
Brennnessel: Königin der Heilpflanzen
Heilpflanzen, Wildkräuter, Unkräuter – sie alle gehören in den Garten. Sie bringen Nutzen, unterstützen das Wachstum und die Ökologie eines intakten gärtnerisches Umfeldes (oder Balkons). Wir Menschen können sie für unsere Gesundheitsfürsorge nutzen. Und: Auch Insekten oder Kleinstlebewesen können überleben, denn sie bedürfen dringend unseres Schutzes.

Adonisröschen
Frühling – endlich! Die Tage sind deutlich länger, das Licht intensiver. Auch wenn es noch kalt ist, oder das Wetter ständige Kapriolen schlägt – die Pflanzen lassen sich nicht aufhalten. Überall keimt, knospt und wächst es.
Die aufbrechende Stimmung der Natur überträgt sich auf die Menschen, die deutlich froher aussehen. Das Wachsen und Gedeihen steckt an: Wer einen Garten hat, fängt frohgemut mit den ersten Arbeiten an. Auch die Balkone werden aufgeräumt, gesäubert oder sogar schon mit den ersten Frühblühern bestellt.
Unbedingt an Heil- und Unkräuter denken

Wildblumen auf dem Balkon: Bienenweide
Vielleicht sind schon konkrete Pflanzpläne im Winter bezüglich des Gartens in Ihrem Kopf entstanden, die nun zügig umgesetzt werden sollen? Doch wie wäre es, wenn nicht nur gezüchtete Hybrid-Zierpflanzen- und ‑Blumen die Gärten oder Balkone schmücken, sondern auch Heilpflanzen und Wildkräuter Platz fänden? Eine gute Idee ist dies schon wegen des wichtigen Beitrags, den sie leisten können. Heil- und Wildkräuter haben nicht nur einen ökologischen Nutzwert, sondern sie bereichern den menschlichen Speiseplan, dienen der Gesundheitsvorsorge oder im Krankheitsfall. Im Frühjahr helfen viele Heilpflanzen beim Fasten oder Entschlacken (siehe erste Wildkräuter). Und nicht zuletzt: Wild- oder sogenannte Unkräuter werden ebenso von Tieren, Kleinstlebewesen und Insekten benötigt, um zu überleben. “Unkräuter” oder Wild- wie Beikräuter gehören deshalb in einen vielgestaltigen Gärten, weil sie auch im Kleinen Lebensräume, Brut- und Rückzugsmöglichkeiten für Tiere und Insekten schaffen. Vielleicht erinnern Sie sich an einen biologisch-ökologisch gehaltenen Garten? Dort brummt und summt es überall, weil Bienen, Insekten, Kleinstlebewesen dort überleben können.
Nahrung und Gesundheitspflege

Nutzgarten kann von Pflanzpartnern profitieren
Wenn Sie auch so einen “lebendigen” Garten haben wollen, ist ein wenig Umdenken nötig. Zugegeben: Unkräuter konkurrieren mit Ihren anderen Pflanzen um Licht, Raum, Wasser und Nährstoffe. Weil sie auch früher im Jahr mit dem Wachstum beginnen, gelingt ihnen häufiger, die gezüchteten Kulturpflanzen zu verdrängen – wenn Sie nicht aufpassen. Doch Unkräuter gehören nun einmal seit Anbeginn in das Lebensumfeld des Menschen. Früher wurden Unkräuter mehr zur Ernährung und Gesundheitspflege verwendet. Auch waren die Bei- und Wildkräuter nützlich bei der Herstellung von Textilien (Färbung, Gerbung), als Baumaterial oder als Viehfutter. Auf ökologischen oder alternativ gehaltenen Bauernhöfen oder in Gärten wird sich heute dieser Traditionen erinnert. Dort wird altes Wissen wird, wenn überhaupt noch vorhanden, wiederbelebt.

