen Blu­men, wel­ches bei uns im Frei­en fortkömmt.

Die Wur­zel (Rad. Sene­gae, Sene­kae, Poly­ga­lae vir­gi­nia­nae, Rad. Xin­kieu) gie­bt oben aus ihrem gro­ßen unförm­li­chen Kop­fe meh­re­re Zasern von sich, biegt sich dann in der Dicke eines klei­nen Fin­gers, bis zu der eines Gän­se­kiels und von etwa sechs Zoll Län­ge, mit meh­rern Gelenk­kno­ten hin und her, auf bei­den Sei­ten mit hie und da unter­bro­che­nen häu­tig­wuls­ti­gen, her­ab­lau­fen­den Rän­dern, und ver­tief­ten Quer­run­zeln besetzt; ihre dicke, mür­be, mit einem asch­grau­en Ober­häut­chen beklei­de­te, gelb­lich­te Rin­de – der ein­zig wirk­sa­me Theil – ent­hält in der Mit­te einen hol­zi­gen, wei­ßen Kern. Der besond­re, nicht unan­ge­neh­me Geruch ist bei der trock­nen Wur­zel schwach, weit stär­ker bei der fri­schen, der Geschmack anfäng­lich meh­licht, dann erhit­zend und säu­er­lich, wel­cher zuletzt in einen anhal­tend bei­ßen­den, Hus­ten erre­gen­den, und den Mund zusam­men­zie­hen­den übergeht.

In Nord­ame­ri­ka hat sie sich gegen den Biß der Klap­per­schlan­ge hülf­reich erwie­sen, selbst gegen die schon weit gedie­he­nen Fol­gen des­sel­ben, wo Schwe-räth­mig­keit, Blut­spei­en und all­ge­mei­ne Geschwulst ent­stan­den war. Durch Anlei­tung die­ser besieg­ten Zufäl­le hat man ihren Gebrauch auf Lun­gen­ent­zün­dun­gen und Was­ser­sucht über­ge­tra­gen, und, wie man sagt, mit Glück. Doch mögen vie­le der damit geheil­ten Sei­ten­sti­che mehr von der unäch­ten Art und nicht rein ent­zünd­lich gewe­sen seyn. Daher ist sie auch in dem, den Euro­pä­ern so gefähr­li­chen Vir­gi­ni­schen Ma-rasin heil­sam. In Rheu­ma­tis­men (wel­cher Art?) soll sie sich dien­lich erwie­sen haben. Was man von ihrer Kraft, ohne Rück­sicht auf die beson­dern Krank­heits-umstän­de, das zähe Blut auf­zu­lö­sen und zu zert­hei­len, gefa­belt hat, schmeckt nach der che­misch-mecha­ni­schen Schule.

Man hat 20, 30 und mehr Gran des Pul­vers auf ein-mahl gege­ben, und Erbre­chen, Schweiß, Pur­gi­ren, Harn­fluß, auch wohl Spei­chel­fluß dar­nach erfol­gen sehn. Die­se Sym­pto­men zei­gen, daß eine sol­che Gabe bei wei­tem zu hef­tig ist, und vor der Hef­tig­keit die­ser Zufäl­le hat man ihre fei­nern und eigent­hüm­li­chern Wir­kun­gen nicht beob­ach­ten kön­nen, von denen aller­dings in der Arz­nei­kunst viel zu erwar­ten ist. Das Gegen­mit­tel ihrer Hef­tig­keit sol­len krei­de­er­di­ge Din­ge seyn.

Am bes­ten stößt man (zum Auf­be­wah­ren) die frisch getrock­ne­te Wur­zel mit der höl­zer­nen Keu­le, so daß die Rin­de in Stü­cken springt, und die hol­zi­ge Mit­tel­fa­ser gehen läßt, die man abson­dert. Die dann fei­ner gepül­ver­te Rin­de hebt man in glä­ser­nen dicht ver­stopf­ten Fla­schen auf. Sonst galt in Hol­land das Pfund fünf Gulden.