Die Aktualität der Alchemie und die Hartnäckigkeit der Astrologie

Der bedeu­ten­de Ein­fluss der Alche­mie auch auf die moder­ne natur­wis­sen­schaft­lich ori­en­tier­te Medi­zin ist unüber­seh­bar, wird jedoch ger­ne geleug­net. Ob die Alche­mie aber tat­säch­lich über­holt und bes­ten­falls ein Relikt aus der Mot­ten­kis­te der Wis­sen­schafts­ge­schich­te ist oder man etwas vor­sich­ti­ger mit ihr umge­hen und es sich nicht zu leicht machen soll­te mit “der sehr lächer­li­chen Selbst­über­schät­zung, mit der vie­le auf das Zeit­al­ter der Alche­mie zurück­bli­cken”, unter­sucht der Bio­lo­ge und Wis­sen­schafts­his­to­ri­ker Prof. Dr. Ernst P. Fischer, Kon­stanz, in dem fol­gen­den Aus­schnitt sei­nes Buches “Die ande­re Bil­dung” [a].

Die neue Wis­sen­schaft, die sich in Euro­pa [im Ver­lauf der ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­te] bil­de­te, kam nicht aus dem Nichts. Ihr vor­an­ge­gan­gen waren jahr­hun­der­te­lan­ge Bemü­hun­gen, die sich unter den Stich­wor­ten Alche­mie und Astro­lo­gie zusam­men­fas­sen las­sen. His­to­risch ist dabei von beson­de­rem Inter­es­se, daß der gro­ße Astro­nom Johan­nes Kep­ler als Astro­lo­ge sehr erfolg­reich tätig war und daß der noch grö­ße­re Astro­phy­si­ker New­ton flei­ßig Alche­mie getrie­ben hat – wenn auch weni­ger erfolg­reich. Zwar gibt sich – zumin­dest auf den ers­ten Blick – heut­zu­ta­ge kein moder­ner For­scher mehr eine der­ar­ti­ge Blö­ße. Weder die Alche­mie noch die Astro­lo­gie haben es auch jemals zu aka­de­mi­schen Ehren gebracht und einen Lehr­stuhl an einer Uni­ver­si­tät erhal­ten, doch wer dar­aus den Schluss zieht, daß es nicht lohnt, alche­mis­ti­sche Ansät­ze oder astro­lo­gi­sche Bemü­hun­gen zu ver­fol­gen, der irrt gewal­tig. So selt­sam es auch erschei­nen mag, aber das alche­mis­ti­sche Gedan­ken­gut bil­det einen wich­ti­gen Bestand­teil der moder­nen Wis­sen­schaft. Und die Popu­la­ri­tät der Astro­lo­gie kann nur über­se­hen, wer das Publi­kums­in­ter­es­se für völ­lig neben­säch­lich hält und wirk­lich nie­man­den kennt, der von Stein­bö­cken und Fischen spricht und sich Gedan­ken über deren Zusam­men­pas­sen macht, ohne dabei die Tie­re zu meinen. 

Wer die moder­nen Wis­sen­schaf­ten ver­ste­hen will, ist gut bera­ten, wenn er ernst nimmt, was Fried­rich Nietz­sche 1882 in sei­ner Fröh­li­chen Wis­sen­schaft geschrie­ben hat, daß näm­lich die Phy­sik, Che­mie und Bio­lo­gie nicht “ent­stan­den und groß gewor­den wären, wenn ihnen nicht die Zau­be­rer, Alchi­mis­ten, Astro­lo­gen und Hexen vor­an­ge­lau­fen wären”, die dabei vor allem die Funk­ti­on erfüll­ten, “mit ihren Ver­hei­ßun­gen und Vor­spie­ge­lun­gen erst Durst, Hun­ger und Wohl­ge­schmack an ver­bor­ge­nen Mäch­ten” zu schaf­fen [b]. Dass zumin­dest in der Alche­mie aber noch mehr steckt als die von Nietz­sche anvi­sier­ten Ver­füh­run­gen, soll im fol­gen­den beschrie­ben werden.

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