Wiesenblumen statt Englischem Rasen! Die Bienen freuen sich.
Früher, als es noch keine Gewächshäuser gab, die zu allen Jahreszeiten frisches Gemüse vorhielten, waren die ersten Frühlingspflanzen, wichtige Nähr- und Mineralstofflieferanten nach der Winterperiode. Wildkräuter wie Brennnessel, Löwenzahn oder Schafgarbe wurden geerntet und gegessen. Es gab Brennnesselsuppen oder allerlei grüne Saucen zusammengestellt aus den verfügbaren, ersten Kräutern. In modernen Zeiten sorgten Gourmet-Köche dafür, dass Wild- und Heilkräuter wieder salonfähig wurden. Denn die Gourmet-Köche suchen nach unverfälschtem, kräftigem Geschmack, Geruch oder nach Aromen, die in den überzüchteten Gemüsen nicht mehr zu finden sind.

Dost als Bienenweide
Und: In unseren modernen Zeiten ermöglichen uns Wild- und Unkräuter aus dem eigenen Garten eine gute Kontrolle darüber, was auf den eigenen Teller kommt. Denn bei einer derartig intensiv betriebenen Landwirtschaft wie in Deutschland kann nur noch selten davon ausgegangen werden, dass die Wildpflanzen an einem Ackerrand nicht doch etwas von der Herbizid- oder Pestizid-Dusche abbekommen haben, mit der die nebenan stehenden Kulturfelder regelmäßig “behandelt” werden.

Beinwell
Wer Wildkräuter-freundlich ist, braucht nicht gleich den ganzen Garten “verwildern” zu lassen. Überall an den Rändern, in der Nähe des Komposts, an den Gartenzäunen können Wildpflanzen Refugien angeboten werden. Das Experimentieren mit Wildkräutern kann noch weitere Türen öffnen: Wildkräuter eignen sich nämlich zum Ansetzen von Jauchen, um z.B. Kulturpflanzen auf natürliche Weise zu düngen oder um Schädlinge zu vertreiben. Auch durch sogenannte Pflanzenpartnerschaften lassen sich im Gemüse- oder Blumenbeet natürliche Allianzen bilden, die zum Wohl der Pflanzengemeinschaften wie auch der Gesundheit des Menschen (Verzicht auf Chemie) nützlich sind. Kurzum: Wildkräuter gehören in das ökologische Gefüge unserer Erde und unserer Gärten. Sie sind Teil unserer Lebensgrundlagen, die gefördert und geschützt werden sollten. Helfen Sie mit!
Zusammengefasst:
* Wildkräuter sorgen durch ihre Bodenbedeckung für ein gutes Boden- wie Gartenklima.
* Wildkräuter bieten vielen Insekten und Kleinstlebewesen Möglichkeiten der Arterhaltung.
* Wildkräuter beleben den Garten nicht nur, sondern schaffen durch ihre vielfältigen Blüten‑, Blattarten schöne, reizvolle Ansichten oder Blickpunkte im Garten.
* Wildkräuter bieten einen unerschöpflichen Genpool für Züchtungen.
* Wildkräuter-Arten bieten sich als ausdauernde Bodendecker an.
Beispiel Pflanzenpartnerschaft:
Zwiebel vertragen sich gut mit Möhren, Tomaten, Rosen, Majoran, Gurken, Dill, Erbsen, Bohnen, Kohl und Lauch.
Zwiebeln und die genannten Pflanzen schützen sich gegenseitig gegen Schädlinge und dem Aufkommen von Pflanzenkrankheiten. Außerdem unterstützen sich die Pflanzenpartner gegenseitig, weil sie sich z.B. auch keine Nährstoffe untereinander wegnehmen.
Lavendel und Rosen sind bekannte Pflanzenpartner. Blattläuse mögen nämlich die ätherischen Öle des Lavendels nicht, weshalb sie die Rosen nicht befallen. Eine Beschäftigung mit Pflanzenpartnern spart nicht nur Geld, sondern bringt Freude in den Garten, weil sichtbar ist, wie sich Pflanzen zu gegenseitigem Nutzen unterstützen.
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (März 2017).
weitere Infos
• Wildkräuter statt Unkräuter: Reportage
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• Lesetipp: Wald und Wiese auf dem Teller