Harnsalz

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Harn­salz, Hier­un­ter ver­stan­den die Alten im All­ge­mei­nen theils das flüch­ti­ge Lau­gen­salz, Ammo­ni­ak­lau­gen­salz, theils ein im bis zur Honig­di­cke ein­ge­dick­ten Men­schen­harne anschlie­ßen­des gemisch­tes Neu­tral­salz, aus Phos­phor­säu­re und zwei Lau­gen­sal­zen, dem flüch­ti­gen und dem mine­ra­li­schen zusam­men­ge­setzt. Bei­de, das eigent­li­che Harn­salz (Ammo­niak­phos­phor­salz) und das Perl­salz (Soda­phos­phor­salz), gie­bt der Harn am bes­ten, wenn man ihn fau­len läßt, in einer Bla­se mit blei­er­nem oder zin­ner­nem Hel­me den flüch­ti­gal­ka­li­schen Geist abziehn, den Rück­stand in einem eiser­nen Top­fe bis zur Tro­cken­heit ein­dickt, die schwar­ze Mas­se in einem offe­nen Schmelz­tie­gel ver­brennt, von dem flüch­ti­gal­ka­li­schen Geis­te bis zur Sät­ti­gung zugießt, die Lau­ge durch­sei­het, abraucht und krystallisiret.

Das aus die­ser unan­ge­neh­men, obgleich ver­bes­ser­ten Berei­tung ent­ste­hen­de gemisch­te Salz läßt sich aber nur müh­sam und unvoll­kom­men, durch unmerk­li­ches Abdüns­ten und Aus­le­sen der Krystal­le in bei­de Neu­tral­sal­ze scheiden.

Das eigent­li­che Harn­salz (Ammo­niak­phos­phor­salz, sal nati­vum uri­nae, sal essen­tia­le uri­nae, sal fusi­bi­le micro­c­os­mi­cum), wel­ches uns hier vor­züg­lich beschäf­tigt, unter­schei­det sich von dem Perl­sal­ze (Soda­phos­phor­salz) dadurch, daß ers­te­res in pris­ma­ti­sche, dem Zucker­kand ähn­li­che, an der Luft hell blei­ben­de Krystal­le, und zwar bei der Ver­küh­lung der Lau­ge zuerst anschießt, in der Hit­ze (auch bei 212° Fahr. zum Theil) mit Zurück­las­sung der feu­er­fes­ten Phos­phor­säu­re 13/​21 alle sein flüch­ti­ges Lau­gen­salz in ätzen­der Gestalt (8/​21) ver­damp­fen läßt, in der Glüh­hit­ze zu einer durch­sich­tig blei­ben­den Per­le fließt, und mit Koh­len­stau­be gemischt in der Destil­la­ti­on Phos­phor bildet.

Am reins­ten erhält man es, wenn man die aus Kno­chen erhal­te­ne Phos­phor­säu­re (w.s.) in sechs Thei­len Was­ser auf­ge­löst, kochend­heiß mit dem luft­sauren Ammo­ni­ak­lau­gen­sal­ze des Sal­mi­aks (Sal­mi­ak­salz, flüch­ti­ges,) der­ge­stalt sät­tigt, daß das Lau­gen­salz noch her­vor­sticht, und die fil­trir­te Lau­ge durch unmerk­li­che Abdüns­tung ein­dickt und im Kel­ler krystal­li­si­ren läßt. Der Mut­ter­lau­ge muß noch etwas flüch­ti­ges Lau­gen­salz zuge­setzt wer­den, weil es ihr immer dar­an gebricht. Dann wird sie auch flüssiger.

Es besitzt einen nicht unan­ge­neh­men gelind sal­zi­gen Geschmack, und ist als ein Harn und Schweiß trei­ben­des Mit­tel emp­foh­len wor­den. In der That scheint es gro­ße Arz­nei­kräf­te zu besitzen.

© Grund­ge­stalt des natür­li­chen Harn­sal­zes (Ammo­niak­phos­phor­sal­zes). Eine rau­ten­för­mi­ge gedruck­te vier­sei­ti­ge Säu­le, an bei­den Enden mit zwei drei­sei­ti­gen Flä­chen zugeschärft.