Gefäße

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Gefä­ße, phar­maceu­ti­sche. Was die Gefä­ße anlangt, wel­che als thä­ti­ge Werk­zeu­ge in dem Labo­ra­to­ri­um die­nen, so wer­den sie, jedes an sei­nem Orte, erwähnt. Die Destil­lir­ge­fä­ße s. unter Destil­la­ti­on, so auch unter Abdampf­scha­le, Abgie­ßen, Abson­de­rungs­glä­ser, Cir­ku­li­ren, – Schei­de­trich­ter, Heber, Mör­sel, Schmelz­tie­gel, Sand­ka­pel­le, Bal­lon, Sieb, Durch­sei­hen, Diges­ti­on, Digesto­ri­um, Diges­tor, Extrak­te, Dick­säf­te, Was­ser­bad, Kochgeschirre.

Hier ist blos von den pas­si­ven, den Auf­be­wah­runs­ge­fä­ßen die Rede, den Gefä­ßen im strengs­ten Verstande.

Es ist bekannt, daß man zur Fas­sung der Arz­nei­en, zum Ver­kau­fe, und zum Ver­schi­cken sich der papier-nen Kap­seln zu geruch­lo­sen Pul­vern, der Schach­teln (Sca­tu­lae) zu fei­nen geruch­vol­len Pul­vern und Pil­len, der Glä­ser (Vitra, matra­zia) zu Geis­tern und dün­nen Flüs­sig­kei­ten, und der Büch­sen (Pixi­des, fic­ti­lia) zu dick­li­chen Mate­ri­en, Sal­ben, Ter­ben­thin, u.s.w. bedient.

Hier­bei ist wenig zu erin­nern, außer daß man die Schach­teln zu fei­nen Pul­vern mit Papier aus­zu­schla­gen pflegt, weil die­se sonst durch die Rit­zen leicht hin­durch fallen.

Die Glä­ser ver­stopft man wohl mit Kor­ken, aber zu recht fei­nen Geis­tern müs­sen letz­te­re kei­ne Rit­zen und Löcher haben, und wenn mine­ra­li­sche Säu­ren unter der Arz­nei sind, müs­sen die Kork­stöp­sel vor­her in zer­las­se­nes gel­bes Wachs getaucht wer­den. Dann ver­bin­det man sie mit erweich­ter Käl­ber­bla­se, und zuletzt mit dop­pel­tem Papier.

Die Büch­sen dür­fen zu sau­ern Din­gen nicht von Fay­ence oder eng­li­schem Stein­gu­te, son­dern müs­sen von grau­em Stein­zeu­ge seyn, weil ers­te­re bei­de mit Blei­glät­te gla­surt sind. Papier mit Wachs durch­zo­gen, oder, bes­ser, Bla­se dient zum Verbinden.

Ver­schickt man fei­ne geruch­vol­le Pul­ver und Pil­len, deren Kraft in einem leicht ver­duns­ten­den Thei­le liegt, weit über Land, so müs­sen bei­de nicht in Papier oder Schach­teln, son­dern in Glä­ser gefas­set wer­den, wel­che (das zer­bre­chen zu ver­hü­ten) mit Papier­schnit­zeln, Säge­spä­nen, oder Spreu dicht in eine Schach­tel gepackt wer­den, so wie die Glä­ser mit Flüssigkeiten.

Die Glä­ser dür­fen mit den Flüs­sig­kei­ten nie bis zum Stöp­sel ange­fül­let wer­den, son­dern man muß etwas grö­ße­re wäh­len, damit noch ein Ach­tel oder Sechs­tel Luft dar­inn blei­be, wel­che sich zusam­men­pres­sen oder aus­deh­nen läßt, wenn die Flüs­sig­keit in der Wär­me einen grö­ßern Raum ein­nimmt, oder sich in der Käl­te zusam­men­zieht. Füllt man aber das gan­ze Glas mit der Flüs­sig­keit bis zum Stöp­sel an, so muß bei der gerings­ten Abwech­se­lung von Käl­te oder Wär­me ent­we­der der Stöp­sel her­aus­ge­sto­ßen wer­den, oder das Glas zer­sprin­gen, weil die tropf­ba­ren Flüs­sig­kei­ten einen grö­ßern Raum in der Wär­me als in der Käl­te ein­neh­men und sich nicht zusam­men­pres­sen las­sen, wie etwa die Luft.

Pul­ver­kap­seln, Schach­teln, Büch­sen, Glä­ser und jede and­re Ein­fas­sung der Arz­nei­en müs­sen mit deut­li­chen Wor­ten die Signa­tur (w.s.) auf­ge­schrie­ben an sich tra­gen, damit kei­ne Ver­wech­se­lung gesche­he, und der Kran­ke wis­se, wie er das Mit­tel ein­zu­neh­men habe.

