Heilpflanzenführung auf dem Kreuzberg in Berlin

Der Kreuz­berg im Ber­li­ner Stadteil Kreuzberg

Bei hoch­som­mer­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren fand der Lan­ge Tag der Stadt­Na­tur [1] am 17. und 18. Juni in Ber­lin statt. Seit zehn Jah­ren ver­an­stal­tet die Stif­tung Natur­schutz Ber­lin die­se Ver­an­stal­tung. Die­ses Jahr wur­den 400 unter­schied­li­che Füh­run­gen, Wan­de­run­gen, Vor­trä­ge rund um die Natur in Ber­lin auf die Bei­ne gestellt. Auch Füh­run­gen, die sich mit Heil­pflan­zen und Wild­kräu­tern beschäf­tig­ten, waren wie­der dabei. Heil­prak­ti­ker und Natur­päd­ago­gen nut­zen die Gele­gen­heit, auf ihre Orga­ni­sa­tio­nen oder Pra­xen auf­merk­sam zu machen. So auch Geor­ge Brasch, der Heil­kräu­ter rund um den Kreuz­berg vorstellte.

Geor­ge Brasch

Der Kreuz­berg ist ein künst­lich auf­ge­schüt­te­ter Berg im gleich­na­mi­gen Stadt­teil Ber­lins mit einer attrak­ti­ven Beson­der­heit: Einem rau­schen­den Bach. Am Fuße die­ses Bachs haben sich Inter­es­sier­te ver­sam­melt, um an der Kräu­ter­füh­rung teil­zu­neh­men. Sich sel­ber vor­stel­lend erzählt Brasch zunächst von sei­nem Wer­de­gang: Er spe­zia­li­sier­te sich im Ver­lau­fe sei­ner Aus­bil­dung auf Pflan­zen­heil­kun­de und Iris­dia­gnos­tik. Die Iris­dia­gnos­tik zu Beginn einer Behand­lung ermög­licht ihm dia­gnos­ti­sche Hin­wei­se auf mög­li­che Erkran­kun­gen sei­ner Pati­en­ten fest­zu­stel­len. Die­ses ist dann neben einer Ana­mne­se und Labor­wer­ten die Grund­la­ge für die Behand­lun­gen. Der Pflan­zen­heil­kund­ler ver­ord­net unter ande­rem ger­ne Tee­re­zep­tu­ren. “Bei mir heisst es Abwar­ten und Tee­trin­ken”, sagt Brasch lächelnd. So stellt er ganz per­sön­li­che Heil­kräu­ter­tees zusam­men, die drei Mal täg­lich vor dem Essen sechs Wochen lang getrun­ken wer­den sol­len: “Das setzt neben der heil­pflanz­li­chen Wir­kung auch rhyth­mi­sche Impul­se”, erklärt Brasch, der dann auf die außer­or­dent­li­che Bedeu­tung von Rhyth­mik im Leben von Men­schen hin­weist: Sie wird bei­spiels­wei­se vom Wan­del der Jah­res­zei­ten mit der unter­schied­li­chen Son­nen­in­ten­si­tät, dem Tag-Nacht-Rhyth­mus oder Tätig­keit-Ruhe-Pha­sen oder vie­len ande­ren Rhyth­men bestimmt. “Doch lei­der haben sich die Men­schen, die vor allem in den Städ­ten woh­nen, von der Natur stark ent­kop­pelt. So kann ihr Stoff­wech­sel aus der Balan­ce gera­ten”, so der Heil­prak­ti­ker. Er führt die Grup­pe in einen schat­ti­gen Bereich auf eine klei­ne Wie­se. Auf den ers­ten Blick wächst dort nichts Auf­re­gen­des. Die meis­ten Kräu­ter­in­ter­es­sier­ten sehen wahr­schein­lich nur Rasen.

