Lesetipp: Zimtzicken, Canehlpulver und andere MerkwürZigkeiten

“Wis­sen Sie, dass Bücher nach Mus­kat­nuss oder sonst­wel­chen fremd­län­di­schen Gewür­zen rie­chen? … Als Jun­ge habe ich immer dar­an geschnup­pert. Gott, was gab es für schö­ne Bücher…” Mit die­sem Zitat von Ray Dou­glas Brad­bu­ry, einem ame­ri­ka­ni­schen Schrift­stel­ler, beginnt das Buch. Wer es direkt vom Autor zuge­schickt bekom­men hat, aus der Schutz­hül­le packt und auf­schlägt, erfährt das­sel­be: Zwi­schen den Sei­ten liegt ein kräf­ti­ger Gewürz­ge­ruch. Unde­fi­nier­bar in sei­ner Kom­po­si­ti­on zunächst, doch nach län­ge­rem Schnüf­feln ist auch Mus­kat­nuss dabei. Wor­an das liegt? Georg Schulz, der Autor des Buches, ist lang­jäh­ri­ger Gewürz-Kauf­mann. Sei­ne Rezen­si­ons­exem­pla­re muss er in sei­ner Fir­ma auf­be­wah­ren, wo täg­lich Gewür­ze be- und ver­ar­bei­tet wer­den. Die Bücher haben durch Lage­rung den Eigen­ge­ruch der “Ham­bur­ger Gewürz-Müh­le” angenommen.

Das Buch besteht aus einem bun­ten Sam­mel­su­ri­um aus allem, was mit Gewür­zen zu tun hat. Man­chem wird Schulz wäh­rend sei­ner aus­ge­dehn­ten Rei­sen in die Gewürz-expor­tie­ren­den Län­der begeg­net sein: Er brach­te zum Bei­spiel schö­ne Brief­mar­ken aus St. Vin­cent mit. Der unab­hän­gi­ge Insel­staat in der Kari­bik expor­tiert unter ande­rem Gewür­ze wie Mus­kat, Ing­wer, Chi­li. Auch eine Flag­ge gehört zu den “Merk­wür­zig­kei­ten”: Ein Foto zeigt eine his­to­ri­sche Flag­ge von San­si­bar. Sie ist zum einen beson­ders, weil sie sti­li­sier­te Nel­ken­blü­ten in der Mit­te trägt. Zum ande­ren weil die Flag­ge 1963 nur ein Jahr lang als Natio­nal­flag­ge des tro­pi­schen Insel­staa­tes geführt wurde.

Beim Durch­blät­tern laden kurz­wei­li­ge Geschich­ten oder ein­fa­che Rand­no­ti­zen zum Lesen ein: Da ist zum Bei­spiel zu erfah­ren, wel­che Bedeu­tung Gewür­ze in der Bibel haben. Oder wel­che Dich­ter wie Den­ker Gedich­te und Apho­ris­men zu den damals exo­ti­schen Gebrauchs­gü­tern oder teu­ren Luxus­ar­ti­keln ver­fass­ten. Geneig­ten Lesern wird erzählt, wel­che Vor­bil­der das heu­ti­ge Pfef­fer-Spray hat: Denn schon im Mit­tel­al­ter wur­de die schmer­zen­de Wir­kung des Pfef­fers auf Augen und Schleim­häu­te gezielt ein­ge­setzt. Japa­ni­sche Herr­scher hat­ten von Hand­wer­kern soge­nann­te “Pfef­fer-Blä­ser” her­stel­len las­sen. Fein zer­sto­ße­ner Pfef­fer wur­de Geg­nern ins Gesicht gebla­sen, die­se prall­ten zurück, weil sie nichts mehr sehen konn­ten. Das war wohl eine der eher harm­lo­se­ren japa­ni­schen Waf­fen, um Geg­ner kampf­un­fä­hig zu machen.

Es gibt Noti­zen zur Ent­de­ckung von Gewür­zen, ihrem Schmug­gel oder ihrer hohen Wert­schät­zung im Mor­gen- wie spä­ter im Abend­land. Auch zahl­rei­che Zei­tungs­bei­trä­ge zur gesund­heits­för­dern­den Wir­kung von Gewür­zen trug Schulz zusam­men. Abstru­ses oder Gru­se­li­ges gehört natür­lich auch dazu: In einem Zei­tungs­ar­ti­kel wird von Men­schen­fres­sern berich­tet, die ihre Fein­de in Ing­wer und Chi­li kochen, um sie schmack­haf­ter zu machen.

Das Buch kann als eine Art Stein­bruch betrach­tet wer­den: Sein hand­li­ches For­mat, die Tex­te oder Text­schnip­sel laden ein und regen an. Wie wär’s zum Bei­spiel sich selbst auf den Weg zu bege­ben, um Geschich­ten über das eige­ne Lieb­lings­ge­würz zu sam­meln? Begon­nen wer­den kann bei­spiels­wei­se mit der umfäng­li­chen Lite­ra­tur­lis­te am Ende des Buches. Sie lie­fert Anre­gun­gen, sich in die Welt der duf­ten­den Gewür­ze zu ver­tie­fen. Aller­dings könn­te dabei das Aus­lö­sen von Fern­weh nicht aus­ge­schlos­sen sein: Wie wäre es, die exo­ti­schen, tro­pi­schen Län­der zu besu­chen? Es muss fan­tas­tisch sein, den Duft von Nel­ken­bäu­men zu rie­chen oder selbst ein­mal einen Mus­kat­nuss­kern aus sei­ner Frucht zu schälen…

Schulz, Georg: Zimt­zi­cken, Canel­pul­ver und ande­re Merk­wür­zig­kei­ten.
Books on Demand GmbH, 2003, ISBN: 3–8334–0430–2, € 36,90.
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Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (2011).

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