Was aber die Gefä­ße zur Auf­be­wah­rung der Dro-quen in der Offi­cin selbst anlangt, so unter­schei­det man die­je­ni­gen in der Apo­the­ke selbst, wor­in eine klei­ne Men­ge zum täg­li­chen Ver­kauf vor­han­den ist, von den gro­ßen Vor­raths- oder Standgefäßen.

Die gro­ßen Vor­raths­be­häl­ter die­nen 1) zur Auf­be­wah­rung trock­ner Sub­stan­zen, der Gewäch­se, der Wur­zeln, Rin­den, Kräu­ter u.s.w., wel­che ihre Kräf­te lan­ge behal­ten. Man bedient sich hie­zu ent­we­der der Schub­kas­ten, der Kas­ten mit wohl­pas­sen­den Klapp­de­ckeln, oder leich­ter Fäs­ser mit eben­falls gut schlie­ßen­den Deckeln ver­wahrt. Man thut wohl, sie äußer­lich mit Oel­far­be (mit Signa­tur­schil­dern) anzu­strei­chen, theils den Luft­zu­tritt, theils die Holz­wür­mer abzu­hal­ten, und an den Rand, wo die Deckel schlie­ßen, eine Strie­fe weiß­gaa­ren Schaaf­le­ders zu befes­ti­gen, damit der Deckel luft­dicht auf­lie­ge. Die­je­ni­gen Gewächst­hei­le, wel­che durch eine so leich­te Ver­wah­rung viel an ihren Kräf­ten ver­lie­ren, die Wur­zeln des Fle­cken­a­rons, der Nel­ken­wurz­ga­raf­fel, des Kat­zen­bal­dri­ans, der Cyper­wur­zel, der Jal­ap­pe, der Ipe­ka­ku­an­ne, des Fen­chel­d­ills u.s.w.; die zärt­li­chen Scha­len und Rin­den, die Rin­de vom Zimmt­lor­ber, Sto­ra­xam­ber­baum, des Bit­ter­kos­ten, die Win­ters­rin­den, Macis u.s.w.; die Scha­len der Zitro­nen und Pome­ran­zen u.s.w.; die jäh­ri­gen dün­nen, fei­nen Kräu­ter, Acker­gauch­heil, Tau­ben­krop­ferd­rauch, Kat­zen­ga­man­der, Fle­cken­schier­ling u.s.w.; die meis­ten wohl­rie­chen­den Blu­men, die getrock­ne­ten Bee­ren u.s.w. müs­sen sorg­fäl­ti­ger vor dem Luft­zu­trit­te in höl­zer­nen oder nach der Fein­heit ihres Gewür­zes in zin­ner­nen Büch­sen mit Schrau­ben­de­ckeln auf­ge­ho­ben wer­den, so wie vie­le Samen. Spa­ni­sche Flie­gen, Biber­geil, Moschus u.s.w. wer­den in glä­ser­nen Fla­schen oder rein­zin­ner­nen Schrau­ben­büch­sen verwahrt.

2) Zu flüs­si­gen mil­den Din­gen, Honig, Syrup, Oel, Brannt­wein, Essig u.s.w.; auch zu destil­lir­ten Wäs­sern, wo man sie in gro­ßer Men­ge bedarf, die­nen höl­zer­ne Fäs­ser, wel­che vor ihrem Gebrau­che mehr­mals mit kochen­dem Was­ser ange­füllt wer­den, und Tag und Nacht damit ste­hen blei­ben müs­sen, um den Holz­ge­schmack und die Far­be des Hol­zes aus­zu­zie­hen; eben dieß geschieht jedes­mal, wenn das Faß von der ent­hal­te­nen Sub­stanz leer gewor­den, um allen Moder, Hefen und Unrei­nig­keit herauszubringen.

Zu Wein­essig, destil­lir­ten Wäs­sern und Brannt­wein nimmt man tan­ne­ne Fäs­ser, weil sie weni­ger Far­be mitt­hei­len. Man muß aber Sor­ge tra­gen, sie in einem ganz trock­nen Gewöl­be auf­zu­be­wah­ren, damit das Holz nicht sto­cke oder mode­re, und sie auf hohe Lager zu brin­gen, damit man jede Beschä­di­gung leicht wahr­neh­men kön­ne. Sie müs­sen öfters mit feuch­ter Lein­wand über und über abge­wischt wer­den, um alles Schimm­lich­te davon zu brin­gen. Die Fäs­ser mit Wein­geist, Brannt­wein und Wein wer­den am bes­ten mit einem Lack oder Oel­fir­niß ange­stri­chen, weil sie sonst unge­mein viel geis­ti­ges durch­düns­ten las­sen, zum offen­ba­ren Ver­lust; auch wird hie­durch aller Moder vom Innern abgehalten.

