Pareiragrieswurzel

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Parei­rag­ries­wur­zel, Cis­sam­pe­los Parei­ra [Plum. Ame­ric. tab. 93.] mit schild­för­mi­gen, mit herz­för­mi­gen, mit an der Spit­ze aus­ge­schnit­te­nen und mit gan­zen Blät­tern, wel­che fein behaart sind, ein fünf bis sechs Schuh hohes klet­tern­des fort­wäh­ren­des strauch­ar­ti­ges Gewächs im süd­li­chen Ame­ri­ka, nament­lich in Brasilien.

Die hol­zi­ge, gekrümm­te, einen hal­ben bis zwei Zoll dicke und dicke­re Wur­zel (Rad. Parei­rae bra-vae, Butuae), ist mit erhab­nen Quer- und Län­gen­run­zeln und Knöt­chen besetzt, äußer­lich, wenn es jun­ge Wur­zeln sind, von schwarz­grau­er, wenn es älte­re sind ganz schwar­zer, inner­lich von grau­brau­ner oder schmu­zig­gel­ber Far­be, von anfangs Süß­holz ähn­lich süßem, nach­ge­hends bit­ter­li­chem Geschma­cke, und, wenn sie am Feu­er erwärmt wird, von einem ange­neh­men, süß­holz­ähn­li­chem Geru­che. Sie besteht aus lau­ter hol­zi­gen Zasern, deren Zwi­schen­räu­me mit Mark aus­ge­fül­let sind. Zuerst erhielt sie ihren Ruf in Süd­ame­ri­ka, ward hier­auf unter den Por­tu­gie­sen bekannt, dann (1668) in Paris und zu Anfan­ge die­ses Jahr­hun­derts in Deutsch­land, als ein Stein­schleim abfüh­ren­des, in Nie­ren­ko­lik, in Geschwü­ren der Harn­we­ge, in Schleim­krank­hei­ten meh­re­rer Art, in der Was­ser­sucht und in der Gelb­sucht dien­li­ches Mit­tel, sowohl im Absu­de als im Pulver.

So sehr man sie aber in ältern Zei­ten rühm­te, so sehr ist jetzt ihr Ruf gesun­ken, da man sie ver­schie­dent­lich sehr unwirk­sam fand.

Wie soll­te aber auch ihr guter Ruf nicht schwan­kend gewor­den seyn, da man eine Men­ge and­rer, ganz ver­schied­ner Wur­zeln der äch­ten Parei­ra­wur­zel in neu­ern Zei­ten unter­ge­scho­ben hat.

So bringt man statt ihrer aus dem fran­zö­si­schen Guja­ne die Wur­zel der Abu­ta rufe­s­cens [Aublet, pl. de la Guja­ne tab. 250.] mit eiför­mi­gen, unten rau­chen Blät­tern in den Han­del. Man ver­kauft statt ihrer eine soge­nann­te rothe, deren Rin­de braun, das Inne­re aber röth­lich ist – eine and­re, die äußer­lich asch­grau, glatt, inner­lich hell­gelb und von blos bit­term Geschma­cke ist (die Sor­te, wel­che Ber­gi­us unkräf­tig fand) – eine and­re äußer­lich hell­brau­ne, inner­lich gil-bli­che, von blos bit­term Geschma­cke (die­je­ni­ge, die Spiel­man­nen als Parei­ra ver­kauft ward) – eine and­re äußer­lich brau­ne, inner­lich grau­lich gel­be, an Geschma­cke blos bit­ter­li­che (die­je­ni­ge, die van dem San­de vor sich hat­te) und so fort.

Wer soll­te von so ver­schied­nen Wur­zeln eine und die­sel­be Wirk­sam­keit erwarten?

Man wäh­le die dicks­ten Wur­zeln blos obbe­schrieb-ner Art, wel­che nicht wurm­sti­chig sind, und ver­mei­de and­re zu gebrauchen.