Primelschlüsselblume

Hahnemanns Apothekerlexikon
vorheriges KapitelZurückInhaltsverzeichnisWeiternächstes Kapitel

Pri­mel­schlüs­sel­blu­me Pri­mu­la offi­ci­na­lis Gm. [Flor. dan. tab. 433.] mit gezahn­ten, runz­lich­ten Blät­tern, viel­blüt­hi­gen Blu­men­schaf­te, und sämmt­lich nie­der­hän­gen­den Blu­men, deren Mün­dung hohl ist, ein nied­ri­ges Kraut mit peren­ni­ren­der Wur­zel auf Wie­sen an Gebü­schen und Hecken, wo sie im Mai hoch­gelb blüht.

Erst in neu­ern Zei­ten hat man die­se Pflan­ze, die man ehe­dem mit der Pri­mu­la cla­ti­orzusam­men für eine Spe­zi­es hielt, und ers­te­re Pri­mu­la veris, Var. α, letz­te­re Pri­mu­la veris, Var. β, nann­te, rich­tig als eine besond­re Art von letz­te­rer unter­schie­den, wel­che nicht offi­ci­nel ist. Die­se, die Pri­mu­la ela­ti­or [Flor. dan. tab. 434.] ist in allen Thei­len grö­ßer; von den bläs­ser-gel­ben Blu­men mit fla­cher Mün­dung sind blos die äußern nie­der­hän­gend, die Blu­men­de­cke ist enger und kür­zer, und die Wur­zel ist geruch­los. Zum Unter­schie­de nennt man sie daher pri­mu­la verisin der Lond­ner Phar­ma­ko­pöe, indeß der uns­ri­gen der Namen Para­ly­sisbleibt.

Die wohl­rie­chen­den, bit­ter­lich schme­cken­den Blu-men­kro­nen (Flo­res para­ly­se­os) hielt man ehe­dem für Schmerz stil­lend und Schlaf brin­gend. Eben so das eben­falls nicht geruch­lo­se Kraut (hb. cum flor. Para­ly­se­os) dem man, vor­züg­lich als aus­ge­preß­tem Saf­te, (doch auch als Absu­de) Kräf­te in hart­nä­cki­gem Kopf­weh, in Hys­te­rie, und Schwin­del bleich­süch­ti­ger Per­so­nen, ja selbst in ört­li­cher Läh­mung der Zun­ge und dem Stot­tern, auch wohl im Halb­schla­ge zuge­trau­et hat, ver­muth­lich all­zu leichtgläubig.

Die nach Anis rie­chen­de, und zusam­men­zie­hend schme­cken­de Wur­zel (Rad. Para­ly­se­os) erregt, in Pul­ver, Nie­ßen, und soll, wenn damit infun­dirter Essig in die Nase gezo­gen wird, ein hülf­rei­ches Stil­lungs­mit­tel der Zahn­schmer­zen seyn. Die Alten emp­foh­len sie auch im Schwin­del, gegen Spuhl­wür­mer, in Fie­bern, im Nie­ren­gries und den Darm­brü­chen; Emp­feh­lun­gen, die schär­fe­re Prü­fung bedürfen.

In Edin­burg brauch­te man sonst auch an der Stel­le die­ser Pflan­ze die Pri­mu­la acau­lis, Gm. [Flor. dan. tab. 194.] die sich durch ein­blüt­hi­ge Blu­men­stie­le unmit­tel­bar aus der Wur­zel unter­schei­det. Man hielt sie sonst blos für eine Varie­tät unter dem Namen Pri­mu­la veris L. Var. γ, acau­lis. Ob sie arz­nei­lich ver­schie­den sind, ist nicht bekannt.