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© Ulmer Verlag
Gartenfreunde, die einmal etwas völlig anderes Lesen und Erfahren möchten, kann das Buch “Das Wissen der Weleda Gärtner” ans Herz gelegt werden. Das Buch ist in vielerlei Hinsicht besonders: Es lässt neun Gärtner zu Wort kommen, die in den weltweit bestehenden Gärten für die Weleda AG arbeiten. Die Gärten befinden sich in verschiedensten Ländern und Kontinenten. Sie sind also mit den unterschiedlichsten Klimazonen, geografischen Lagen konfrontiert. Die Gärten wurden angelegt, um das Unternehmen, Rohstoffe zu liefern, die kontrolliert, biologisch-nachhaltigen und anthroposophischen Richtlinien unterliegen.
Das besprochene Buch dient dem Unternehmen, um seine Anliegen zu transportieren. Die Weleda AG ist ein anthroposophisches Unternehmen und wurde 1929 von Ita Wegmann und Rudolf Steiner gegründet. Letzterer ist der Begründer der Anthroposophie, der seiner Zeit weit voraus, biologisch-dynamische Regeln für die Landwirtschaft entwickelten. Diese gehen jedoch weiter als die heutige biologische Landwirtschaft. Steiner versuchte schon damals der beginnenden Rationalisierung und Ökonomisierung lebendige und naturgemäße Ideen zum Anbau von Heilpflanzen, Gemüse – der Herstellung von naturgemäßer, lebendiger Nahrung zu schaffen. Steiners Philosophie ist komplex und ganzheitlich ausgerichtet. Unter seiner Anleitung wurden z.B. Waldorfschulen gegründet, die Heileurhythmie entwickelt oder Arzneien (Pflegemittel) zur Prävention und Gesundung von Menschen. Die Landwirtschaft interessierte Steiner, weil schnell klar war, dass nur gesunde Heilpflanzen eine Grundlage bilden können um Arzneien herzustellen, die der Gesundheit dienen können.
Im Einklang der Natur leben und arbeiten
Zu den Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft Steiners gehört das Wissen um die Schaffung einer gesunden Bodenbeschaffenheit zu der Millionen von Mikroorganismen gehören beispielsweise. Auch die Einbeziehung von Vögeln, Insekten, die Gärten lebendig sein lassen oder auch kosmische Energien. Gesunde Gärten sind – so sind die Weleda-Gärtner überzeugt – eingebettet im Rhythmus der Jahreszeiten, Tieren auf und in der Erde, und in den besonderen Rhythmen die die Menschen beim Gärtnern mit hineinbringen. Die Gärtner beobachten das Werden und Vergehen der Heilpflanzen und berichten in dem Buch von ihren Erfahrungen. Denn nicht nur die besonderen Standorte der Heilpflanzen werden erforscht, die ihr gutes Gedeihen ermöglichen, sondern auch die optimale Bodenbeschaffenheit oder die besten Zeitpunkte des Säens und Erntens. Schnell wird deutlich, dass die Gärtner im Einklang der Natur leben und arbeiten. Sie sind auch Forscher und versuchen durch jahrzehntelange Beobachtung und Beachtung der Natur ihre verborgenen Pläne zu ergründen. Es sind erdverbundene Menschen, die dort zu Wort kommen und die sich selbst als Teil der Natur erleben. Ihnen ist klar, dass nur gesunde Heilpflanzen, gesunde Rohstoffe liefern, die gesundend auf den Menschen wirken. Berichte von Gärtnern aus Frankreich, Schweiz, Deutschland, Neuseeland oder Latein Amerika sind zu lesen. Sie stellen nicht nur ihre Arbeit vor, sondern die Beziehung, die sie zwischen sich, anderen Menschen, den Pflanzen, Boden, Tieren und dem Kosmos sehen.
