Glycyrrhiza L. (Süßholz), Gattung der Leguminosen, ausdauernde, oft drüsig behaarte Kräuter oder Halbsträucher mit unpaarig gefiederten Blättern, meist zahlreichen, ganzrandigen oder drüsig gezähnelten Blättchen, Blüten in achselständigen, sitzenden oder gestielten Trauben oder Ähren und kurzen, linealischen, länglichen oder eiförmigen Hülsen mit nierenförmigen oder kugeligen Samen. Etwa zwölf Arten im Mittelmeergebiet, im gemäßigten und subtropischen Asien, in Australien und Amerika. G. glabra L. (gemeines oder spanisches Süßholz) liefert in dem sehr entwickelten Wurzelsystem das Süßholz (Süßholzwurzel, Lakritzenwurzel, Radix Glycyrrhizae s. Liquiritiae). Das stachelfrüchtige Süßholz (G. echinata L.), mit stachelspitzigen Blättchen, fast kugelrunden Blütenköpfchen und länglich-ovalen, zugespitzten, bauchigen, igelstacheligen, ein- bis zweisamigen Hülsen, wächst im östlichen Mittelmeergebiet, Südrußland und Vorderasien, liefert keine Wurzeln für den Handel; das russische und wohl auch das chinesische stammt vielmehr von G. glabra var. glandulifera im südöstlichen Europa, Vorderasien bis Südsibirien und der Dsungarei; es wird besonders auf den Inseln des Wolgadeltas gewonnen. Das spanische Süßholz des Handels kommt aus Spanien, Frankreich, Unteritalien, Sizilien, Ungarn, Mähren, z. T. auch aus Deutschland und in neuerer Zeit aus Nordamerika, bildet 60–100 cm lange Stäbe von Fingerdicke, ist außen graubraun, tief runzelig, innen gelb, im Bruch holzig, faserig, sehr zäh, schwer und dicht, schmeckt süß, etwas kratzend. Die russische Wurzel, die hauptsächlich auf den Inseln des Wolgadeltas ausgepflügt, roh über Astrachan nach Moskau und Petersburg gebracht und hier erst geschält werden soll, erscheint im deutschen Handel stets geschält in hellgelben, meist ganz einfachen, wenig gebogenen, bis 20 cm langen, spindelförmigen Stücken. Im Geschmack stimmen beide Waren überein, offizinell ist aber nur das russische Süßholz. Die Wurzel enthält Glycyrrhizin und wird als reizlinderndes, die Tätigkeit der Schleimhäute anregendes und geschmackverbesserndes Mittel benutzt; sie ist ein Bestandteil des Brusttees und wird im großen auf Lakritzen verarbeitet, auch in der Bierbrauerei benutzt. Die Süßholzwurzel war im Altertum in Indien und im Abendland wohl bekannt; das deutsche Mittelalter kannte sie schon sehr früh, sie wird zwar zu Karls d. Gr. Zeiten noch nicht erwähnt, wohl aber von der heil. Hildegard, Äbtissin von Rupertsberga bei Bingen (1098–1197). Im 13. Jahrh. wurde sie in Italien kultiviert, bei uns im 15. Jahrh. bei Bamberg. Das Wort Liquiritia sowie das deutsche Lakritzen sind aus dem griechischen Glykyrrhiza (“süße Wurzel”) entstanden.
Quelle
Meyers Großes Konversations-Lexikon (Sechste Auflage). Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Mit mehr als 16,800 Abbildungen im Text und auf über 1500 Bildertafeln, Karten und Plänen sowie 160 Textbeilagen. Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, 1905–1909 (Infos).