Wiesenklee & Gänseblümchen

Weiß-Klee

Nicht so der Natur­heil­kund­ler. Brasch bückt sich und pflückt Weiß-Klee (Trif­o­li­um repens) und Gän­se­blüm­chen (Bel­lis peren­nis). “Heil­pflan­zen und Wild­kräu­ter kön­nen uns hel­fen, wie­der zur Natur zurück­zu­keh­ren”, sagt er. “Wir kön­nen sie z.B. jeden Tag essen in Sala­ten, in Smoothies ver­wen­den oder als Tee trin­ken. Heil­kräu­ter wir­ken unter vie­lem ande­ren regu­lie­rend, för­dernd und den Stoff­wech­sel anre­gend”. Der Weiß-Klee aus der Fami­lie der Schmet­ter­lings­blüt­ler ent­hält bei­spiels­wei­se genau­so wie die Soya­boh­ne (Gly­ci­ne max.) Daidz­e­in (natür­li­che Iso­fla­vo­ne also Pflan­zen­färb­stof­fe), die das Hor­mon­sys­tem modu­lie­ren kön­nen. So kann bei­spiels­wei­se Weiß-Klee regel­mä­ßig in die Ernäh­rung ein­ge­baut wer­den, wie die Soya­pro­duk­te bei den Asia­ten. Frau­en, die sich in den Wech­sel­jah­ren befin­den, kön­nen davon auch pro­fi­tie­ren. Das häu­fig vor­kom­men­de Gän­se­blüm­chen kann eben­falls geges­sen wer­den, so Brasch wei­ter. Was vie­le nicht wis­sen: Das Gän­se­blüm­chen ent­hält Sapo­nine, also Sei­fen­stof­fe, wes­halb sie auch als Hus­ten­mit­tel ein­ge­setzt wer­den kann. “Das Gän­se­blüm­chen hat Struk­tu­ren, die ver­flüs­si­gen”, so erklärt der Heil­prak­ti­ker wei­ter. Die­se Eigen­schaf­ten sind eben­falls im Früh­jahr gefragt, um nach der lan­gen Win­ter­pha­se, den Stoff­wech­sel im Kör­per wie­der in Gang zu brin­gen. Auch äußer­lich ange­wandt, wirkt die­se Eigen­schaft: Gän­se­blüm­chen zer­quetscht und z.B. auf eine Prel­lung auf­ge­legt (und ban­da­giert) bewirkt, dass die Prel­lung schnel­ler weg geht.

Frische oder getrocknete Heilpflanzen?

Breit­we­ge­rich

Ist die arz­nei­li­che Wir­kung von Heil­pflan­zen gefragt, soll­ten sie am bes­ten in getrock­ne­ter Form ver­wen­det wer­den, “dann sind die Wirk­stoff-Kon­zen­tra­tio­nen höher”, erklärt Brasch – des­halb wer­den also nach der Dia­gno­se zur Behand­lung arz­nei­li­che Heil­pflan­zen­tees ver­ord­net. Aller­dings kann man sich die Wirk­stoff­er­hö­hung durch Antrock­nung auch für ande­re Mög­lich­kei­ten nutz­bar machen: Wer gepflück­ten, fri­schen Wald­meis­ter (Gali­um odo­ra­tum) kopf­über zwei Tage antrock­nen lässt, hat spä­ter eine inten­si­ver schme­cken­de Mai-Bow­le durch die Umwand­lung der Cuma­ri­ne. Brasch bückt sich und pflückt ein Blatt eines Breit­we­ge­richs (Plant­ago major), und zeigt es in die Run­de: “Die India­ner nen­nen ihn den Fuß­ab­druck des wei­ßen Man­nes, denn die Wege­rich­ar­ten ver­brei­ten sich dar­über, dass die Samen an den Fuß­soh­len hän­gen blei­ben und wei­ter getra­gen wer­den. Die Wege­rich-Arten gelang­ten so den lan­gen Weg von Euro­pa nach Ame­ri­ka”, erzählt Brasch. Sie sind als “Natur-Pflas­ter” ver­wend­bar: Bei einem Insek­ten­stich z.B. kön­nen Wege­rich-Arten zer­kaut oder sons­tig zer­quetsch auf den Insek­ten­stich gelegt wer­den. “Durch die Wirk­stof­fe des Wege­richs wird die Hist­amin­bil­dung unter­drückt, die Schwel­lung wird abge­baut, bezie­hungs­wei­se unterdrückt”.

