Der Titel “Hexentrank und Wiesenschmaus – Rezepte aus der wilden Weiberküche” ist vielversprechend und macht neugierig. Was steckt nun hinter einer wilden Weiberküche? Die beiden Autoren Gisula Tscharner und Heinz Knieriemen haben eine bunte Sammlung von Rezepten mit Wildkräutern und ‑Beeren zusammengetragen. Vorstellbar ist, dass diese Rezepte aus dem Schatz heilkundiger Frauen stammen, die in manchen Jahrhunderten auch als Hexen verfolgt wurden. Es sind Rezepte, die auf der Grundlage von wildwachsenden Pflanzen oder ihren Früchten basieren. Dabei wurde der naturbelassene, würzige Geschmack der natürlichen Rohstoffe in den Vordergrund gestellt – ohne viel Schnick Schnack oder Raffinesse. Auch naturheilkundliche, vorbeugende Aspekte mögen bei der Auswahl manchmal eine Rolle gespielt haben.
Rezepte für alle Jahreszeiten
Die Jahreszeiten mit ihren typischen oder besonderen Pflanzen und Früchten bilden den Rahmen und die Struktur des Buches. Wer Lust hat, kann sich an die Hand nehmen und durch das Jahr führen lassen. Im Frühjahr stehen beispielsweise Vorschläge zur Verarbeitung von typischen Pflanzen wie Brennnessel, Löwenzahn, Bärlauch im Vordergrund, die zu leckeren Suppen, Salaten oder als Brotaufstrich verarbeitet werden können. Im Herbst hingegen liegt ein Schwerpunkt auf der Verarbeitung von Früchten wie Sanddorn, Heidelbeeren, Berberitzen und Hagebutten zu Marmeladen, Sirup oder Liköre. Die Rezepte der jeweiligen Jahreszeiten sind bunt und unsystematisch abgedruckt. Doch gerade darin liegt der Reiz: Beim Blättern wechseln sich Bekanntes – eine Brennnesselsuppe – mit Speziellem wie zum Beispiel Scharfgabenschnaps ab. Auch für Überraschendes ist Platz: Indirekt laden die Autoren zu einem ausgiebigen Spaziergang über ungedüngte Wildwiesen ein. Denn nur dort wachsen noch die essbaren Wildblüten wie Gänse- und Schlüsselblume, Gundermann, Hundsrose oder Veilchen, die für den Salat nötig sind. Das Buch bekommt durch die Autorin Gisula Tscharner eine persönliche Note. Sie lässt ihre Betrachtungen und Erkenntnisse zu den Pflanzen und der Natur einfliessen. Tscharner lässt an ihrem Wissen teilhaben und wendet sich an Menschen, die ebenfalls Erfahrung oder großes Interesse an der Natur haben. Sie setzt die Kenntnis von Pflanzen und grundlegende Fertigkeiten zur Verarbeitung von Heilkräutern, Früchten und Beeren voraus. Hinweise zur Bestimmung von Pflanzen beispielsweise oder dem Haltbar machen von Marmeladen wird kein Platz geschenkt.
Nur für Geübte geeignet
Manchmal fallen die Rezeptangaben sehr knapp aus. Nur Küchen- und Kräuter-erfahrene Frauen verstehen diese zu lesen. Dabei werden sie viele leckere Anregungen finden und dann noch genügend Gelegenheiten zum eigenen Experimentieren bekommen. Die Rezeptsammlung selbst ist übersichtlich gestaltet – so gibt es pro Seite zwei, höchstens zwei Rezepte. Großer Wert wird auf die Bebilderung gelegt. Das Buch lebt von seinen wunderschönen Fotos, die richtig Lust machen, das eine oder andere auszuprobieren. Die kleinen impressionistischen Foto-Ausflüge in die Schweizer Bergwelt gefallen wahrscheinlich besonders den Alpenfreunden und könnten bei ihnen Fernweh auslösen. Der Schweizer Bezug kann als Hommage des Verlages an die schöne Bergwelt und ‑Natur der Heimat verstanden werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Weiberküchen-Buch nur Alpen-Bewohnerinnen zum Ausprobieren und Kochen einlädt: Denn die Zutaten für die Rezepte bestehen aus relativ bekannten Pflanzen, die auch im Flachland oder Mittelgebirge wachsen.
Tscharner, G., Knieriemen H.: Hexentrank und Wiesenschmaus. Rezepte aus der wilden Weiberküche
AT Verlag, Aarau, Schweiz
ISBN 3–85502–726–9, 21,90 €
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Autorin
• Marion Kaden, Heilpflanzen-Welt (2007).