Jede Heilpflanze hat ihr eigens Wesen
Sie berichten von den Heilpflanzen, die sie anbauen und ernten. Das Arbeiten in der Natur schafft ein vielseitiges Wechselspiel. Sie lernen Geduld, Zufriedenheit, mit dem was ist. Auch die Heilpflanzen mit denen sie arbeiten, wirken sich auf ihr Leben und ihre Gemütsverfassung aus. Die unterschiedlichen Artikel machen deutlich, dass Vieles in Handarbeit erledigt wird. Zum Deutlich machen hier das Beispiel der Calendula: “Bei der Ernte der wundheilenden Pflanze, zeigt sie schon deutlich ihre Wirkkraft. Wird das gelbe Köpfchen abgepflückt tritt ein klebriges Sekret heraus – die Pflanze erschließt diese Wunde sorgsam, um sich zu schützen”. Ihre Wirkstoffe sind geschätzt für die Wundversorgung der Menschen. “Es ist etwas Besonderes, das Wesen und die Wirkkräfte einer Pflanze so hautnah zu erleben. Bei der maschinellen Ernte ginge dieser Schatz verloren”, so einer der Gärtner.
Für Gartenfreunde ist das Lesen leicht, denn das Buch ist so konzipiert, dass in jedem Teil eingestiegen werden kann. Dabei geht es um Saatgut, Bodenpflege, Pflanzenkunde, tierische und pflanzliche Gartenhelfer oder Rhythmen, die bei dem Gedeihen der Heilpflanzen eine besondere Rolle spielen.
Inkulturnahme von Heilpflanzen wird nötig wegen des Artensterbens
Naturheilkundlich arbeitende Firmen bezogen ihre Rohstoffe oft aus Wildsammlungen. Doch aufgrund des Artensterbens oder den erschwerten Umweltbedingungen mussten Lösungen für eine andere Rohstoffbeschaffung gefunden werden. Viele Firmen haben sich, um unabhängig von den möglichen, großen Schwankungen bei der Rohstoffbeschaffung zu sein, auf die Inkulturnahme von Heilpflanzen verlegt. So werden unter anderem am Beispiel der Arnika die Probleme verdeutlicht: Arnika ist eigentlich eine Einzelgängerin, die hoch oben in den Bergen wächst und sehr spezielle Wachstumsbedingungen benötigt. Doch wie kann eine Einzelgängerin dazu bewogen werden, in dichtem Wachstum mit anderen zu gedeihen? Die Heilpflanze mag sauren Boden und hat einen hohen Bedarf an Kieselsäure und Eisen. Der natürliche Lebensraum ist äußerst herausfordernd: Hoch oben in den Gebirgen, auf mageren Wiesen, die eine sehr spezielle Sonneneinstrahlung haben. Der Abschnitt über die in Kulturnahme der Arnika ist spannend, zeigt er doch wie lange geforscht, ausprobiert werden muss. Am Ende heißt es “Fast 15 Jahre hat es gedauert, sie hier im Garten in Kultur zu nehmen. Nicht sie war es, die diese Zeit brauchte. Wir brauchten sie”, so ein Zitat eines Gärtners.
Fazit
Sicherlich: Das Buch wurde von Weleda in Auftrag gegeben, um aufzuzeigen, woher die Rohstoffe für ihre Produkte kommen. Doch dieser Auftrag wurde in ganz wunderbarer Weise umgesetzt: Die schönen Fotos zeigen die Heilpflanzen, die Gärten und die Menschen, die in ihnen arbeiten auf ästhetischer Weise. Das Papier des Buches ist ökozertifiziert, genauso wie die Druckfarben, was bedeutet, dass das Papier nicht strahlend weiß und hoch brillant ist. Die Auswahl der Bilder, die Gestaltung der Artikel und Buchabschnitte sind dem Ökopapier und ‑Druck angepasst worden – eine besondere Leistung. Herausgekommen ist ein schönes Buch, das immer wieder zum Anfassen und Lesen einlädt. Viele Aspekte können gerne immer wieder gelesen werden. Denn die Worte, die gewählt wurden, zeigen Nachhaltigkeit, Aufmerksamkeit und die Liebe zur Natur und den Heilpflanzen.
Das Wissen der Weleda Gärtner. Weleda AG, Eugen Ulmer KG, Stuttgart 2019. Preis: 29,90
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Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2019).
weitere Infos
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