Edelweinrebe

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Edel­wein­re­be, Vitis vini­fera L. mit Blät­tern, die in fünf Ein­schnit­te, und die­se wie­der in tie­fe­re ge-theilt sind, von denen der mitt­le­re der längs­te und brei­tes­te ist, auf der untern Flä­che mit mehr oder weni­ger ein­zel­nen fei­nen Haa­ren besetzt, ein in gemä­sig­ten Erd­stri­chen ein­hei­mi­scher, bis zum 52sten Gra­de aus­dau­ern­der, bekann­ter Strauch mit fast unzäh­li­gen Abänderungen.

Der aus den saf­ti­gen süßen Bee­ren gedrück­te Most wird durch von selbst erfol­gen­de Gäh­rung zu einer Flüs­sig­keit, wel­che eine mit Wein­geist ver­süß­te Essig­säu­re zu seyn scheint, näm­lich zu Wein (vinum), wovon man von Zeit zu Zeit meh­re­re Sor­ten zu arz­nei­li­chen Absich­ten ange­wen­det hat. In gehö­ri­ger Gabe ist er eine auf­hei­tern­de, Ner­ven­kraft erhe­ben­de, bele­ben­de Arz­nei vom ers­ten Ran­ge, in all­zu gro­ßer aber erhitzt und betäubt er giftartig.

Die an der Son­ne getrock­ne­ten Bee­ren, die Rosi­nen (Pas­su­lae majo­res, Uvae mas­si­li­o­ti­cae, Uvae pas­sae majo­res), ent­hal­ten den unver­än­der­ten Most in kon­zen­trirter Gestalt. Sie sind, wie letz­te­rer, ihrer schlei­mi­gen und zucker­ar­ti­gen Thei­le wegen, als ein Hus­ten lin­dern­des, Leib eröf­nen­des Mit­tel gebraucht worden.

Die ganz gro­ße Sor­te, die Zibe­ben (Zibe­bae, Uvae pas­sae maxi­mae, Uvae dama­s­cenae), sind fast einen Zoll lang, und breit, gelb­braun, wie mit Zucker­staub besprengt, sehr süß, und haben wenig Ker­ne. Man bedient sich ihrer wie letz­te­rer, zu Laxier- und Brusttränken.

Den im Früh­lin­ge aus den ver­schnit­te­nen Reben träu­feln­den, geschmack­lo­sen, unkräf­ti­gen Saft (Reben­was­ser, lacrymae vitis,) rühm­ten die Alten gegen alle Arten äus­ser­li­cher und inner­li­cher Entzündungen.

Die herb­säu­er­lich schme­cken­den Blät­ter (fol. vitis. Pam­pi­ni) wur­den von ihnen frisch aus­ge­preßt, im Heiß­hun­ger, Ruhr und andern Krank­hei­ten ange­wen­det, wo man anhal­ten­de und küh­len­de Din­ge nöthig hat­te, und die schwach, aber höchst ange­nehm rie­chen­de Wein­blü­t­he (flor. vitis) prie­sen sie als ein herz­stär­ken­des Mittel.