Vergessene Heilpflanzen

Bor­retsch

Dann führt der Natur­heil­kund­ler die Grup­pe höher den Kreuz­berg hin­auf. Wäh­rend im Hin­ter­grund der Bach rauscht, erzählt Brasch etwas über die Stech­pal­me (Ilex aqui­fo­li­um). “Lei­der wer­den immer mehr Heil­pflan­zen ver­ges­sen”, sagt Brasch. Ein Tee aus den Blät­tern der Stech­pal­me wur­de frü­her als wirk­sa­mes Mit­tel gegen Fie­ber ein­ge­setzt, um z.B. Ent­zün­dun­gen der Lun­gen oder des Brust­fells zu behan­deln [2]. Der Schwei­zer Kräu­ter­pfar­rer Johann Künz­le berich­te­te bei­spiels­wei­se in sei­nem Buch ‚Das gros­se Kräu­ter­buch’, dass die Grip­pe-Epi­de­mie 1918–19 mit Stech­pal­men­tee erfolg­reich behan­delt wer­den konn­te – dies war vor den Zei­ten des mas­si­ven Ein­sat­zes von Anti­bio­ti­ka. Die Wirk­stof­fe der Stech­pal­me sind auch anti­ent­zünd­lich und kön­nen z.B. bei Gelenk­ent­zün­dun­gen, Bor­re­lio­se und Pso­ria­sis (z.B. inner­lich als Tee, äußer­lich als Umschlag) ver­wen­det wer­den, erklärt Brasch wei­ter. “Lei­der ist es so, dass vie­le Heil­pflan­zen nicht mehr zur Ver­fü­gung ste­hen wie z.B. Pest­wurz (Peta­si­tes offi­ci­na­lis), Bor­retsch (Bora­go offi­ci­na­lis) oder Bein­well (Sym­phy­tum offi­ci­na­le). Als Phy­to­the­ra­peut darf ich immer mehr Heil­pflan­zen nicht mehr ver­ord­nen”, bedau­ert Brasch.

Immer mehr Nutzungseinschränkungen

Bein­well

Die Beschrän­kun­gen von Heil­pflan­zen-Nut­zun­gen durch­lie­fen gera­de in den letz­ten 50 Jah­ren ver­schie­de­ne Pha­sen: So ver­such­ten Wis­sen­schaft­ler in den 70iger Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts die Pflan­zen­heil­kun­de dadurch zu moder­ni­sie­ren, in dem sie Heil­pflan­zen-Mono­gra­phien (Mono­gra­phien der Kom­mis­si­on E) erstell­ten. Nur die Heil­pflan­zen waren aner­kannt, deren Wirk­stof­fe ein­deu­tig nach­ge­wie­sen und bestimm­ten Indi­ka­tio­nen zuge­ord­net wer­den konn­ten. Von den tau­sen­den von Heil­pflan­zen blie­ben gera­de mal 215 übrig. Dann gelang­ten erst vor einem Jahr wei­te­re Heil­pflan­zen wegen ihrer schäd­li­chen Wir­kung von Pyr­ro­li­zi­di­nal­al­ka­lo­iden (PA) in die Schlag­zei­len (sie­he Kas­ten). Das Bun­des­in­sti­tut für Risi­ko­be­wer­tung hat­te (BfR) eine Ein­schät­zung zu bestimm­ten Heil­pflan­zen abge­ben und die­se ab bestimm­ten erhöh­ten Men­gen als krebs­er­re­gend und gif­tig für die Leber befun­den. “Auch Bein­well ent­hält PA, wes­halb ich die­se alte und wirk­sa­me Heil­pflan­ze nicht mehr ver­ord­nen darf”, so Brasch. Er bedau­ert die­se Ent­wick­lung, denn sie beschnei­det immer mehr die The­ra­pie- und Heil­mög­lich­kei­ten von Phy­to­the­ra­peu­ten. “Die soge­nann­te Wis­sen­schaft­lich­keit beruht dann dar­auf, dass Rat­ten über­do­siert bestimm­te Heil­pf­an­zen bekom­men. Die Tie­re erkran­ken oder ster­ben und der Nach­weis der Schäd­lich- bzw. Töd­lich­keit ist erbracht – nur dies hat mit natür­li­chem Men­schen­ver­stand nichts zu tun!” so der Naturheilkundler.