Zu klei­nern Quan­ti­tä­ten Wein­geist, destil­lir­tem Was­ser u.s.w. die­nen stein­zeug­ne, und wer es haben kann, glä­ser­ne gro­ße Fla­schen, mit tüch­ti­gen Kork­stöp­seln ver­wahrt, die man bei geis­ti­gen Flüs­sig­kei­ten noch mit gel­bem Wach­se getränkt hat.

Die grü­nen glä­ser­nen Fla­schen sind am halt­bars­ten und wohlfeilsten.

So müs­sen auch die arz­nei­li­chen Syru­pe und ein­ge­dick­ten Frucht­säf­te in glä­ser­nen oder stein­zeug-nen Fla­schen auf­be­wah­ret wer­den, die man in Asche setzt, um die Amei­sen abzuhalten.

Die Lat­wer­gen und Kon­ser­ven, so wie das Tama­rin­den- und Kas­si­en­mark, die Obst­mu­ße und Sul­zen thut man am bes­ten in glä­ser­ne oder stein­zeug­ne Büch­sen, deren Oef­nung nie grö­ßer seyn darf, als daß man mit einer Hand her­ein­kom­men kön­ne, um sie bequem anzu­fül­len, aus­zu­lee­ren, und zu rei­ni­gen; man stellt sie auch, wie alle and­re süßen Säf­te, in ganz nied­ri­ge (etwa zoll­ho­he) Kas­ten mit einem Fin­ger hoch Asche angefüllt.

Die mine­ra­li­schen Säu­ren wer­den sämmt­lich ent­we­der in stein­zeug­nen Kru­ken (mit Schrau­ben­stöp­seln von glei­cher Mate­rie, in etwas flie­ßen­des gel­bes Wachs getaucht, ver­stopft) oder in glä­ser­nen Fla­schen mit ein­ge­rie­bnen glä­ser­nen oder höl­zer­nen in gel­bes Wachs getauch­ten Stöp­seln auf­be­wahrt. Die Glas­stöp­sel darf man nur an der klei­nen Bohr­ma­schi­ne (Destil­la­ti­on S. 220) befes­ti­gen, sie mit nas­sem Schmir­gel­pul­ver bestrei­chen, und in der Mün­dung der dar­an gehal­te­nen Fla­sche eini­ge Zeit herumdrehen.

Die klei­nern Gefä­ße in der Apo­the­ke selbst unter­schei­den sich von jenen durch ihre abwei­chen­de Bestim­mung. Hier ist die all­ge­mei­ne Regel, alles, was sich nur thun läßt, so viel mög­lich in Glä­sern auf­zu­be­wah­ren (außer erdi­ge, metal­li­sche oder and­re trock­ne unver­derb­li­che Sub­stan­zen). Sie las­sen ihre Mün­dung am dich­tes­ten ver­wah­ren, man kann ihre inne­re Rein­lich­keit am bes­ten erken­nen, sie wer­den von den schar­fen, sal­zi­gen und sau­ren Sub­stan­zen nicht ange­grif­fen, und thei­len ihnen kei­ne schäd­li­chen Eigen­schaf­ten mit; sie las­sen nichts geis­ti­ges durch ihre Wän­de duns­ten, kei­ne Feuch­tig­keit ein­drin­gen, noch die Wirk­sam­keit der trock­nen Arz­nei­en ver­flie­gen; man sieht mit einem Bli­cke, wel­che von ihnen wie­der anzu­fül­len nöthig sind, sie fal­len gut in die Augen, und sind leicht zu haben. Mäßi­ge Behut­sam­keit bewahrt sie vor dem Zer­bre­chen. Wenigs­tens deh­ne man ihren Gebrauch, auf alle inner­lich zu gebrau­chen­de feuch­te und flie­ßen­de Sub­stan­zen, flüch­ti­ge Sal­ze, leicht ver­derb­li­che kost­ba­re rohe und zube­rei­te­te Arz­nei­en und theu­re Gewür­ze in den Apo­the­ker­la­den aus.

