Kienfichte

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Kien­fich­te, Pinus syluestris, L. [Zorn, pl. med. Tab. 526.] mit Paa­ren stei­fer Blät­ter, und eirund kegel­för­mi­gen, oft paar­wei­sen Zap­fen, von der Län­ge der Blät­ter und mit läng­licht stump­fen Schup­pen, ein Baum auf san­di­gem Boden des gemä­ßig­ten und käl­tern Europas.

Man bedient sich der har­zig bit­ter­lich schme­cken­den jun­gen Aes­te und Spros­sen (turio­nes, Sum­mi­ta-tes, fälsch­lich Coni, Stro­bi­li pini) im Absu­de als eines Harn und Schweiß trei­ben­den Mit­tels; auch im Schar­bock, und in gich­t­i­schen Beschwer­den haben sie Diens­te geleis­tet. Das aus den noch grü­nen Zap­fen (Coni, stro­bi­li pini) ver­muth­lich ohne Was­ser destil­lir­te Oel (Tann­zap­fen­öl, Tem­pel­öl, Ol. temp­li­num) ist von grün­lich­gold­gel­ber Far­be, star­kem, nicht unan­ge­neh­mem Geru­che und ölich­tem bren­nen­dem Geschma­cke. Sein Gebrauch ist empi­risch bei Nie­ren­schmer­zen, Gicht, Läh­mung und Was­ser­sucht, sowohl äußer­lich als inner­lich zu etli­chen Tropfen.

Der durch Auf­hau­en der Rin­de zur Som­mer­zeit in unter­ge­setz­te Gefä­ße flie­ßen­de gemei­ne Ter­ben­thin (Ter­eb­in­thi­na com­mu­nis) ist ein dick­flüs­si­ges Harz von trü­ber grau­gelb­li­cher Far­be, einem eig­nen, star­ken Geru­che und bit­term Geschma­cke. Inner­lich reizt er die Harn­we­ge hef­tig, oft bis zur Ent­zün­dung, kann aber für schlaf­fe Kör­per bei Nach­trip­pern aus Gewohn­heit und als Leib eröf­nen­des Mit­tel in Emul­sio­nen Diens­te leis­ten. Aeu­ßer­lich wirkt er rei­zend und bal­sa­misch in alten, schlaf­fen Geschwüren.

Aus ihm wird in der Destil­la­ti­on mit Was­ser ein dün­nes, star­krie­chen­des, leich­tes Oel erhal­ten, (Kien-öl, Ter­ben­thin­öl, Ol. Pini, Ter­eb­in­thinae), wel­ches, noch­mals über­ge­trie­ben, äthe­ri­sches Ter­ben­thin­öl (Ol. ter­eb­inth. aether.), auch wohl (unei­gent­lich) Ter­ben­thin­geist (Spir. ter­eb­in­thinae) genannt wird. Erhit­zung des Blu­tes, und hef­ti­ger Trieb auf Harn und Schweiß sind sei­ne innern Wir­kun­gen, wodurch sei­ne Kraft, Gall­stei­ne auf­zu­lö­sen, größ­tent­heils unbrauch­bar wird. Aeus­ser­lich zert­heilt es kal­te Geschwüls­te, und dient in Flech­sen- und Ner­ven­ver­let­zun­gen, so wie zum Blutstillen.

Der Rest von die­ser Destil­la­ti­on ist ein wei­ßes, har­tes, geruch- und geschmack­lo­ses Harz, gekoch­ter Ter­ben­thin (ter­eb­in­thi­na coc­ta) genannt, wel­cher im frei­en Feu­er geschmol­zen, bräun­lich und zu Gei­gen­harz (Colo­pho­ni­um, Resi­na nigra) wird. Bei­de die­nen, mit Wein­geist besprengt, äußer­lich zur Zert­hei-lung kal­ter Geschwüls­te, und kom­men zu ver­schie­de­nen Pflastern.

Das im Win­ter um die Oef­nun­gen, wor­aus im Som­mer der Ter­ben­thin geflos­sen, sich anle­gen­de gemei­ne Harz, Fich­ten­harz (Resi­na com­mu­nis) ist braun oder röth­lich, und hart, wird aber zwi­schen den Fin­gern weich und zähe, und ent­hält etwas äthe­ri­sches Oel in sei­ner Mischung. Es wird eben­falls zu Pflas­tern gebraucht, und gie­bt über dem Feu­er geschmol­zen, bis es allen Ter­ben­thin­ge­ruch ver­lo­ren hat, eben­falls eine Art von Geigenharz.

Die vom Mai bis July erschei­nen­den männ­li­chen Blüt­hen geben in Men­ge einen Staub, den man an der Stel­le des vom Bär­lapp­kol­ben­mo­se (w.s.) sammelt.