Schmelztiegel

Hahnemanns Apothekerlexikon
vorheriges KapitelZurückInhaltsverzeichnisWeiternächstes Kapitel

Schmelz­tie­gel (Cru­ci­bu­la, Tigil­la) sind bekannt­lich hoh­le, kegel­för­mi­ge Gefä­ße von ver­schied­ner Grö­ße, wel­che der frei­en Gluth der Koh­len aus­ge­setzt wer­den, um die in ihnen ent­hal­te­nen Kör­per zu schmel­zen, zu ver­kal­ken, u.s.w. Die gewöhn­lichs­te Sor­te, wel­che aus mög­lichst viel gro­bem San­de mit Tho­ne ver­mischt gebrannt sind, kom­men aus Groß­al­mero­de in Hes­sen; sie haben den Vort­heil, daß sie ziem­lich jäh­lin­ge Abwech­se­lun­gen von Käl­te und Wär­me ertra­gen, und eini­ge Mit­tel­sal­ze und die Metal­le unge-ändert im Fluß erhal­ten, nur nicht glas­ar­ti­ge Sub­stan­zen, am wenigs­ten Blei­glas und feu­er­be­stän­di­ge Lau­gen­sal­ze; von bei­den lez­tern wer­den sie auf­gelößt und durch­bohrt. Ihnen kom­men die in Wal­den­burg, Bür-gel, Mag­de­burg und Skelen ver­fer­tig­ten bei.

Am bes­ten wer­den die salz­haf­ten Sub­stan­zen aller Art und selbst die Lau­gen­sal­ze von sol­chen Tie­geln gehal­ten (deren man sich auch in Glas­hüt­ten bedient), wel­che aus ganz rei­nem, wei­ßem, magerm Tho­ne mit Zusatz von grob gepül­ver­ten Thon­scher­ben ähn­li­cher Art, nicht gedreht, son­dern in For­men geschla­gen ver­fer­tigt sind. Doch ver­tra­gen sie nicht wohl eine jäh­lin­ge Abwech­se­lung von Käl­te und Hit­ze, und müs­sen daher all­mäh­lich erhitzt und abge­kühlt werden.

Nicht nur Sal­ze aller Art, son­dern auch Blei­glas ver­tra­gen im Flus­se und im größ­ten Feu­er die als Schmelz­tie­gel gebrauch­ten, stein­zeug­nen, soge­nann­ten Wal­den­bur­ger Büch­sen (aus einer Art grau­em Por­zel­lain). Die­se müs­sen aber sehr all­mäh­lich erwärmt und erhitzt, nach dem Gebrau­che aber eben so lang­sam abge­kühlt wer­den, weil sie sonst sehr leicht zerspringen.

In die­ser Rück­sicht scheint die zwei­te Sor­te, die schwar­zen Schmelz­tie­gel, gewöhn­lich Pas­sau­er oder Ypser Tie­gel genannt, Vor­zü­ge zu haben. Sie hal­ten die schnel­les­te Abwech­se­lung von Hit­ze und Käl­te aus, und kni­cken nicht so leicht bei klei­nen Stö­ßen. Sie hal­ten die Kup­fer­schmelz­hit­ze eini­ge Mahl aus, und wer­den daher häu­fig von Mes­sing­gie­ßern gebraucht. Sie sind so wenig hart, daß man sie mit dem Mes­ser schnei­den kann, und schei­nen aus­ser Reiß­blei (w.s.) auch wenigs­tens 1/​8 Thon in ihrer Mas­se zu ent­hal­ten. Sie wer­den nicht nur in Yps bei Regen-spurg, son­dern auch in Böh­misch­bro­da und Pro­cop in Böh­men und in Haff­ner­zell im Oes­ter­rei­chi­schen berei­tet. Indes­sen besit­zen sie den Feh­ler, daß sie die dar­in geschmol­ze­nen Metal­le mit einer noch unbe­kann­ten Sub­stanz ver­un­rei­ni­gen und sie sprö­der machen, daß sie von meh­rern Neu­tral­sal­zen mit vitri­ol-und sal­pe­ter­sauerm Grundt­hei­le und von der Schwe­fel­le­ber ange­grif­fen und zer­stört wer­den, und etwas über der Kup­fer­schmelz­hit­ze so weich wer­den, daß man sie mit der Tie­gel­zan­ge leicht zer­drü­cken wür­de, wenn man sie nicht vor­her ver­küh­len lie­ße, ehe man sie aus dem Feu­er nimmt. Der größ­ten Sor­te der­sel­ben bedient man sich auch, um klei­ne che­mi­sche, trag­ba­re Oefen dar­aus zu ver­fer­ti­gen, da man die nö-thi­gen Oef­nun­gen und Ver­tie­fun­gen leicht in die­sel­ben ein­schnei­den kann.