Agrest

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Agrest, (Agres­ta, Ompha­ci­um, Verjus,) der aus unrei­fen Trau­ben gepreß­te Saft. Kurz vor ihrer Rei­fe gepflück­te, von ihren Stiel­knöpf­chen sorg­fäl­tig befrei­te, Wein­bee­ren einer gro­ßen Art, wer­den in einem höl­zer­nen oder stei­ner­nen (nicht mar­mor­nen) Mör­sel mit einer höl­zer­nen Pistil­le der­ge­stalt zer­quetscht, daß die Ker­ne dar­in nicht zer­sto­ßen wer­den, dann in einem lei­ne­nen Sacke aus­ge­preßt (Aus­pres­sen), der Saft mit etwas roher Milch (auch drei Pfund Saft etwa ein Quent­chen unge­sot­te­ne Milch) ver­mischt, und an einem küh­len Orte etwa zwölf bis funfzehn Stun­den stehn gelas­sen. Die Milch gerinnt und nimmt alle Unrei­nig­kei­ten in Flo­cken zu sich. Nun sei­het man den Saft durch einen tuche­nen Spitz­beu­tel, füllt ihn in glä­ser­ne Fla­schen, gießt etli­che Trop­fen Baum­öl dar­über, ver­korkt sie wohl, und hebt sie im Kel­ler auf.

Die­ser ganz hel­le Saft hält sich über zwei Jah­re. Er gie­bt zu allen Jahrs­zei­ten eine sehr erqui­cken­de, ange­neh­me Küh­lung in hit­zi­gen, vor­züg­lich in Krank­hei­ten ab, wenn er mit Zucker und Was­ser ver­mischt getrun­ken wird.

Die Aerz­te in alten Zei­ten bedien­ten sich sei­ner häu­fig und mit gro­ßem Vort­hei­le. Es ist Scha­de, daß man sich in Deutsch­land den­sel­ben wenig oder gar nicht mehr zunut­ze macht; fast blos in Frank­reich ist er noch im Gebrauche.

Auch löse­te man ehe­dem zwei Dritt­hei­le fei­nen Zucker in die­sem Saf­te auf, und dick­te ihn zum Agrest­si­rup (Sirup. agrestae, s. de agres­ta) ein; aber auch die­ser ist nicht mehr üblich.