Herzgespann und Berberitzen

Herz­ge­spann

Dann führt er die Grup­pe wei­ter zu einem Ber­be­rit­zen­strauch (Ber­be­ris vul­ga­ris). Die Bee­ren wer­den im Herbst rot und ent­hal­ten Farb­stof­fe und viel Vit­amin C. “Die Ber­be­rit­ze, auch Sau­er­dorn genannt, ist auch so eine Heil­pflan­ze, die kaum noch jemand kennt und nutzt”, so Brasch. “Sie hat Blut­druck und zucker­stoff­sen­ken­de und all­ge­mein ver­bes­sern­de Wir­kun­gen auf unse­ren gesam­ten Stoff­wech­sel”. Die Bee­ren kön­nen als Tee oder in der Nah­rung ver­wen­det wer­den. In man­chen Län­dern wie im Ori­ent hat die Ber­be­rit­ze eine ande­re Bedeu­tung: Im Iran bei­spiels­wei­se wird die Ber­be­rit­ze zum Reis geges­sen, oder es wird Saft aus den Früch­ten gemacht. “Wir brau­chen gar kei­ne Goji-Bee­ren, die momen­tan so bewor­ben wer­den, wir haben unse­re eige­nen Super­food-Heil­pflan­zen, also kön­nen wir sie auch nut­zen”, betont Brasch. Gleich neben dem Ber­be­rit­zen­strauch wächst das Herz­ge­spann (Leonu­rus car­dia­ca). Der Heil­prak­ti­ker weist auf die Anord­nung der Blät­ter hin “die­se Pflan­ze ist von ihrer Signa­tur her inter­es­sant. Die kreuz­wei­se gegen­stän­di­ge Anord­nung der Blät­ter kann als rhyth­misch betrach­tet wer­den. Das Herz­ge­spann wird unter ande­rem bei Herz­rhyth­mus­stö­run­gen ein­ge­setzt, beson­ders wenn eine Schild­drü­sen­er­kran­kung vor­liegt. Sie unter­stützt ein kran­kes Herz, das als rhyth­misch arbei­ten­des Organ tag­aus und tag­ein arbeitet”.

Für Kundige wachsen Heilpflanzen überall

Eiben­frucht

Was die Kräu­ter­in­ter­es­sier­ten auf jeden Fall bei die­ser Tour ler­nen ist, dass qua­si über­all Heil­pflan­zen oder Wild­kräu­ter wach­sen. Ob Bäu­me, Sträu­cher, Heil­kräu­ter oder Wild­pflan­zen – Brasch muss immer nur weni­ge Schrit­te wei­ter­ge­hen, um zu einer neu­en Heil­pflan­ze zu gelan­gen. Manch­mal sind die Sträu­cher, Heil­pflan­zen oder Bäu­me, wie z.B. eine Eibe im Park in einem bekla­gens­wer­ten Zustand. Doch das ist in einem so inten­siv genut­zen Nah­erho­lungs­ge­län­de kein Wun­der. “Die Eibe ist eine uralte Heil­pflan­ze und war für vie­le Völ­ker ein gehei­lig­ter Baum”, erklärt Brasch. Die Angel­sach­sen ver­ehr­ten die Eibe jedoch nicht nur, son­dern nutz­ten das har­te und unnach­gie­bi­ge Holz zum Fer­ti­gen von ihren Lang­bö­gen. Da die Angel­sach­sen für ihre Kriegs­zü­ge nach Eng­land vie­le Lang­bö­gen her­stel­len muss­ten, sorg­ten sie für eine star­ke Rodung der Eiben­be­stän­de. Die sehr lang­sam wach­sen­den Eiben erhol­ten sich von die­sem Raub­bau nie wirk­lich. Eine zwei­te gro­ße Wel­le der Eiben­nut­zung fand welt­weit in den 60/​70iger Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­ders statt. Wis­sen­schaft­ler des Natio­nal Can­cer Insti­tuts, USA, hat­ten her­aus­ge­fun­den, dass ins­be­son­de­re die Pazi­fi­sche Eibe (Taxus bre­vi­fo­lia) den Wirk­stoff Pacli­ta­xel (Tax­ol) ent­hielt, der zur Behand­lung von Brust- und Eier­stock­krebs gute Erfol­ge erziel­te. “Die Eibe steht heu­te unter stren­gem Natur­schutz. Des­halb dür­fen die Wirk­stof­fe für die Krebs­me­di­zin nur noch aus den Nadeln gewon­nen wer­den. Mitt­ler­wei­le ist der Roh­stoff so kost­bar, dass Gärt­ner sogar ihren Eiben­schnitt ver­kau­fen kön­nen”, so Brasch.

