Ranzigkeit

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Ran­zig­keit (Ran­ci­di­tas, Ran­ce­do) eine durch den Bei­tritt des Sau­er­stoffs aus der frei­en Luft in den mil­den Fet­tig­kei­ten des Thi­er- und Pflan­zen­reichs so wie in ölich­ten Samen ent­ste­hen­de Gäh­rung oder Ver­derb-niß, wodurch die­se Sub­stan­zen einen stin­ken­den Geruch, einen ekel­haf­ten Geschmack, und die Fähig­keit erlan­gen, ihren ran­zi­gen Theil in Wein­geist auf­lö­sen zu las­sen. Sie ver­än­dern ihre Far­be; die Thier­fet­te wer­den dun­kel­far­bi­ger, so wie das Mark der ölich­ten Samen, die fet­ten Oele aber (Bei­spie­le – But­ter, Kakao­but­ter, Nuß­öl u.s.w.) wer­den wei­ßer, und letz­te­re ver­lie­ren die Fähig­keit, Metal­le auf­zu­lö­sen, m.s. Oele, fet­te. Die Abdüns­tung der fet­ten Oele, oder die Ver­damp­fung ihrer Wäs­se­rig­keit (die ihnen auch zum Theil durch bei­gemisch­tes Koch­salz ent­zo­gen wird) so wie die Auf­be­wah­rung der­sel­ben vor dem Zutrit­te der frei­en Luft in rei­nen, ver­stopf­ten Gefä­ßen, vor­züg­lich aber an kal­ten Orten, dieß sind die unschul­digs­ten Mit­tel, sie vor die­ser Ver­derb­niß zu ver­wah­ren, und die Ver­mi­schung und Diges­ti­on der Fet­tig­kei­ten mit Wein­geist, oder Koh­len­staub ist die unschäd­lichs­te Art, die schon ver­dorb­nen zu bessern.

Was die Ran­zig­keit der ölich­ten Samen betrifft, so ist zu mer­ken, daß sie alle­sammt, so fern sie an trock­nen Orten und vor der frei­en Luft gesi­chert auf­be­wahrt wer­den, gera­de so viel Jah­re von Ran­zig­keit frei blei­ben, als ihr inne­res Leben, das ist, ihre Keim­fä­hig­keit dau­ert, wel­che sich bei eini­gen Samen auf zwei, bei andern auf drei, vier und zuwei­len meh­re­re Jah­re erstreckt. Die­se Keim­fä­hig­keit, die­ses inne­re Leben, folg­lich die­se Kraft, von Ran­zig­keit frei zu blei­ben, ver­lie­ren sie aber sogleich, als sie zer­bro­chen oder von außen beschä­digt wer­den, wodurch ihr Leben und ihre Keim­fä­hig­keit erstirbt. Gan­ze, unbe­schä­dig­te Man­deln erhal­ten sich vie­le Jah­re süß und mild, die von Insek­ten ange­sto­che­nen aber und die, obgleich noch so wenig ange­bro­che­nen wer­den bin­nen wenig Wochen untaug­lich gelb und ran­zicht. Die Ste­phans­kör­ner blei­ben, so lan­ge sie ganz sind, meh­re­re Jah­re unver­dor­ben, zer­bro­chen aber oder gepül­vert fan­gen sie bin­nen wenig Wochen an zu stin­ken, selbst bei der weni­gen Luft, die in einem ver­stopf­ten Gla­se ist.

Man hat daher immer sol­che Samen­ker­ne zum in-nern Gebrau­che (z.B. Man­deln zur Emul­si­on, und zur Aus­pres­sung des Oels) aus­zu­le­sen, wel­che weder ihr Ober­häut­chen ver­lo­ren haben, noch wurm­sti­chig, noch sonst beschä­digt oder ange­bro­chen sind.

Thie­r­i­sche oder vege­ta­bi­li­sche ran­zi­ge Fet­tig­kei­ten dür­fen nie, weder zu äußern noch zu innern Heil­mit­teln ange­wen­det wer­den, weil sie selbst nach Anwen­dung künst­li­cher Ver­bes­se­rungs­mit­tel nie völ­lig rein von der ran­zi­gen Schär­fe wer­den, wel­che bei eini­gen Thier­fet­ten so weit geht, daß sie beim äußer­li­chen Auf­le­gen die Haut ent­zün­den und zu Bla­sen erheben.