Reißbley

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Reiß­bley, Gra­phi­tes Plum­ba­go, Gm. eine dun­kel­blei­far­big, metal­lisch glän­zen­de, völ­lig undurch­sich­ti­ge mine­ra­li­sche Sub­stanz von 2, 267 spe­zi­fi­schem Gewich­te in gewöhn­lich unge­form­ten, oder doch krumm-schief­ri­gen, leicht abfär­ben­den Stü­cken und fet­tig anzu­füh­len; ein wah­res Metall. Das derbs­te, reins­te und vom feins­ten, fast unun­ter­scheid­ba­ren Kor­ne bricht bloß in Bar­row­da­le in der Graf­schaft Cum­ber­land in Eng­land, und kömmt nur unter der Hand und äußerst sel­ten in Mas­sen, gewöhn­lich nur zer­sägt und als so genann­te eng­li­sche Blei­stif­te, in Holz gelegt, zu uns. Die übri­ge käuf­li­che Men­ge aus andern Län­dern ist mür­ber, von grö­berm Kor­ne, und häu­fig mit Eisen­kalk und thon­ar­ti­gem Gestein durch­webt. Es bricht in Deutsch­land unter andern in Men­ge in Yps bei Regens­burg und Pas­sau, bei Haff­ner­zell und Pfaf­fen-muth im Oes­ter­rei­chi­schen, und bei Böh­misch­bro­de und Pro­cop in Böh­men, in wel­chen drei Gegen­den man es mit etwas Thon ver­mischt und Schmelz­tie­gel dar­aus ver­fer­tigt, die alle­sammt den Nah­men Pas­sau­er oder Ypser Tie­gel füh­ren. Aus die­sen Gegen­den bringt man auch viel rohes Reiß­blei in den Han­del unter den Nah­men, Eisen­schwär­ze und Was­ser­blei (Plum­ba­go), des­sen man sich zur Bestrei­chung des Guß­ei­sens, um es vor dem Ros­te zu ver­wah­ren, zur Ein­schmie­rung der Näder­zap­fen in gro­ßen Maschi­nen, die Frik­ti­on zu ver­min­dern und zu andern Behu-fen bedient.

Das rei­ne Reis­blei wird bei äußerst lang­wie­ri­gem Feu­er unter Zutritt der frei­en Luft in sei­nem Wesen nicht ver­än­dert, son­dern nur ver­flüch­tigt, ohne Geruch; durch die Sal­pe­ter­säu­re lei­det es kei­ne Aen­de-rung. Die­se Eigen­schaf­ten unter­schei­den es hin­rei­chend von dem äch­ten Was­ser­blei oder Molyb­dän (Molyb­daena vul­ga­ris, Gm.), womit es häu­fig ver­wech­selt wor­den ist. Die­ses weit sel­te­ne­re Mine­ral oder Metall ist von hel­lem blei­far­bi­gem Metall­glan­ze, gewöhn­lich von bieg­sam blät­te­ri­gem Gewe­be, von 4, 569 spe­zi­fi­schem Gewich­te, bricht in quar­zi­gen Geschie­ben öfters bei Zinn­er­zen (z.B. zu Alten­berg), und ver­dampft beim Zutritt der Luft im Glü­he­feu­er mit Rau­che und blau­er Flam­me und unter Sub­li­ma­ti­on wei­ßer Blu­men, dem Was­ser­blei­kal­ke, in den man es auch durch Kochen mit zwan­zig Thei­len Sal­pe­ter­säu­re ver­wan­deln kann.

Außer dem Nut­zen des Reiß­bleis zu sol­chen Schmelz­tie­geln (w.s.), wel­che schnell abwech­seln­des Feu­er ertra­gen und zu che­mi­schen Oefen (aus der größ­ten Sor­te Ypser Schmelz­tie­gel berei­tet) ist es auch in ältern Zei­ten (ganz empi­risch) gegen Kolik und im Nie­ren­g­rie­se inner­lich gebraucht worden.