Kochsalzsäure

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Koch­salz­säu­re (Aci­dum salis com­mu­nis, Spi­ri­tus salis aci­dus) ist die Säu­re aus dem gemei­nen Küchen­sal­ze, eine der schwächs­ten und flüch­tigs­ten mine­ra­li­schen Säu­ren, wel­che in gewöhn­li­chem Zustan­de wenig Wir­kung auf brenn­ba­re Sub­stan­zen hat, wei­ße ersti­cken­de Dämp­fe aus­stößt, mit den drei ver­schied-nen Lau­gen­sal­zen sich ent­we­der zu Diges­tiv­salz, oder zu Koch­salz, oder zu Sal­mi­ak ver­ei­nigt, und mit eini­gen Metal­len ver­bun­den zu horn­ar­ti­gen Mas­sen schmilzt, and­re aber ver­flüch­tigt. Der gewöhn­li­che Salz­geist (Spi­ri­tus salis com­mu­nis) ist gelb von Far­be, von safran­ar­ti­gem Geru­che und mit etwas Eisen, auch wohl Vitri­ol­säu­re geschwän­gert. Mit Unrecht kauft man ihn von Labo­ran­ten, die ihn aus Koch­salz mit gemei­nem Vitrio­le gemischt destil­li­ren. Am sichers­ten ist es, die­se Säu­re selbst zu destil­li­ren, indem man acht Pfund ver­knis­ter­tes Koch­salz in die beschla­ge­ne Retor­te eines Destil­lir­ge­räthes schüt­tet, wie oben S. 219 beschrie­ben ist, und fünf Pfund Vitriol­öl mit vier Pfund Was­ser all­mäh­lig ver­dünnt, dar­auf gießt, die tubu­lir­te Vor­la­ge luft­dicht ankit­tet, und anfäng­lich bei dem gelin­des­ten, zulezt aber bei dem stärks­ten Glü­he­feu­er die Säu­re über­treibt. In der Vor­la­ge ist die mit wei­ßem Damp­fe rau­chen­de Salz­säu­re (aci­dum salis sum­ans, spi­ri­tus salis sum­ans Glau­be­ri), wel­che die­ses Rau­chen und den Ant­heil Vitri­ol­säu­re dadurch ver­liert und was­ser­hell und geruch­los wird (aci­dum salis rec­ti­fi­ca­tum), wenn sie über Einem Pfun­de Diges­tiv­salz wie­der abge­zo­gen worden.

Mit zehn Pfun­den Was­ser gemischt, ent­steht der rei­ne, schwä­che­re Salz­geist (Spi­ri­tus salis com­mu­nis, dilutus). Etwas Auf­lö­sung der salz­sauren Schwer­erde (Baryt­koch­salz, ter­ra pond­e­ro­sa sali­ta) ein­ge­tröp­felt, zeigt durch wei­ße Wol­ken, ob noch Vitri­ol­säu­re dar­in ist.

Die Salz­säu­re wird in Was­ser ver­dünnt als ein vor­züg­li­ches Küh­lungs­mit­tel in fau­len Fie­bern mit gro­ßem Erfol­ge inner­lich, so wie in der bran­di­gen Bräu­ne äußer­lich ver­ord­net – und dient außer­dem zu phar­ma­zeu­ti­schen Arbeiten.

Gießt man vier Thei­le der stärks­ten rei­nen Salz­säu­re auf Einen Theil Braun­stein im Destil­lir­ge­rä­the, so wird bei gehö­ri­gem Feu­er eine luft­för­mi­ge, bei star­ker Käl­te krystal­li­si­ren­de Säu­re (aci­dum salis dephlo­gi-sti­ca­tum) mit ersti­cken­dem Königs­was­ser­ge­ru­che über­ge­hen, wel­che sich zur tropf­ba­ren Säu­re auf­löst, wenn Was­ser in der Vor­la­ge vor­han­den ist. Sie dient zur Berei­tung eini­ger Arzneimittel.