Schwarznachtschatten

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Schwarz­nacht­schat­ten, Sola­n­um nigrum, L. [Zorn, pl. med. tab. 44.] mit schwa­chem kraut­ar­ti­gem Sten­gel, ova­len, zahn­ar­tig ecki­gen Blät­tern, und nie­der­hän­gen­den, zwei­zei­li­gen Blüt­hen­trau­ben, ein etwa fuß­ho­hes Som­mer­ge­wächs, auf unge­jä­te­ten Gar­ten­bee­ten, an Schutt­hau­fen und andern Sal­pe­ter oder Mist ent­hal­ten­den Stel­len, wel­ches den Som­mer über weiß­grün­licht blüht.

Das übel­rie­chen­de, und fade schme­cken­de, dun­kel­grü­ne Kraut (Hb. Sola­ni) ist in ältern Zei­ten häu­fig, frisch zer­quetscht um die Stir­ne gegen Kopf­schmer­zen bei hit­zi­gen Fie­bern, auf Roth­lauf, auf skir­r­h­öse zum Krebs sich nei­gen­de Ver­här­tun­gen, und auf schmerz­haf­te Gold­ader­kno­ten gelegt wor­den, doch wie es scheint mehr empi­risch. Zuver­läs­sig hülf­reich soll die drei­tä­gi­ge Auf­le­gung des­sel­ben gegen jenes in Ara­bi­en unter dem Nah­men Bulaende­mi­sche, unschmerz­haf­te, fres­sen­de Geschwür seyn, wel­ches Nar­ben, wie die Pocken, zurückläßt.

Beim inner­li­chen, nicht ohne gro­ße Behut­sam­keit anzu­stel­len­den Gebrau­che, will man Diens­te von ihm zu einem bis sechs Gran des Pul­vers bei inner­li­chen Ent­zün­dun­gen, und in der Was­ser­sucht wahr­ge­nom­men haben, auch gegen unrei­ne, schmerz­haf­te Geschwü­re. Die Erfah­run­gen hier­über sind aber weder so zahl­reich noch so bestimmt, daß man sich auf sie ver­las­sen könn­te. Die Wir­kung die­ses Krau­tes in all­zu gro­ßer Gabe soll in Aus­lee­run­gen aller Art, Ver­dun­ke­lung des Gesichts, Schwin­del, Wahn­sinn, Kopf­weh, vor­züg­lich aber in all­ge­mei­ner, har­ter, mit Bren­nen ver­bun­de­ner, in Brand sich nei­gen­der, ent­zünd­li­cher Geschwulst des Gesichts und der Glied­ma­ßen bestehen.

Wenn Eini­ge die Unschäd­lich­keit des Krau­tes als Gemü­se behaup­tet haben, so läßt sich dies zwar nicht nach­ah­men, aber doch leicht erklä­ren, da durch Koch­hit­ze die Arz­nei­kraft die­ses Krauts davon geht, wie das in alten Zei­ten vom Krau­te über­de­stil­lir­te Was­ser (Aqua Sola­ni destil­la­ta) bewei­set, wel­ches alle Arz­nei­kräf­te des erstern in hohem Gra­de besitzt.

Rein­lich getrun­ke­ner Essig scheint das bes­te Anti-dotum zu seyn. Es kann auch eine oder die and­re Abart die­ses Krau­tes unschäd­li­cher seyn, oder unschäd­lich wer­den, wenn viel Magen­säu­re vor­han­den ist.

Die im spä­ten Herbst rei­fen­den, schwar­zen, süß­licht faden Bee­ren (Bac­cae Sola­ni) in Durch­fäl­len und Ruhr zu brau­chen, und sie für küh­lend und schlaf­brin­gend zu hal­ten, ist ein alter, unzu­ver­läs­si­ge Volks­glau­be. Sie sind eben­falls von hef­ti­ger Wir­kung und sol­len Magen­schmerz, Wahn­sinn und kon­vul­si­vi­sche (?) Ver­dre­hun­gen der Glied­ma­ßen ver­ur­sacht haben.