Nach zwei Stun­den ist die Kräu­ter­füh­rung zuen­de. Erstaun­lich für die Meis­ten: Sie muss­ten ins­ge­samt nur 150 Meter gehen und einen Höhen­un­ter­schied von 66 Metern über­win­den – kei­ne gro­ße Stre­cke oder Höhe also. Doch auf die­sem Weg ist es dem Heil­prak­ti­ker gelun­gen 15 ver­schie­de­ne Heil­pflan­zen mit ihren Wir­kun­gen oder Geschich­ten vor­zu­stel­len. Nun könn­te es bei den Inter­es­sier­ten dar­um gehen, die Heil­pflan­zen sicher bestim­men zu ler­nen und das Wis­sen in die Pra­xis umzu­wan­deln. Möge es den Teil­neh­men­den gelingen!

[1] Die Stif­tung Natur­schutz Ber­lin ver­an­stal­tet seit 2006, jeweils im Juni ein “Natur-Wochen­en­­de”. Bür­ger­initia­ti­ven, Ver­ei­ne, Stadt­grup­pie­run­gen oder auch Pri­vat­leu­te rich­ten ein bun­tes Pro­gramm rund um die Natur inner­halb der Stadt aus. Wei­te­re Infos: www.langertagderstadtnatur.de.

Infor­ma­tio­nen zum Heil­prak­ti­ker Georg Brasch, der die­se Kräu­ter­füh­rung bestritt: www.hpbrasch.de