Will man sie nicht zu gepül­ver­ten Vege­ta­bi­li­en neh­men, so die­nen zu den Gewächs­pul­vern, Har­zen und Gum­mi­har­zen, wel­che riech­ba­re oder sonst kräf­ti­ge ver­duns­t­ba­re Thei­le ent­hal­ten, hohe, enge, zylin­dri­sche Büch­sen von rei­nem Berg­zin­ne, mit dicht auf­ge­schraub­ten Deckeln. Das rei­ne Zinn ist hart genug zu die­sem End­zwe­cke, und die Aus­flucht der betrüg­li­chen Zinn­ar­bei­ter, als müs­se der Här­te wegen Blei zuge­setzt wer­den, ist Unwahr­heit, da jeder Zusatz des Blei­es das Zinn wei­cher macht, als es vor sich ist. Ein Zusatz von 1/​10 Kup­fer oder Zink zum Zin­ne gie­bt ihm noch grö­ße­re Här­te, ohne davon zu die­sem Behu­fe eine Schäd­lich­keit befürch­ten zu lassen.

Dick­li­che Mate­ri­en, wel­che blos zum äußern Gebrau­che die­nen, Sal­ben, Cera­te kön­nen in ähn­li­chen Geschir­ren auf­be­wahrt werden.

In stein­zeug­nen oder glä­ser­nen Kru­ken und Büch­sen wer­den die dick­li­chen süßen Frucht­säf­te, die Kon­ser­ven, das Tama­rin­den­mark u.s.w. in dem Apo­the­ker­la­den hin­ge­stellt; so wie alle feuch­ten­de Sal­ze in glä­ser­nen Fla­schen. Sonst kann man auch die trock­nen, nicht flüch­ti­gen Sal­ze in höl­zer­nen Büch­sen mit Schrau­ben­de­ckeln recht bequem verwahren.

Alle Gefä­ße von so genann­tem eng­li­schen Stein­gu­te, so wie die von Fay­ence (Delf­ter, unäch­tes Por­cel-lain) sind durch­aus zur Auf­be­wah­rung flüs­si­ger, feuch­ter oder sal­zi­ger Sub­stan­zen in der Offi­cin ver­werf­lich und unzu­läs­sig, weil bei­de mit einem Ueber-zuge gla­surt sind, der Blei in Men­ge ent­hält. So drin­gen auch die Sal­ze durch ihre blos thon­ar­ti­gen, lok­kern Wän­de hin­durch, wel­che dadurch zer­fres­sen und zer­blät­tert wer­den. Das gewöhn­li­che Töp­fer­ge­schirr ist inner­lich gleich­falls mit Blei­gla­sur über­zo­gen. Die eigent­lich stein­zeug­nen Gefä­ße hin­ge­gen, wie die, wel­che in Gro­sal­mero­de, Holit­sch, Wal­den­burg, Bür-gel u.s.w. ver­fer­tigt wer­den, sind eine Art grau­es wah­res Por­cel­lain, aus rei­nem mit San­de ver­misch­tem Tho­ne bei sehr hef­ti­gem Feu­er der­ge­stalt gebrannt, daß die Mas­se zu einer hal­ben Ver­gla­sung gebracht wor­den ist, wodurch kei­ne flüs­si­gen oder salz­ar­ti­gen Sub­stan­zen drin­gen kön­nen; ihre Gla­sur ent­steht durch Koch­salz, wel­ches Hän­de­voll in den Ofen gestreut wird, und, in die kleins­ten Stäub­chen ver­knis­tert, die Ober­flä­che der glü­hen­den Gefä­ße ver­gla­set. Ihr Nut­zen in der Apo­the­ke ist unnenn­bar, und sie sind blos durch glä­ser­ne Geschir­re zu ersetzen.

Alle kup­fer­nen und blei­er­nen Geschir­re sind zur Auf­be­wah­rung der Arz­nei­en unzu­läs­sig. Die von ver­zinn­tem Eisen­ble­che las­sen sich nicht luft­dicht ver­schlie­ßen, ros­ten unter der Ver­zin­nung leicht, und die Ver­zin­nung selbst theilt den Flüs­sig­kei­ten und Sal­zen schäd­li­che Eigen­schaf­ten mit.

Alle Extrak­te und Dick­säf­te las­sen sich, selbst wenn sie etwas dick­lich sind, auf die unter Dick­säf­te (S. 225) ange­zeig­te Wei­se leicht in glä­ser­nen Fla­schen mit ein­ge­rie­be­nen Stöp­seln auf­he­ben, und dar­aus dis­pen­si­ren. Selbst wenn sie an der Luft oder im Was­ser­ba­de bis zur här­tes­ten Kon­sis­tenz abzu­dun-sten beliebt wür­de, kann man sie ent­we­der gepül­vert, oder in Stän­gel­chen zur Pil­len­mas­se aus­ge­dehnt in glä­ser­nen Fla­schen aufbewahren.