Hausmittel stehen wieder hoch im Kurs. Das Problem bei Hausmitteln ist jedoch, dass Wissen über so manch’ Bewährtem verloren gegangen ist. Denn die Großmutter lebt nicht mehr, die früher beispielsweise Wickel machte oder sich mit Heiltees auskannte. Und nun ist die Enkelin vielleicht selber Mutter, kann sich partout nicht mehr erinnern, welche Heiltees die Großmutter wann und wie oft verwendete. Dann wird gerne im Internet gestöbert und natürlich lassen sich auf Anhieb Hausmittel aller Art und für Beschwerden des Alltags finden. Doch beim Lesen oder sogar Anwenden der gefundenen Rezepturen empfiehlt sich, den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Denn im Internet werden nicht selten falsche, sondern sogar die Gesundheit gefährdende Ratschläge oder Rezepturen verbreitet.
Manchmal kann ein Ratgeber nützlich sein, der immer griffbereit ist. Somit erübrigt sich die Suche im Internet und auch bewährte, schon ausprobierte Rezepturen sind leicht wieder auffindbar. 2012 ist der Ratgeber “Die besten Hausmittel von A – Z” vom südwest-verlag auf den Markt gekommen. Er richtet sich an naturheilkundlich Interessierte und jene, die nicht gleich bei “jedem Zipperlein” zum Arzt gehen mögen.
Die Autoren des Ratgebers sind vom Fach: Sie arbeiten als Heilpraktikerin, als naturheilkundlicher Arzt oder Journalist mit Schwerpunkt auf die Naturheilverfahren. Beim ersten Durchblättern des Buches erscheint es so, dass die Autoren sich von häufig vorkommenden Beschwerden oder Erkrankungen in ihren Praxen haben leiten lassen. Die Auswahl der Themen umfassen beispielsweise Abwehrschwäche, Blähungen, Haarausfall, Husten, Läuse, Mundhautentzündung, Nasenblutungen oder prämentruelle Beschwerden der Frauen wie Prostata-Beschwerden der Männer. Die Darstellung der Themen erfolgen dem gleichen Schema: Zunächst werden die Symptome oder Beschwerden verständlich dargestellt. Danach wird auf die möglichen Ursachen eingegangen, die entweder organische vielleicht aber auch psychisch-geistige Hintergründe haben können. Denn für einen naturheilkundlich orientierten Ratgeber ist selbstverständlich, nicht nur die körperlichen Symptome aufzuzeigen, sondern auch auf krankmachende Aspekte der Seele oder des Geistes hinzuweisen. Dann folgen Beispiele von Hausmitteln mit den entsprechenden Rezepturen oder Ratschlägen. So werden am Beispiel der “Abwehrschwäche” nicht nur Teerezepturen geliefert, um das Immunsystem langfristig auf Trapp zu bringen. Die Autoren verweisen auf Fraktoren wie Stress, zuwenig Schlaf oder dem Konsum von Alkohol, welche der körpereigenen Abwehr auf Dauer schaden können. Auch nachhaltigere Möglichkeiten haben die Autoren im Blick: Junge Mütter werden zum Beispiel ermutigt, ihre Kinder mindestens sechs Monate lang zu stillen, um lebenslange, solide Grundlagen für die Immunabwehr der Kinder zu legen. Auch das Abhärtungskonzept des Sebastian Kneipp geben die Autoren weiter.
Die Behandlung der einzelnen Themen ist umfassend. Es macht auch Spaß im Buch zu stöbern. Häufig kommt auch ein querdenkerischer naturheilkundlicher Ansatz nicht zu kurz. Nicht transparent ist allerdings die Nennung der vorgeschlagenen Präparate gestaltet. Selbst am Ende des Buches wird nichts darüber verraten, ob die empfohlenen Präparate, die zur Selbstmedikation gehören (also ohne Rezept erhältlich sind), sich besonders in den Praxen der Autoren bewährt haben, oder ob es sich um gesponsorte Hinweise (also von Firmen finanzierte Werbung) handelt.
Leider fehlt bei einigen Beiträgen auch der aktuelle medizinische Stand. Beispiel Übergewicht: Zur Berechnungsgrundlage des eigenen Übergewichts wurde von den Autoren noch der Body-Mass-Index (BMI) gewählt, obwohl dieser schon seit vielen Jahren von Übergewichts-Experten als unzulänglich und nicht aussagekräftig dargestellt wird. Gerade in der Forschung rund um das Übergewicht hat sich in den letzten Jahren viel Neues ergeben, welches sich im Ratgeber nicht abgebildet: So gilt gegenwärtig der Bauchumfang als wichtigster Indikator für Übergewicht. Denn im Bauchfett, so haben Experten herausgefunden, werden körpereigene Botenstoffe produziert. Diese fördern Entzündungen im Körper und können langfristig den ganzen Organismus beeinträchtigen. Folglich haben Menschen mit zuviel Bauchfett im Alter ein erhöheres Risiko entweder für Herzinfarkt, Alzheimer oder Diabetes. Deshalb geht es beim Übergewicht-Abbau um Konzepte, die langfristig und nachhaltig wirksam sind: Gewichtsabnahme durch viel Krafttraining (Muskelaufbau), Ausdauersport und Ernährungsumstellung. Doch die Autoren empfehlen statt dessen eher Darmpflege und Akupressur, was in Anbetracht des großen Anteils der Übergewichtigen in Deutschland etwas lächerlich daherkommt.
Fazit: Die Symptombeschreibungen am Anfang der Beiträge sind gut gelöst und für den alltäglichen Gebrauch nützlich – auch in Hinsicht der eigenen Einschätzung, wann ein Arzt aufgesucht werden sollte. Wie schon erwähnt, sind die Präparate-Nennungen kritisch zu betrachten. Sicherlich kann man sich in der Apotheke zusätzlich beraten lassen. Wer den Tipps oder Rezepturen folgt, wird eigene Erfahrungen mit ihrer Wirksamkeit machen und sie auf ihre Nützlichkeit hin beurteilen.
Zittlau, Jörg; Kriegisch, Norbert, Heinke, Dagmar: Die besten Hausmittel von A – Z. Südwest Verlag, München, 2012. 272 Seiten, € 14,99. Direkter Link Amazon.
Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (November 2012).
weitere Infos
• Abwehrkraft – die Leistung des ganzen Menschen
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