Pyrrolizidinalalkaloide und ihre Problematik für die Verbraucher

Das Bun­des­amt für Risi­ko­be­wer­tung (BfR) wur­de 2002 gegrün­det, um den gesund­heit­li­chen Ver­brau­cher­schutz zu bewer­ten. Es erstellt u.a. Gut­ach­ten und Stel­lung­nah­men zu Fra­gen der Lebens- und Fut­ter­mit­tel­si­cher­heit in Deutsch­land. Auch die Sicher­heit von Che­mi­ka­li­en oder Arz­nei­mit­teln steht im Fokus der wis­sen­schaft­li­chen Ein­rich­tung. Alle Jah­re wie­der wer­den von dort aus Mel­dun­gen ver­brei­tet, die eher ver­un­si­chernd auf die Ver­brau­cher wir­ken kön­nen. So eine Mel­dung, die 2013 zu den soge­nann­ten Pyr­ro­li­zi­di­nal­al­ka­lo­ide (PA). Damals wur­den nicht reprä­sen­ta­ti­ve Ergeb­nis­se eines BfR-For­­schungs­­­pro­­jekts her­aus­ge­ge­ben: In 221 Pro­ben von Lebens­mit­tel­tees und zum Teil Arz­nei­pflan­zen­tees wur­den durch Bei­kräu­ter ver­ur­sach­te erhöh­te Wer­te von Pyr­ro­li­zi­di­nal­al­ka­lo­ide fest­ge­stellt. Auf­grund der vor­läu­fi­gen, ers­ten Ana­ly­se­er­geb­nis­se for­der­te das BfR auf, Anstren­gun­gen zur Mini­mie­rung vor­zu­neh­men. Wor­auf­hin sich Inter­es­sen­ver­tre­ter ver­schie­de­ner Grup­pie­run­gen aus der Lebens- und Arz­nei­mit­tel­her­stel­lung des The­mas annah­men. Was sind also Pyr­ro­li­zi­di­nal­al­ka­lo­ide? Es sind sekun­dä­re Pflan­zen­stof­fe, die von vie­len Pflan­zen und auch von Heil­pflan­zen gebil­det wer­den, um sich wahr­schein­lich (ers­te Annah­men) gegen Fraß­fein­de zur Wehr zu set­zen. Das PA der jewei­li­gen Pflan­zen kann sehr stark vari­ie­ren. Sei­ne Bil­dung hängt von vie­len unter­schied­li­chen Fak­to­ren wie z.B. Kli­ma, Boden­be­schaf­fen­heit ab. Die ers­ten Ana­ly­sen des BfR wur­den durch Wis­sen­schaft­ler ermit­telt, die PA Tie­ren ver­ab­reich­ten. Sie stell­ten fest, dass PA in hohen Dosen leber­schä­di­gen­de Wir­kun­gen zeig­ten. Außer­dem wur­den noch krebs­er­re­gen­de Wir­kun­gen nach­ge­wie­sen – eben­falls in hohen Dosen bei Tierversuchen.

Seit die­sen Vor­­ab-Ana­­ly­­sen wer­den zahl­lo­se Wis­sen­schaft­ler damit beschäf­tigt, eine rea­lis­ti­sche Ein­schät­zung zu der PA-Pro­­b­le­­ma­­tik zu fin­den. Denn klar ist, dass die ers­ten Ana­ly­se­er­geb­nis­se kei­ne der Rea­li­tät ent­spre­chen­de Situa­ti­on dar­stell­ten: Denn Ver­suchs­tie­re, die unter der zwangs­wei­sen Ver­ga­be hoher Dosen von PA ernst­haft erkran­ken oder sogar ster­ben bil­den nicht die Rea­li­tät in der Kon­sum­welt ab – wer trinkt bis zur Besin­nungs­lo­sig­keit Kräu­ter­tees? Der Bun­des­ver­band der Arz­nei­mit­tel­her­stel­ler (BAH) gab 2016 ein Posi­ti­ons­pa­pier [3] her­aus, indem deut­lich gemacht wur­de: “Die in dem Rah­men durch­ge­führ­te Bewer­tung rea­lis­ti­scher Expo­si­tons­sze­na­ri­en auch unter kon­ser­va­ti­ven Annah­men und Rela­tio­nen zu ande­ren PA-Expo­­si­­ti­ons­­quel­­len zei­gen jedoch auf, dass die Bei­­kraut-bedin­g­­te Belas­tung durch Arz­nei­mit­tel pflanz­li­chen Ursprungs; kein aktu­tes Risi­ko dar­stellt”. In ande­ren Wor­ten: Wer in nor­ma­len (ver­ord­ne­ten oder ange­ge­be­nen) Dosen Arz­n­ei- oder sons­ti­ge Tees trinkt, ist nicht PA-gefähr­­det. Wis­sen­schaft­ler und Inter­es­sen­ver­tre­ter arbei­ten wei­ter an die­sem The­ma. End­gül­ti­ges wird bis auf Wei­te­res nicht zu erwar­ten sein.

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (Juni 2017).
Quel­len
[1] Die Stif­tung Natur­schutz Berlin
[2] Künz­le Johann: Das Gro­ße Kräu­ter­buch. Pat­mos Ver­lag, Düs­sel­dorf, 2006.
[3] Stein­hoff B: Pyr­ro­li­zi­di­nal­ka­lo­ide: Maß­nah­men der Indus­trie. Bun­des­ver­band der Arz­n­ei­­mi­t­­tel-Her­s­tel­­ler e. V. (BAH), Bonn, 4.5.2016.
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