Schwarzholder

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Schwarz­hol­der, Sam­bu­cus nigra, L. [Zorn, pl. med. tab. 334.] mit fünft­hei­li­gen After­schir­men, baum­ar­ti­gem Stam­me, und gefie­der­ten Blät­tern, deren Blätt­chen ziem­lich ein­för­mig und säge­ar­tig gezahnt sind, ein nied­rer Baum in Zäu­nen und an schat­ti­gen Mist-stä­ten, wel­cher im Juny weiß blüht.

Der gebräuch­lichs­te Theil, die Blüt­hen (Flo­res Sam­bu­ci) haben einen star­ken, nicht völ­lig unan­ge­neh­men Geruch, und ihre Kräf­te gehen bei der Destil­la­ti­on mit Was­ser nebst einem klei­nen Thei­le but­ter­ar­ti­gen, äthe­ri­schen Oels über. Im Auf­gus­se pflegt man sie gegen soge­nann­te Ver­käl­tungs­krank­hei­ten, im Roth­lauf, zögern­den Haut­aus­schlä­gen und zögern­dem Brust­aus­wur­fe zu ver­ord­nen, wobei sie nicht sel­ten Schweiß erre­gen, ohne die Hit­ze zu erhö­hen. Im Roth­lau­fund meh­rern Geschwüls­ten legt man sie, von Stie­len gerei­nigt, äußer­lich tro­cken auf.

Die schwar­zen, süß­licht säu­er­lich schme­cken­den, aber bei häu­fi­germ Genus­se dem Magen wider­ste­hen­den Bee­ren (Bac­cae Sam­bu­ci, tro­cken aber Gra­na Actesgenannt), öfnen den Leib und geben, wenn ihr Saft aus recht fri­schen Bee­ren (sie gehen schnell in Ver­derb­niß über) aus­ge­preßt, und über sehr gelin­dem Feu­er unter ste­tem Umrüh­ren abge­duns­tet wor­den, das lieb­lich schme­cken­de Flie­der­mus (Rhob Sam­bu­ci), wel­ches der Apo­the­ker nie von Land­leu­ten kau­fen, son­dern immer selbst ver­fer­ti­gen muß, um ein von Kup­fert­hei­len frei­es, unbränz­lich­tes und kräf­ti­ges Pro­dukt zu erhal­ten, wel­ches dann auch beim Gebrauch die Aus­düns­tung zu beför­dern und den Leib zu eröf­nen pflegt, und wie man behaup­tet in den Ue-beln, woge­gen die Blüt­hen dien­lich erach­tet wer­den, so wie auch im hit­zi­gen Rheu­ma­tism und bei der Bräu­ne dien­lich seyn soll. Der gemei­ne Mann braucht es als Haus­mit­tel in fast allen ihm zusto­ßen­den Krank­hei­ten. Recht­schaf­fe­ne Apo­the­ker auf klei­nen Orten kön­nen es leicht in Men­ge zum Behu­fe der Apo­the­ker in gro­ßen Städ­ten verfertigen.

Das aus den klei­nen Samen in den Bee­ren gepreß­te, eben nicht häu­fig offi­ci­nel­le Oel (Ol. ex aril­lis Sam­bu­ci) des­sen die Samen etwa ein Ach­tel ihres Gewichts geben, ist grün, dick­lich und von wid­ri­gem Hol­lun­der­ge­ru­che und Geschma­cke. Wenn es gut und ohne viel Hit­ze aus­ge­preßt wor­den, so führt es schon in der Gabe eines Eßlöf­fels von unten ab.

In ältern Zei­ten hat man sich der innern, vom Hol­ze abge­schab­ten grü­nen Rin­de (Cort. media­nus, s. inte­ri­or Sam­bu­ci) arz­nei­lich gegen Was­ser­such­ten bedient, vor­züg­lich des fri­schen Saf­tes dar­aus. Man ver­fuhr aber dabei so empi­risch und roh, daß die­se Kur auf Leben und Tod, nun blos der Haus­mit­tel­pra­xis auf dem Lan­de über­las­sen wor­den ist, so wie der Genuß der jun­gen Blatt­knos­pen im Früh­lin­ge mit Essig und Oel, eben­falls gegen Wassersuchten.

Ueber­haupt herrscht noch gro­ße Dun­kel­heit über die wah­re Wir­kungs­art und Bestim­mung des so kräf­ti­gen Schwarz­hol­ders und sei­ner Thei­le. Auch die Aerz­te bedie­nen sich der­sel­ben noch in vie­len Fäl­len blos empi­risch, ohne deut­li­che Bestim­mungs­grün­de, und in schwan­ken­den Gaben.