Sedativsalz

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Seda­tiv­salz (sal seda­tiv­um Hom­ber­gii, Aci­dum Bo-racis), eine, wie es scheint, eigen­ar­ti­ge Säu­re in sil­ber­glän­zen­den Schup­pen, sanft anzu­füh­len, von 1, 480 eigent­hüm­li­chem Gewich­te, von schwa­chem, kaum merk­lich sau­erm, bit­ter­li­chem Geschma­cke, wel­che sich bei 65° Fahr. in 20 Thei­len, bei 212° Fahr. in kaum drei Thei­len Was­ser, und in fünf Thei­len kochen­dem Wein­geis­te auf­lößt, und in letz­te­rer Auf­lö­sung mit einer grü­nen Flam­me brennt. Es präci­pi­tirt den Eisen­vi­tri­ol nicht, schlägt aber den Queck­sil­ber­sub­li­mat zu einem gel­ben Präci­pi­tat nie­der, der sich zie­gel­roth sub­li­mirt, und schmelzt vor sich zu einem hel­len, in Was­ser auf­lös­ba­ren Gla­se, so wie es auch Erden und Metall­kal­ke verglaßt.

Es fin­det sich rein in eini­gen ita­lie­ni­schen See­en, sonst aber in Ver­bin­dung mit Mine­ral­lau­gen­salz in thi­be­ti­schen See­en, (in Ost­in­di­en) in klei­nen Krys­tal-len, wor­aus der Borax (w.s.) gezo­gen wird, und mit Kalk­er­de und Magne­sie ver­ei­nigt in dem lüne­bur­gi­schen Boracit.

In Apo­the­ken wird das Seda­tiv­salz aus dem Borax gezo­gen, indem man acht Unzen des lez­tern in acht­zehn Unzen sie­den­dem Was­ser auf­lößt, und so lan­ge star­ke Vitri­ol­säu­re zutröp­felt, bis die Mischung einen säu­er­li­chen Geschmack hat, etwa vier Unzen. Dann rührt man die Mischung wohl um, und stellt sie in einem glä­ser­nen Geschir­re an einen kal­ten Ort. Die hier anschie­ßen­den, wei­ßen, glän­zen­den, schup­pen­ar­ti­gen Krystal­len, son­dert man nach eini­gen Tagen durch ein Fil­trir­pa­pier ab, rei­nigt sie mit etwas kal­tem destil­lir­tem Was­ser, dampft die Lau­ge ab, läßt das übri­ge Seda­tiv­salz voll­ends anschie­ßen, und rei­nigt bei­de Anschüs­se voll­ends durch aber­mah­li­ges Auf­lö­sen und Krystal­li­si­ren. Alle Säu­ren, nur die Luft­säu­re aus­ge­nom­men, kön­nen das Seda­tiv­salz aus dem Borax abscheiden.

Wenn es eben aus dem Borax durch eine Säu­re abge­son­dert wor­den, und noch ganz naß der Destil­la­ti­on unter­wor­fen wird, so pflegt ein Theil die­ses Sal­zes, sei­ner eigent­hüm­li­chen Leich­tig­keit wegen, den auf­stei­gen­den Was­ser­düns­ten zu fol­gen, und sich so in klei­ner Men­ge an den obern Theil der Destil­lir­ge­fä­ße in leich­ten Flo­cken, die aus dün­nen Blätt­chen zusam­men­ge­fügt sind, anzu­le­gen, eine Art anschei­nen­der, aber unei­gent­li­cher Sub­li­ma­ti­on, indem die äus­serst feu­er­be­stän­di­ge Säu­re, sobald sie ganz tro­cken ist, unter kei­ner Bedin­gung auf­ge­trie­ben wer­den kann.

Das Seda­tiv­salz ward in ältern Zei­ten für Schmerz und Krampf lin­dernd aus­ge­ge­ben, und in bös­ar­ti­gen Fie­bern, in Manie, Epi­lep­sie, u.s.w. zu drei bis zehn Gran in Pul­ver, auch wohl zu einem Skru­pel und mehr in Auf­lö­sung ver­ord­net, wobei man rühm­te, daß es weder erhit­ze noch schwä­che. Die neu­ern haben es fast gänz­lich bei­sei­te gesezt; es läßt sich daher nichts gewis­ses dar­über sagen.

Ein klei­ner Theil Seda­tiv­salz macht den Wein­stein­rahm zu einem sehr leicht­auf­lös­li­chen, dem Borax­wein­stei­ne (w.s.) ähn­li­chen, nur sau­ern Salze.